Montag, 1. Juli 2024

Gareth Southgate ist ein Genie

 Der spielt halt nur ein ganz anderes Spiel als wir. Deswegen steht er ganz entspannt mit den Händen in der Hosentasche am Seitenrand und wechselt bei Rückstand in der 94. Minute einen Spieler ein, um noch an der Uhr zu drehen. Er kann das nicht nur tun, wer muss genau so agieren, um sein eigenes Ziel umzusetzen: Das 2:1 vor dem 1:1 erzielen. Und genau das hat er geschafft.

England erzielte den Ausgleich in der 96. Minute und die Führung in der 92. Minute. Und nur darum ging es doch. Und dass ein Jude Bellingham diese taktische Anweisung dann fast perfekt umsetzt. Das Spiel ständig verschleppt. Seine Mitspieler anmault, falls die vor der 93. Minute irgendwelche Anstalten machen, Initiative zu zeigen. 

Ganz ehrlich, dass Bellingham nach der gezeigten Leistung und den gezeigten Emotionen überhaupt noch auf dem Platz stand, zeigt doch, wie wenig Interesse Southgate an der Ausübung seines eigentlichen Jobs hat. Und klar, wer trifft, hat recht und wer den treffenden Spieler auf dem Platz lässt, hat alles richtig gemacht. Aber, revolutionärer Gedanke, wenn man früher einen Spieler mit Elan und positiver Körpersprache auf den Platz stellt, trifft man vielleicht sogar etwas früher. Vielleicht geht man sogar der Verlängerung aus dem Weg, was bei einem völlig überspielten Kader elementar wichtig wäre. Aber Southgate hatte halt die Hände in den Hosentaschen, da konnte er keine Wechsel vornehmen.

Ernsthaft, was der abliefert, ist eher eine Karikatur eines Trainers. Und dass der damit durchkommt, ist  völlig absurd. Und wenn Bellingham auf dem Platz steht, spielt England de facto in Unterzahl. Nicht nur, weil er selber wenig bringt, sondern weil er auch noch die anderen Spieler mit seiner "Ausstrahlung" runterzieht. 

Aber hey, genau so wird man Europameister... oder erreicht zumindest das Elfmeterschießen gegen Frankreich. Und nur darum geht es Southgate doch: Ein letztes Mal im Elfmeterschießen scheitern.

Aber ja, das solltet ihr jetzt schon buchen. Dies ist nicht die EM, die man durch berauschenden Fußball gewinnt. Dies wird eher ein "Die Favoriten mogeln sich irgendwie durch" Turnier. Also wie die letzte EM auch... Das letzte Mal hatten die aber eine gute Ausrede, weil sie dank der Pandemie-Verschiebungen völlig überspielt waren. Wobei man Bellingham zugutehalten muss, dass das auch für ihn gilt, der ist halt nach einer harten und langen Saison mit Champions League Finale vollkommen durch. Nur hat dieser angeblich so wertvolle Kader auch keinerlei Alternativen hergibt...

Vielleicht sollte man auf Transfermarkt.de auf diese EM reagieren und allen Spielern der Premiere League 15% ihres Marktwertes abziehen. Denn offensichtlich sind diese Spieler völlig überbewertet, wenn ein Phil Foden an den einfachsten Aufgaben wie "Bei einem Querpass durch den Strafraum nicht im Abseits stehen" scheitert. Und das war ja keine Zentimeter-Entscheidung wie beim dänischen Abseits, sondern eher ein "Warum geht die Fahne da nicht gleich hoch, sondern muss der VAR mobilisiert werden?" Abseits.

Jetzt solltet ihr euch auf jeden Fall den Freitag im Kalender markieren, denn das wird das einzige richtig geile Spiel der EM. Das einzige Duell zweier Spitzennationen mit (fast ausschließlich) Topspielern, die auch beide Bock auf Fußball spielen haben. Und all das nur dank Niclas Füllkrug, was man nicht oft genug erwähnen kann. 

In allen anderen Viertelfinalspielen hat man entweder eine Mannschaft wie England, die Niederlande oder Frankreich, die keinerlei Interesse am Fußball spielen haben... oder einen Außenseiter, der sich überraschend in diese Runde verlaufen hat.
Und versteht mich dabei nicht falsch: Diese Außenseiter haben bisher auch für die fußballerischen Highlights gesorgt. Gerade was die Österreicher und Schweizer im Kollektiv anbieten, ist schon faszinierend. Aber deren individuelle Klasse ist, bei allem Respekt, ein gutes Stück von den Engländern und Franzosen entfernt. Um aus einem taktisch faszinierenden Spiel ein absolut hochklassiges zu machen, braucht man halt auch die individuelle Extraklasse.

Ansonsten muss ich mich echt nochmal über das Goldfisch-Gedächtnis von Fußballfans aufregen. Ich durfte echt Kommentare wie "Scheiß Schiri!" und "Schiebung" hören, habe mich da aber zum Glück nicht laut genug geflucht, so hat das "Ihr seid doch einfach nur dumm" nur mein Kollege gehört...
Die Fans haben diese Sprüche nicht nach dem zurück gepfiffenen 1:0 durch Niklas Süle gebrüllt... Sondern nach dem 3:0 von Florian Wirtz. Einem nur für die Statistik relevantes Tor. Wenn dieser (zugegeben schwache) Schiedsrichter das Spiel hätte verschieben wollen, hätte er den Handelfmeter nicht gegeben. Und als einer der anscheinend wenigen Menschen, die sich sachlich zu Regeln äußern können, sage ich da mal: Den kann man geben. Muss man aber auch nicht.
Was auch nur bedeutet: Für Deutschland ist das ein klarer Elfmeter, gegen Deutschland wäre es eine klare Fehlentscheidung.
Und Deutschland hat jetzt 2 Mal vom VAR profitiert. Denn beim hauchdünnen Abseits würde man sich, wenn man selbst betroffen ist, für dickere Linien einsetzen. Kann doch nicht sein, dass das auf den Millimeter ausgemessen wird. Was wurde eigentlich aus "Im Zweifel für den Angreifer"? Dabei ist Abseits die eine wirklich faire Verbesserung, die der VAR gebracht hat. Denn jetzt kann man objektiv sicherstellen, dass kein einziges Abseitstor erzielt wird. Das ist brutal für die Dänen, aber irgendwie auch fair, weil es auch für alle anderen Mannschaften genauso brutal geendet hätte.

Jedenfalls feiert Deutschland jetzt plötzlich den VAR mit "Spieler des Spiels" Memes. Wenn der VAR aber das nächste Mal gegen Deutschland entscheidet, werden sie das alles wieder vergessen haben und lauthals die Abschaffung dieser Missgeburt fordern. Garantiert. 

Traurigerweise werden das aber nicht nur die Fans machen, sondern auch die Experten hinterher werden sich dann fragen, ob das wirklich sein muss... Dass man im Achtelfinale krass davon profitiert hat, haben bis dahin alle vergessen.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen