Donnerstag, 24. November 2022

Das war definitiv der schlimmstmögliche Ausgang

 Also Leute sehen noch nicht mal die offensichtlichen Fortschritte: Vor 3 Monaten hätte Nico Schlotterbeck einen Elfmeter verursacht, anstatt einfach das Gegentor zu kassieren. Bei einem Schuss aus spitzen Winkel hat Manuel Neuer doch theoretisch bessere Chancen. 

Aber ich wollte ja gar nicht über den sportlichen Teil schreiben. Deswegen zähle ich jetzt auch nicht nach, seit wie vielen Turnier-Spielen Thomas Müller auf ein Tor wartet. 

Jetzt ist natürlich genau das eingetreten, was ich vorher gesagt habe: Der Kommentator fängt schon zum Spielende an zu fragen, ob die ganze Debatte um die Kapitänsbinde die Leistung beeinflusst hätte. Natürlich wird das sofort abgetan, aber er hat es halt ausgesprochen.

Und ja, während ich bisher hauptsächlich die Berichtserstattung zwischen den Spielen gesehen habe, weil ich wissen wollte, wie über das Geschehen berichtet wird, habe ich mir aus auch genau diesem Grund dieses Mal das Spiel angesehen. Man kann sich halt alles schönreden. 

Jetzt kommen all die homophoben Rassisten aus ihren Löchern und suchen die Schuld bei der Kapitänsbinde. Ich habe ungelogen Bilder von Aufstellungen mit Jens Lehmann und Christoph Metzelder gesehen und die "Das war noch eine richtige Mannschaft" Kommentaren. Einer der beiden hat sich als Rassist geoutet, der andere ein Teileingeständnis in Sachen Kinderpornografie abgelegt. Aber auf dem Platz hat sich der eine selten und der andere nie daneben benommen. Und vor allem haben sie sich damals nicht politisch geäußert. Tolle Charaktere, tolle Zeiten.

Nebenbei sollte man vielleicht mal anerkennen, dass das Spiel auseinandergebrochen ist, als İlkay Gündoğan ausgewechselt wurde. Der war mit Abstand der beste Deutsche, ist aber in der Kommentarspalte immer noch ein "Dreckstürke". Deswegen lag es an Müllers Auswechslung...

Von der anderen Seite wird auf die Mannschaft eingeschlagen, weil sie eben kein Rückgrat gezeigt hat. Wobei das sogar sachlich falsch ist: Bisher waren die Deutschen die einzige Mannschaft, die sich getraut hat, einen politischen Protest gegen die Fifa zu äußern. Nur einen symbolischen, aber im Vergleich zur Konkurrenz sieht man damit doch noch verdammt gut aus. Und während sich die Engländer auf das sportliche konzentriert haben, hat man sich Gedanken gemacht, wie sie ihre Unzufriedenheit ausdrücken kann.

Natürlich war das, was die Iraner abgezogen haben, eine ganze Nummer krasser. Aber da ging es halt um einen anderen Kontext, die haben sich in keinster Weise gegen den Veranstalter gewendet. Die haben von Fifa Seite mit keinen Sanktionen zu rechnen.

Wenn sie das Spiel gewinnen, egal wie, können sie halt hinterher auch Stellung zur Binde beziehen. Dann können sie auch das Maul aufmachen, was sie sicherlich vorhatten. Aber nach so einem Ergebnis kann man sich schlecht hinstellen und der Fifa vor die Tür kacken.

Man hat jetzt also das Problem, dass beide Seiten über einen lachen. Und das einfach nur, weil man die Leistung nicht auf den Platz gebracht hat, die man hätte bringen müssen. Damit hat sich jeglicher Prostest jetzt erledigt. Es sei denn, Deutschland ist vorm letzten Spieltag ausgeschieden und scheißt auf alles.

An der Stelle muss auch festgehalten werden, dass ich selbst der Mannschaft ein wenig unrecht getan habe. Denn so, wie es aussieht, hätten die Verwarnungen sogar in Kauf genommen. Das Problem war halt, dass "mindestens mit einer Verwarnung" gedroht wurde. Und an der Stelle wird einem bewusst, dass Gianni Infantino echt auf dem Wladimir Putin Niveau des Wahnsinns angekommen ist: Man kann ihm mittlerweile echt zutrauen, dass er seine Atombomben auspackt. Und wie gesagt: Die Deutschen sind die einzigen, von denen wenigstens etwas Richtung Fifa kommt. 

Und nur um mal festzuhalten, wie absurd die Kritik an dieser Mannschaft mittlerweile ist: Ein gewisser Felix kommt aus seinem Loch gekrochen und fordert die Rückreise. Felix Loch! Kennt ihr nicht? Das ist der weltbekannte Rodler, der mit seinem Schlitten zu Fuß über den Himalaya fliehen musste, weil er im entscheidenden Lauf mit einem "Befreit die Uiguren" Schild die Olympiabahn runtergerodelt ist. Dabei hat er halt auch seinen Vorsprung verspielt und wurde deswegen nur Vierter. Aber er war halt im Widerstand.

Ok, das stimmt natürlich nicht. Seine Aussagen gingen eher in Richtung "Ein Boykott durch die Sportlerinnen und Sportler sei es nicht. Er sei dagegen, den Athleten die Verantwortung dafür zu geben, dass sich etwas verändert. Viele Athleten hätten 'nur einmal die Chance, zu Olympia zu fahren' und diese Chance dürfe man ihnen nicht nehmen." Um das mal festzuhalten: Ein dreifacher Olympiasieger, der auf seine 4. olympische Ehrenrunde nicht verzichten wollte, sagt jetzt der Deutschen Fußballnationalmannschaft, dass sie abreisen sollte. Aber hey, er hat immerhin den Anstand, einzugestehen, dass sich seine Sichtweise geändert hat und er heute natürlich anders entscheiden würde. Immerhin.

Die Deutsche Mannschaft versucht vor Ort mehr als alle anderen und darf sich deswegen jetzt von Leuten, die selber wesentlich weniger gemacht haben, Vorwürfe anhören.

Und das allerschlimmste: Collien Ulmen Horrorvision aus der Werbung wird jetzt wahr. Die arme Frau...
Wobei... es schon absurd ist, dass Joshua Kimmich im Players Tribune darüber jammert, wie furchtbar ihn das Vorrundenaus 2014 mitgenommen hat. Und dann dreht er diesen Clip, in dem er, nach einem offensichtlichen frühen Ausscheiden, bei Fernandes-Ulmen im Wohnzimmer sitzt und mitfiebert... just saying.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen