Freitag, 13. Oktober 2023

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 Alte, weiße Männer erklären uns die Welt: Paul Breitner bei Zeiglers wunderbarer Welt des Fußballs

Und ja, Paul Breitner war mal einer der klügsten Köpfe im Fußball. Und eine Stilikone, nur um im Nebensatz festzuhalten, dass es die auch damals schon gab. Aber den 1998 zum Nationaltrainer zu machen, weil er früher mal ein guter Nationalspieler war und halbwegs intelligente Dinge gesagt hat, wäre halt so ein richtiger DFB Move. Aber dann wollte der beim DFB so richtige Dinge ändern, deswegen wurde er nach 17 Stunden doch wieder abgewählt. Denn beim DFB galt schon damals das Motto: Halt Stopp, das bleibt hier alles so, wie es ist.

Die ganze Geschichte um die Personalie Breitner vs Ribbeck damals war auch wirklich interessant. Aber dann reden die natürlich auch über Julian Nagelsmann und da fallen dann Sätze wie: er muss aufpassen, "dass er sich nicht ansatzweise in die Rolle der Nummer 1 der Nationalmannschaft hievt." Er nennt Helmut Schön den perfekten Bundestrainer, weil der "nur begleitend geführt". Und natürlich wird Nagelsmann kein Grundlagentraining machen.

Aber die Zeiten, in denen ein Bundestrainer nur "für Stimmung zu sorgen" hat, sind einfach vorbei. Wenn Nagelsmann sich zurückhält und der Mannschaft einfach nur eine "Geht's raus und spielt Fußball" Anweisung gibt, wird das Projekt krachend scheitern.
Nebenbei ist diese Ansage von Franz Beckenbauer ja auch ein übertriebener Mythos, denn die Deutschen hatten ja im WM Finale 1990 einen ganz klaren Plan, wie sie Diego Maradona aus dem Spiel nehmen wollen. Und dieser Plan wurde wunderbar umgesetzt.

Aber wenn ein Nagelsmann sich jetzt vor einem Spiel gegen Spanien zurücknimmt, dann spielen die Spanier "uns" schwindelig. Dann lassen die den Ball in den eigenen Reihen zirkulieren und schießen irgendwann das entscheidende Gegentor. Wenn die deutsche Mannschaft sich erst nach dem eigenen Ballgewinn damit beschäftigt, wie sie jetzt in die Umschaltmomente funktionieren sollen und diese dann improvisiert, werden sich alle Gegner hinter den Ball versammeln und es der deutschen Mannschaft richtig schwer machen, zu Chancen zu kommen. Und dann muss Nagelsmann hinterher erklären, warum das Angriffsspiel so träge ist. Wenn er dann behauptet, dass er auf Paul Breitners Ideen gehört hat, lachen ihn alle aus.

Und natürlich galt das in den 70ern. Aber das ist 50 Jahre her. Dass Breitner zum letzten Mal in einer leitenden Funktion gehandelt wurde, ist 25 Jahre her. Der Fußball hat sich seit dem extrem entwickelt.

Natürlich ist die Position eines Nationaltrainers eine besondere, weil er halt für das vorhandene Personal ein passendes Spielsystem zusammenbasteln muss. Wenn er da einen im Verein eingespielten Block hat, dann kann er denen schlecht eine komplett neue Idee aufzwingen. Aber noch viel schlimmer: Wenn er auf einer einzelnen Position schwach besetzt ist, dann muss er eine Möglichkeit finden, diese Schwachstelle zu kaschieren.

Nehmen wir hier mal das offensichtlichste Beispiel: Benedikt Höwedes bei der WM 2014. Und das soll wie immer keine Kritik an dem gleich genannten Spieler sein. Eher im Gegenteil: Dass Höwedes die für ihn ungewohnte Rolle als Linksverteidiger angenommen und so souverän ausgeführt hat, war eine herausragende Leistung, die aber kaum jemanden aufgefallen ist, weil er einfach nur für Stabilität gesorgt hat.

Höwedes war vielleicht der 25. beste Linksverteidiger des Turniers. Schließlich hatten die Brasilianer Marcelo und Maxwell dabei. Er wäre auf keiner "Die 100 besten Linksverteidiger der Welt" Liste aufgetaucht. In der Kicker Rangliste vor dem Turnier wurde er als Innenverteidiger "im Blickfeld" aufgelistet. Es gab also 11 bessere Innenverteidiger als ihn. In der Rückrunde war er lange verletzt und wäre ohne das Turnier nie auf die benötigten benoteten Einsätze gekommen... Aber dann wurde er in der Kicker-Rangliste als Außenverteidiger in die internationale Klasse verschoben, obwohl er da in der Bundesliga nie gespielt hat. Also nur um mal festzuhalten, wie dumm diese Rangliste sein kann.

Er hat nebenbei während der WM einen Scorerpunkt gegen Ghana errungen und nur beim absurden Schützenfest gegen Brasilien in der Note eine 2 vor dem Komma gehabt. Selbst seine Turnierbilanz weist in keinster Weise auf eine internationale Klasse hin. Aber er ist halt Weltmeister und die gesamte Startelf musste hinterher mindestens auf dieses Niveau gehoben werden. Kann ja gar nicht anders sein. Nur um mal festzuhalten, dass der Kicker schon immer richtig Scheiße war, wenn es um die Beurteilung deutscher Nationalspieler ging.

Nebenbei wissen wir mittlerweile alle, dass die verantwortlichen Personen Jogi Flick und Hansi Löw eher mittelmäßig begabte Trainer sind. Um es mal optimistisch auszudrücken. Dennoch haben sie es in ihrem einen lichten Moment geschafft, eine Taktik zusammenzuschustern, die die Schwächen auf der Linksverteidiger Position überdecken. Sowohl mit als auch gegen den Ball. Nebenbei haben sie das Problem, dass alle Linksverteidiger schlecht aussehen, weil Lukas Podolski vor ihnen spielt, auch endlich gelöst.

Wenn Löw und Flick sich an der Stelle zurückgenommen hätten... Und nebenbei haben sie sich, nach dem sie beinah gegen Algerien ausgeschieden sind, auch einfach mal durchgesetzt und haben Philipp Lahm auf die Rechtsverteidiger Position gesetzt. Denn mit 2 im besten Fall durchschnittlichen Außenverteidigern wird man nicht Weltmeister, einen kann man kaschieren.

Also nur um mal anhand konkreter Beispiele festzumachen, dass es einfach nicht mehr funktioniert, wenn man sich zurücknimmt und die Spieler selber nach Lösungen suchen lässt. Und wenn ich Jogi Löw und Hansi Flick als Argumente gegen die Aussagen von Paul Breitner nehmen kann, dann wisst ihr, wie krass der danebenlag.

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