Mittwoch, 11. Oktober 2023

Manuel Reimann ist der faszinierendste Torhüter der Bundesliga

 Ernsthaft, jetzt entscheidet der schlechteste Keeper der Bundesliga die Meisterschaft... weil er vollkommen willkürlich 2 Elfmeter hält. 2 extrem beschissen getretene Elfmeter. Aber die Bundesligaspieler haben so viel Angst vor dem, dass sie ihre Elfmeter beschissen treten. Dummerweise wird das bei der EM niemanden interessieren, die schicken dann einfach Engländer zum Punkt...

Aber ernsthaft, Manuel Riemann wird gerade vom Internet im Ruhrpott für seine Glanzleistung am Wochenende gefeiert. Unter anderem von genau den Bochum Fans, die ihm letztes Jahr vom Hof jagen wollten. Denn letztes Jahr hat er ja alles für ihn mögliche unternommen, um den Klassenerhalt für die Konkurrenz zu ermöglichen. Aber die Schalke hat den einen noch schlechteren Torhüter, womit seine Bemühungen vergebens waren. Und jetzt feiern ihn die eine Heldentat.

Also um das mal festzuhalten: Schwolow, Gikiewicz, Müller und Sommer haben ihren Stammplatz in der Bundesliga im Sommer verloren. Pavlenka durfte seinen behalten, weil Werder Bremen halt kollektiv am Abstieg arbeitet. Und Manuel Riemann als Nummer 17 im Notenschnitt blieb ebenfalls.

Jetzt kam Riemann wieder souverän auf einem 3,5er-Schnitt. Er brauchte die 1,0 aus dem RB Leipzig spiel ganz dringen, um Sven Ulreich hinter sich zu lassen. Dass wirklich absurde bleibt dabei die eine Saison als Aufsteiger, in der Riemann plötzlich der 2. Beste Keeper der Bundesliga war. Aber eigentlich ist er ein Torhüter, der in der Bundesliga nichts verloren hat. Das ist ein durchschnittlicher Zweitligatorhüter mit einer überragenden Begabung zum Elfmeter-Killen.

Trotzdem könnte er gerade die Meisterschaft entschieden haben. Also wenn RB Leipzig am Ende 2 Punkte auf die Bayern fehlen, wissen alle ganz genau, wo sie die liegen gelassen haben: bei den 2 Elfmetern im Heimspiel gegen Bochum. 

Und hier kommt das wirklich absurde: Das wäre nicht das erste Mal. Denn auch letzte Saison hatte er ein überragendes Spiel, in dem der Kicker ihn die Note 1,5 gab. Ein Spiel in dem er seinem Verein einen Punkt festhielt. Ein Spiel, in dem er die Dortmunder zur Verzweiflung trieb. Dortmund fehlte am Ende ein Punkt zur Meisterschaft. Aber wenn man Manuel Riemann nicht überwinden kann, hat man es auch einfach nicht verdient...

Das wäre nebenbei selbst den Bayern mal so ergangen, denn Riemann "Stern" ging ja 2007 im DFB-Pokal gegen den Rekordallesgewinner auf. Weil die Bayern aber die Bayern sind, gewinnen sie natürlich den Pokal, obwohl sie Riemann berühmt schießen. Das ist der qualitative Unterschied.

Für die Bochumer selber ist das alles relativ egal. Also sie hätten letztes Jahr auch mit 34 Punkten die Klasse gehalten. Und sie müssen ihre Punkte eigentlich woanders holen. Und wenn er zwischendurch noch 5-mal patzt, kostet er den VfL mehr Punkte, als er an diesem Wochenende gewonnen hat. Dann werden die Bochum Fans ihn wieder verfluchen. Also fairerweise eine Minderheit der Bochum-Fans, denn viele erinnern sich ja daran, dass sie mit Riemann die 3 besten Jahre der jüngeren Geschichte hatten. Auch wenn er im dritten Jahr objektiv schlecht war.

Wirklich absurd wird das ganze ja, wenn man sich den VfB Stuttgart anguckt. Mag jetzt auf den ersten Blick keinen Zusammenhang geben, aber Florian Müller stand im Notenschnitt fast direkt neben Riemann... und sitzt jetzt dort, wo er eigentlich hingehört: auf der Ersatzbank. Was nebenbei kein Vorwurf sein soll, aber seine persönliche Karriereprognose lautet halt: Ist als Stammtorhüter in der Bundesliga überfordert. In einem stabilen System (wie in seinem einem Jahr in Freiburg), kann er mitlaufen. Aber er ist nicht gut genug, um einer fragilen Abwehr wirklich halt zu geben.

Nebenbei spielten mit Schwolow, Baumann und Müller 3 der schlechteren Bundesligatorhüter mal erfolgreich in Freiburg. Und was macht Mark Flekken eigentlich gerade in England? Nur um mal zu erwähnen, wie gut einen so ein System aussehen lässt. Und ja, Noah Atubolu hat noch seine Probleme, aber die Erfahrungen zeigen, dass er in diese Rolle wachsen kann, weil er ein stabiles Umfeld hat. Freiburg wird auch ihn wie einen stabilen Bundesligatorhüter aussehen lassen.

Jedenfalls hat Stuttgart den Wackelkandidaten Müller gerade durch Alexander Nübel ausgetauscht und präsentiert sich plötzlich wie ein Spitzenteam. Klar, das liegt auch daran, dass Serhou Guirassy gerade trifft, wie er nie wieder treffen wird. Aber seit der desaströsen 2 Halbzeit gegen Leipzig hat Stuttgart 3 Tore in 6 Spielen kassiert... und alle 6 Spiele gewonnen. Und das, obwohl man theoretische Stabilisatoren wie Endo, Mavropanos und Sosa abgegeben hat. Also ich habe mir wegen der Abgänge in der Defensive echte Sorgen um den VfB gemacht, aber Nübel regelt das gerade.

Und Nübel ist jetzt kein Jahrhunderttalent. Kein Torhüter, der sich bei den Bayern durchsetzen sollte und die Nummer 1 in der Nationalelf wird. Aber ist gerade der offensichtliche Beweis, wie sich ein guter Bundesligatorhüter auf die Abwehrleistungen auswirken kann. Jetzt stelle man sich vor, was in Bochum möglich wäre, wenn die einen guten Torhüter finden.

Aber das wird nie passieren, denn Riemann hat sich den Posten bis zu seinem selbst gewählten Ruhestand gesichert. Der ist und bleibt der Kapitän auf diesem Schiff und wird mit ihm untergehen. Und das definitiv auch zurecht, er hat sich diesen Posten irgendwie auch verdient.

Torhüter bleiben halt die am schwierigsten zu bewertende Position in der Bundesliga. Denn einerseits gibt es halt einige richtige Ladenhüter, die den Posten nur ausführen, weil sie schon immer da sind. Also Oliver Baumann steht seit Jahren für die rückläufige Entwicklung in Hoffenheim. Der ist da mal hin gewechselt, weil er dachte, dass er in diesem Dorf eher europäisch spielen und sich für die Nationalmannschaft empfehlen kann, als in Freiburg. Das war 2014, das war Jogi Löw schon eine Weile Nationaltrainer. Baumann war seit dem nie das eigentliche Problem in Hoffenheim, er war aber auch nie die Lösung. Deswegen ist er immer im Tor geblieben...  Hin und wieder hält er mal überragend einen Punkt fest, aber meistens macht es keinen wirklichen Unterschied, ob er oder jemand anderes im Tor steht. Aber mittlerweile ist der Kapitän von dem Schiff. Einfach nur, weil er schon immer da ist.

Und natürlich würde ein Wechsel auf dieser Position und das damit verbundene Aufbrechen der Hierarchie das Risiko mit sich bringen, dass man nur den nächsten Florian Müller findet. Andererseits bedeutet auch ein Festhalten an Baumann, dass man mit dem abwärts tendierenden Status Quo zufrieden ist.
Wenn man sich dann in der Bundesliga umschaut, fällt einem auf, dass es doch einige Torhüter gibt, die einfach nur im Tor stehen, weil sie schon immer da waren: Hradecky, Pavlenka, und Zentner fallen mir als offensichtlichste Namen ein. Abgesehen von Pavlenka sind das Torhüter, die "in Ordnung" sind, aber es wird ja in den Vereinen auch nie ein ernsthafter Versuch unternommen, diese Position zu verbessern, wenn man eine "ordentliche" Option hat. Und Werder will sich halt einreden, dass sie einen ordentlichen Torhüter haben.

Am deutlichsten wird das bei Peter Gulasci und Janis Blaswich. Blaswich hätte nie eine Chance bekommen, wenn Gulasci sich nicht schwer verletzt hätte. Jetzt soll er der 5. beste Torhüter der Liga sein und Gulasci kommt nicht mehr an ihm vorbei. Die eigentliche Wahrheit lautet, dass es egal ist, wer von den beiden spielt, weil beide durchschnittliche Torhüter in einem stabilen, individuell hervorragend besetzten System sind. Trotzdem wird RB im nächsten Sommer nicht, was die eigentlich logische Konsequenz wäre, einen Nübel für 20+X Millionen verpflichten, auch wenn man sich jetzt gerade ausmalen kann, wie ein solcher Torhüter sich auf die eigene Mannschaft auswirkt. Man gibt sich halt mit den ordentlichen Optionen zufrieden. Dabei würden sie auf allen anderen Positionen nach einem Upgrade suchen, wenn sie 2 beliebige, durchschnittliche Spieler zur Auswahl haben. Aber fürs Tor reicht es ja.

Der Artikel hat sich mal wieder in eine überraschende Richtung entwickelt. Aber jetzt frage ich mich, ob englische oder spanische Mittelklasse-Vereine ebenfalls an ihren durchschnittlichen Torhütern festhalten. Der Fakt, dass der FC Brentford gerade 13 Millionen ausgegeben hat, um in die "In Freiburg sah der doch gut aus" Fall zu treten, spricht dagegen. 

Also nur so als erster spontaner Vergleich: der FC Arsenal könnte gerade als Vizemeister seinen 25-jährigen Stammtorwart auf die Bank verbannt haben, weil ihr Leihspieler vom FC Brentford zurückgekehrt vom FC Brentford ausgeliehener Torhüter vielleicht einfach besser ist. Mit Brentford, Arsenal, Brighton, Burnley, Chelsea, Luton Town, Manchester United, Nottingham Forrest und Tottenham haben 9 Premiere League Mannschaften im Sommer neue Torhüter geholt, die jetzt auch spielen. Tottenham hat nebenbei mit Hugo Lloris einen Weltmeister auf die Bank gesetzt. Wann ist es in Deutschland das letzte Mal passiert, dass ein Weltmeister seinen Platz unfreiwillig räumen musste?

In der Bundesliga haben jedenfalls "nur" Freiburg, Augsburg und Stuttgart vor der Saison auf neue Torhüter gesetzt. Dabei waren Augsburg und Stuttgart die einzigen, die aus eigenem Antrieb nach einem Upgrade suchten. Der Rest der Liga dachte sich: Das wird schon gut weiter gehen.

1 Kommentar:

  1. Normalerweise sehen wir die Dinge ja zumindest ähnlich, aber hier finde ich das deine Argumentation dann doch massiv hinkt ;)

    Ein Torhüter ist natürlich aus massiv von seiner Abwehr abhängig ...du beschreibst es ja in dem Absatz über RB selbst ...und wenn du als Riemann oder Pavlenka jedes Spiel 20 Schüsse aufs Tor bekommst ist die Wahrscheinlichkeit dass du einen Fehler machst und schlecht aussiehst wesentlich höher als ein Ulreich der vielleicht 5 Verzweiflungsschüsse aus schelchten Positionen abwehren muss. Klar ist der Hype gerade vielleicht ein bisschen groß, aber wenn du knapp 50% aller Elfer gegen dich hälst, ist das auch eine gewisse Qualität die einem Team im Zweifelsfall die entscheidenen Punkte gegen den Abstieg sichert.

    Und wenn von Keepern aus der zweiten Liga die Rede ist, muss eigentlich auch der Name Zieler fallen. Der hatte zumindest laut Jogi genügend Potential um 6 Länderspiele für Deutschland zu machen und dabei statt Ter Stegen aufgestellt zu werden.

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