Oder nur darum, dass es um nichts mehr geht.
Natürlich ist es eigentlich noch viel zu früh, um eine Saison abzuschreiben oder als Erfolg zu erklären. Aber nach 15 Spieltagen hat so eine Tabelle doch schon einiges an Aussagekraft. Die Mannschaften stehen nicht mehr rein zufällig dort, wo sie stehen.
Gleichzeitig haben die Mannschaften, die auf dieser Liste auftauchen, entweder so viele Schwachstellen, dass ein deutlicher Aufschwung unwahrscheinlich ist, oder ein zu großes Polster, um nochmal ganz unten reinzurutschen. Also zumindest theoretisch, praktisch wird es trotzdem jemand schaffen. Wahrscheinlich eher nach unten.
Die wichtigste Frage ist ja dabei, ob Borussia Mönchengladbach gerade entschieden hat, die Saison praktisch aufzugeben. Denn Yann Sommer war halt in den letzten Jahren der beste Torhüter der Liga, was auch daran lag, dass Manuel Neuer häufig verletzt war. Egal, wie gut Jonas Omlin ist, er wird ein Downgrade darstellen. Wie das halt so ist, wenn man von der Schweizer Nummer 1 auf die Schweizer Nummer 4 umsteigt. Man steigt nicht direkt von Rolex auf Cassio um, aber weit weg davon ist es nicht.
Ohne die sicherste Bank der Liga ganz hinten wird es schwer für die Gladbacher in den Kampf um Europa einzugreifen.
Danach folgt Werder Bremen, die ja auch einfach glücklich damit sein werden, eine sorgenfreie Saison zu spielen. Das ist halt der Segen eines Aufsteigers: Alle sind so froh, dass man wieder dabei ist, dass man einfach jede Sekunde der ersten Saison genießt. Gerade wenn man, wie die Hanseaten, in den letzten Jahren im Kampf um Ab- oder Aufstieg gesteckt hat.
In Mainz stellt man mittlerweile fest, dass diese Euphorie sich nicht ewig halten lässt. Dort hat man sich daran gewöhnt, dass man in 7 von 10 Jahren eine sorgenfreie Saison spielt. Dann rutscht man halt ein Mal oben und 2 Mal unten rein. Das ist so grob die Zusammenfassung der letzten Jahre. Das Problem daran: Man merkt halt mittlerweile, dass das auf Dauer nicht wirklich befriedigt. Dies merkt man zum Beispiel daran, dass der Zuschauerschnitt mal bei 31.000 lag. Jetzt kommen eher weniger, auch wenn der Trend dieses Jahr wieder nach oben zeigen könnte. Man hat sich halt so sehr dran gewöhnt, was man da geboten bekommt, dass man nicht mehr hingeht. Im Jahr 2000 hätte man das sofort unterschrieben, in der 17. Bundesligasaison begeistert es halt nicht mehr. Jetzt müsste eigentlich irgendwann der nächste Entwicklungsschritt kommen, der bei einem kleinen Verein wie Mainz aber auch extrem unwahrscheinlich ist. Ihnen fehlt halt das Geld und die Infrastruktur, um wirklich oben anzugreifen und das werden sie auch nicht mehr aufholen. Jetzt muss man sich halt ideologische Ziele setzen... wie zum Beispiel den TSV 1860 München in der ewigen Tabelle zu überholen. Die haben noch 183 Punkte Vorsprung, das ist also eher ein auf Jahre ausgelegtes Projekt.
Hoffenheim hat de facto exakt dasselbe Problem, nur dass es noch weniger Menschen interessiert. Mainz ist wenigstens ein Karnevalsverein: irgendwie kultig und legendär. Wenn die in den Abstiegskampf rutschen, sind alle Fans der unbeteiligten Vereine für sie. Wenn Hoffenheim unten reinrutscht, hoffen alle, dass es sie erwischt. Alle, außer die 21.000 Hoffenheim Fans. Die kurze Phase, in der man hoffen konnte, dass Hoffenheim die Liga mit wirklich guten Fußball aufmischt, ist vorbeigezogen. Jetzt ist man im Wesentlichen ein Aus- und Weiterbildungsverein ohne Seele. Und die Spieler gehen so früh, dass kaum eine Bindung entstehen kann. Georginio Rutter war 2 Jahre oder 64 Spiele lang da. Er ging unter Tränen, aber wenn der dann irgendwann in der RTL-Liveübertragung auftaucht, wird es eine Randnotiz sein, dass er mal in der Bundesliga gespielt hat. David Raum ist nach nur einer Saison weitergezogen. Da lacht doch selbst Borussia Dortmund drüber.
An den Hoffenheimern sieht man nebenbei das heimliche Problem einer "sorgenfreien Saison": Wie halte ich die Spannung hoch, wenn es eigentlich um nichts mehr geht. Wobei es ja letztes Jahr sogar um etwas gegangen wäre, man lag zwischenzeitlich auf Platz 4. Aber man verabschiedete sich mit 9 sieglosen Spielen in Folge in die Sommerpause, was Sebastian Hoeneß am Ende den Job kostete, obwohl er 25 Spieltage lang alles richtig gemacht hat. Aber am Ende war die Luft halt völlig raus, was einer Mannschaft, die nur Bundesliga spielt, einfach nicht passieren darf. So was passiert aber häufiger, als einem lieb sein kann.
Da trennt sich nebenbei auch der gute Trainer vom Scharlatan. Also es ist definitiv nicht einfach den Fokus hochzuhalten, wenn die absolute Notwendigkeit fehlt. Gleichzeitig hat man aber auch den absoluten Luxus, dass man sich um die Entwicklung seiner Mannschaft und der einzelnen Spieler kümmern kann, weil man relativ unabhängig von dem Einzelergebnis ist. Wer unter diesen Umständen seine Spieler wirklich besser macht und damit eine bessere Rückrunde spielt, sollte mal von anderen Vereinen mal eingeladen werden.
Deswegen mache ich mir auch echt wenig Sorgen um den 1. FC Köln. Die haben "nur" 3 Punkte Vorsprung, könnten also noch in den Abstiegskampf rutschen. Die haben aber mit Steffen Baumgart den besten Trainer aller Mannschaften in der unteren Tabellenhälfte. Gerade jetzt, wo sie knapp aber elegant aus der Europa Conference ausgeschieden sind und sie sich wieder auf ihr Kerngeschäft konzentrieren können. Köln hat tatsächlich unter der Zusatzbelastung gelitten: Nach den Europacup Reisen konnten sie nur ein Spiel gewinnen: am 10. Spieltag gegen Augsburg. Man holte in diesen 8 Spielen 7 Punkte. In den restlichen 7 Spielen holten sie 10 Punkte. Das eine klingt nach Abstiegskampf, das andere nach gesichertem Mittelfeld. Wir werden in der "Rückrunde" mehr von dem Anderen bekommen.
Bleibt als absolute Wildcard Bayer Leverkusen. Die Mannschaft ist als einzige gut genug besetzt, um von einem Angriff auf Europa zu träumen. Gerade, wenn Florian Wirtz wieder ins Laufen kommt. Aber es ist halt auch naiv, auf einen frisch von einem Kreuzband genesenen 19-Jährigen zu setzen. Wie lange es dauern wird, dass Wirtz wieder sein gewohntes Niveau erreicht, kann niemand absehen. Dazu kommt, dass es Bayer ja nicht wegen der mangelnden Qualität so weit unten steht. Der Einbruch hatte ja andere Gründe. Ob ein einfacher Trainerwechsel zu Xabi Alonso, einem de facto Novizen, all diese Probleme gelöst hat, kann auch keiner abschätzen.
Aber wir werden das gleich erfahren. Denn zum Auftakt geht es direkt gegen Gladbach und Dortmund. Dazwischen kommt noch der heimliche Charaktertest gegen Bochum. Wenn sie den Abstiegskandidaten nicht übersehen und aus diesen 3 Spielen 7 bis 9 Punkte holen, können sie die Saison vielleicht noch retten. Sonst steht ihnen eine sehr lange Rückrunde mit Spekulationen um die Zukunft von Wirtz und Frimpong und dem quasi sicheren Abgang von Diaby bevor.
Das wirklich Überraschende an diesem Beitrag ist: Für 5 bis 6 Mannschaften steht jetzt schon eigentlich fest, dass es für sie um nichts mehr gehen dürfte. Das ist ein Drittel der Liga. Aber wenn man ehrlich ist, dürfte das auch relativ normal sein. Sind wir mal gespannt, wer von denen die Rückrunde richtig verkackt, damit wir wenigstens was zu lachen bekommen. Oder die Abstiegskandidaten einen weiteren Hoffnungsschimmer bekommen. Um die kümmern wir uns morgen.
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