Dienstag, 5. April 2022

Felix Zwayer hat ein sehr interessantes Interview gegeben

 Also nicht nur, weil er zwischendurch von Dunja Hayali als "Herr Hoyzer" angesprochen wurde. Dafür wurden schon Platzverweise verteilt. Wobei es eigentlich viel lustiger ist, dass sie anmerkt, dass Felix Zwayer "keine Spiele mehr gegen den BvB pfeifen wird"... Freudscher Versprecher... Aber es ist wirklich sehenswert, weil es halt endlich auch um die Aufarbeitung seiner Rolle im Hoyzer-Skandal geht. Ich hatte nebenbei echt darauf gehofft, dass der Torwand-Kandidat dem Zwayer eine Wette anbietet. Da hat jemand eine einmalige Gelegenheit verpasst...

Mir fiel aber wieder auf, wie extrem mein Vertrauensverlust ist. Also in alle Beteiligten. Mein erster Gedanke war: Das ergibt alles schon Sinn, was er da erzählt. Aber dann kam ich ganz schnell zu dem Schluss: Der wurde von seinem Rechtsanwalt halt vorher ordentlich gebrieft. Und ja, er wird sich vorher eine Rechtsberatung geholt haben, weil er ja wusste, worüber geredet werden muss. Und dann rattert er halt die Antworten runter, die ihn nicht belasten.

Aber gerade die "Wieso akzeptieren sie ein Urteil, dass dieses belegt?". Und Zwayer macht das geschickteste, was man machen kann... er lässt den Namen Dr. Rainer Koch fallen. Das ist halt so was von clever, weil man mittlerweile halt alles auf den Koch schieben kann. Der hat wahrscheinlich auch Corona erfunden und Hitler beraten. 

Da fiel mir dann auch direkt das nächste Problem auf: Auch dem DFB traue ich so gar nicht mehr. Die haben auch jegliches Vertrauen verspielt. Genau deswegen ergeben ja die Aussagen von Zwayer ja so viel Sinn.

Also im Wesentlichen lief das laut ihm so: Er wurde rückwirkend gesperrt, damit er keinen weiteren Schaden bekommt. Und ja, wenn man ihn glaubt, dann sind die 2 Jahre, die er unberechtigt nicht pfeifen durfte, ganz schön heftig. Genaugenommen verhindert der DFB mit dieser Strafe, dass andere Schiedsrichter mit Verdachtsmomenten zu ihnen kommt. Sehr clever, dann muss man sich damit nicht beschäftigen.

Und dann wollte man das Urteil noch unter den Teppich kehren und hat es deswegen nicht öffentlich gemacht. Wenn wir nicht darüber reden, müssen wir auch nichts aufklären. Wenn wir Glück haben, kriegt das nie jemand raus. Gehen Sie weiter, hier gibt es nichts zu sehen.

Dann sagte Zwayer noch: Damit ich die Füße still halte und mich nicht öffentlich beschwere, müsst ihr mich jetzt aber hofieren und zum Fifa-Schiedsrichter machen. Also lasst uns an der Stelle mal über mein Problem mit Zwayer reden: Ich halte den Mann für einen durchschnittlichen Bundesligaschiedsrichter. Und das ist auch überhaupt kein Problem, solche Schiedsrichter muss es ja auch geben. Dem kann man mal ein gelegentliches Bayern-Spiel geben, man sollte ihn aber nicht unbedingt das DFB-Pokalfinale pfeifen lassen. Oder anders ausgedrückt: Es ergibt schon Sinn, dass er bei der WM nur als Video Assistent Referee eingesetzt wird, aber selbst das verkackt er ja.

Nebenbei stellt sich mir ja die Frage, warum das alles erst jetzt aufgearbeitet wird. Warum es dieses kritische, aber konstruktive Interview mit ihm erst 8 Jahre nach Bekanntwerden des Urteils geführt wurde... Also ja, es wird diesen "Wir sperren dich rückwirkend, dafür erzählst du nichts" Deal gegeben haben. Und aus Zwayers Sicht ist es vollkommen nachvollziehbar, dass er diesen Deal annimmt, denn er wird am Ende auch nur gewollt haben, dass es irgendwann vorbei ist. Wie gesagt: Der durfte 2 Jahre lang nicht pfeifen, obwohl er glaubt, dass er nichts falsch gemacht hat. Da mache ich ihm keinen Vorwurf, dass er danach dann so einen Deal annimmt. Und dass er dazu schweigt, kann ich auch nachvollziehen.

Aber dass der DFB sich nicht mal 2014, also nachdem das Urteil dann doch geleakt wurde, um Aufklärung bemüht, ist halt das eigentlich bezeichnende. Darüber müsste man viel mehr reden. Das ist hier das eigentliche Problem. Es wird ja in dem Interview drumherum viel um Transparenz geredet, aber wenn es der leitenden Institution bei derart wichtigen Fragen an genau dem fehlt, muss man sich nicht wundern, dass es dies auch bei den ausführenden Organen nicht gibt. Aber dass der DFB die ganzen "Schiedsrichterskandale und Tragödien" nie wirklich aufgearbeitet hat, ist auch keine Neuigkeit...

Und ja, die reden halt auch wieder darüber, dass es nicht nachvollziehbar ist, warum sich Schiedsrichter die eine Szene angucken und die andere nicht... Damit haben wir das für dieses Wochenende auch erledigt.

Am Ende fragen sie sich noch, was man machen kann, um das Verhältnis zwischen Spielern und Schiedsrichtern zu verbessern. Da werden dann gemeinsame Trainingslager vorgeschlagen. Da bin ich ja eher skeptisch. Es gibt halt nur eine einzige Möglichkeit, dieses Verhältnis zu verbessern: Wenn Fußballprofis sich endlich wie erwachsene Männer verhalten.

Also es gab ja an diesem Wochenende diese eine, bezeichnende Szene: Kevin Prince Boateng regt sich tierisch auf und bekommt auf der Bank sitzend Geld, weil er ein Foulspiel im Mittelfeld gesehen haben will, bevor Bayer Leverkusen das 2:0 schießt. Und diese Szene wird am Ende wieder untergehen, sie ist aber richtig problematisch. Denn Boateng regt sich über die Zweikampfführung von Charles Aranguiz auf, obwohl er selber genau so in diesen Zweikampf gehen würde. Und wenn er den abgepfiffen bekommt, regt er sich ebenfalls auf.

Aber das ist halt der ganz normale Modus Operandi von Fußballprofis: Die wollen ständig Freistöße für Aktionen haben, die sie selber auf der anderen Seite genau so machen würden. Und damit hat man als Schiedsrichter gar keine Chance auf ein gutes Verhältnis zu den Spielern.
Überlegt einfach mal, wie oft Spieler sich über ganz klare Fouls und zwingend notwendige Verwarnungen aufregen. Es gibt wahrscheinlich Fußballer, die glauben, dass sie noch nie in ihrem Leben ein einziges Foulspiel begangen haben.

Aber man wird als Spieler ja auch nie damit konfrontiert, wie dämlich diese Haltung ist. Also ich würde halt wirklich gerne ein Interview mit Boateng sehen, in dem er damit konfrontiert wird, dass er doch selber genau so in den Zweikampf gegangen wäre und dass das nie ein Foul gewesen wäre, wenn er da den Ball gewonnen hätte. Da aber alle zu Jonas Hector rennen müssen, gibt es derart differenzierte Interviews halt nicht...

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