Dienstag, 31. Januar 2023

Die überraschendste Pointe des Jahres ist ja

 Die laut Präsident Kay Bernstein "wohlüberlegte" Entlassung von Fredi Bobic. Habe ich nicht gerade erst erwähnt, dass die Frage, ob die Hertha die Klasse hält, nicht auf dem Platz, sondern daneben entschieden wird? Weil auch der Umgang mit den Spekulationen um Bobic und dem DFB, die immer wieder auftauchen werden, entscheidend sein werden. Hätte nicht gedacht, dass ich so schnell Recht bekomme.

Ich werfe dann jetzt mal folgende These in den Raum: Bernstein hat gehofft, dass Bobic zum DFB geht, damit er ihn wegloben und vielleicht sogar eine Ablöse kassieren kann. Das war kein "Reisende soll man nicht aufhalten", sondern eher ein "Du willst doch verreisen, oder?" Also die ganze Kommunikation wirkte ja gleich komisch, weil Bobic sich auch nicht eindeutig positioniert hat, aber nie ein Angebot bekommen haben soll. Aber trotzdem hat der Präsident schonmal kräftig die Werbetrommel gerührt, damit Bobic auch in jedem Fall im Gespräch bleibt. Da ist es keine gewagte These zu behaupten, dass Bernstein auch da schon über eine mögliche Entlassung nachgedacht hat. Und kurz bevor Rudi Völler dann tatsächlich sein Amt antritt, schmeißt er dann den Bobic raus.

Stellen wir uns das mal mit einem Spieler vor. Da würde man das als Vorgesetzter nur machen, wenn man in finanziellen Nöten ist und unbedingt eine Ablöse generieren muss. Guckt mal, dieser Star hier ist verfügbar, kauft den doch! Also so was passiert eigentlich nur nach und nicht vor abstiegen.

Dass Bernstein mit Bobic bescheidener Bilanz eher kritisch umgeht, ergibt ja auch Sinn. Ihm nicht bedingungslos zu vertrauen, ist vernünftig. Ihn zu entlassen, ist irgendwie auch nachvollziehbar. Aber es ist eine totale Katastrophe ihn noch am Kader schrauben zu lassen, was dringend gemacht werden muss, weil man ja auf einem Abstiegsplatz steht, obwohl man schon weiß, dass man ihn eigentlich loswerden will. Und dann 2 Tage vor Ende des Transferfensters doch die Reißleine zu ziehen, damit andere die Panikkäufe tätigen können.

Und es wird ja auch direkt über Cigerci, Phillip und Vestergaard spekuliert. Geholt werden konnte nur einer der 3. Vielleicht wäre das anders gelaufen, wenn Benjamin Weber direkt die Verhandlungen geführt hätte. Also schon von Anfang an in erster Reihe. Wenn ein Maximilian Phillip von den Leistungen der mit 7:0 verlierenden Bremer beeindruckt gewesen sein soll. So viel weniger hatte die Hertha doch auch nicht zu bieten...

Wenn man Bobic in 2 oder 3 Wochen entlässt. Also nachdem die Transferperiode durch ist und die nächste geplant werden muss. Ok. 2 Monate wären besser, um wenigstens zu beurteilen, ob die Transferperiode funktioniert hat. Oder man entlässt ihn so frühzeitig, dass die Nachfolger nicht direkt mit dem Rücken zur Wand und der Pistole auf der Brust einsteigen müssen. Aber den Manager 90 % der Transferperiode vor sich hin wurschteln zu lassen, um ihn dann zu entlassen ist definitiv das Dümmste, was man machen kann. Das ist genau die Art von Vereinsführung, die einen in die 2. Liga führen. 

Nebenbei sollte Bernstein doch eigentlich der sein, der nach den zuletzt chaotischen Jahren eher wieder Ruhe in den Verein bringen soll. Der etwas überraschend gegen das Establishment des Vereines gewählt worden ist. Den ehemaligen Ultra, der sich pro Pyrotechnik positioniert. Der aber offensichtlich mit seiner ersten unangenehmen Entscheidung leicht überfordert war. 

Das faszinierendste ist nebenbei die Einmischung vom völlig unbeteiligten Markus Krösche, der sich fragt, warum man nicht bis zum Sommer gewartet hat. Also das vollständige Zitat lautet: "Ich finde es schwierig. Als Sport-Geschäftsführer oder Sportdirektor hat man einen gewissen Einfluss - in der Planung, in der strategischen Ausrichtung. Aber es ist extrem schwierig, in das Heute einzugreifen. Dieser Zeitpunkt ist meiner Meinung nach der falsche. Das kann man dann am Ende der Saison machen."

In diesem Zitat zeigen sich so viele Probleme der Bundesligisten. Also wirklich nicht nur der Hertha, sondern der Bundesliga im Allgemeinen. Also wenn die Hertha nicht mitten im Panikmodus und deswegen auf dem Transfermarkt aktiv wäre, dann wäre das der perfekte Zeitpunkt den Manager (oder wie immer das gerade heißt) zu ersetzen. Denn wenn die Transfersaison für dieses Jahr abgehandelt ist, fängt man halt an die nächste vorzubereiten. In dem man im eigenen Kader aussortiert oder mit Spielern verlängert. Und in dem man nach Möglichkeiten sucht, die Schwachstellen mit externen Experten zu besetzen.

Und der Sommer ist ja eigentlich die "große Transferperiode". Also gerade weil da so viele Verträge auslaufen. Sowohl bei internen, als auch bei externen Kandidaten. Wenn man dann als Manager erst im Juni wirklich anfängt für den Verein zu verhandeln, hat man so extrem viel Rückstand.

Nur so als technisches Detail: Theoretisch darf man jetzt mit Spielern verhandeln, deren Vertrag im Sommer ausläuft, ohne den Verein zu informieren. Also das, was die Bayern damals mit Robert Lewandowksi 12 Monate vor Ablauf gemacht haben, ist dann vollkommen legal. Das bedeutet auch, dass man als Hertha jedem dieser Spieler hier jetzt ein Angebot unterbreiten könnte. Da stehen Leute wie İlkay Gündoğan drauf. 

Jetzt derartige Planungen und Vorverhandlungen einen Bobic machen zu lassen, obwohl man den gar nicht mehr haben will, wäre Wahnsinn. Also nur noch mehr Wahnsinn, als in Berlin sowieso schon herrscht. 

Der perfekte Zeitpunkt ist halt zeitnah nach dem Ende der Transferperiode. Da war man zumindest dicht dran. Aber spätestens 3 Monate vor Beginn der neuen Saison sollte der neue Manager da sein und seine gesamte Aufmerksamkeit dem neuen Verein widmen.

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