Montag, 16. Oktober 2023

Es war schon ein faszinierendes Schauspiel

 Es gibt schon komische Momente im Fußball. Also gerade während der "Länderspielpausen". Dieses Mal war es die 75. Minute im Testspiel USA - Deutschland. Da wurde ein gewisser Johnny eingewechselt. Und wenn es euch so geht wie mir, dann habt ihr den Spieler vorher noch nie gesehen oder von ihm gehört.

Aber Johnny war trotzdem ein Ausnahmespieler an diesem Tag. Also weil er der einzige Athlet auf dem Feld war, der sein Geld nicht in Europa verdient. Der nicht mehrere Zeitzonen überwinden musste, um dieses Testspiel zu absolvieren.

Was aber nicht bedeutet, dass er die kürzeste Anreise hatte... ganz im Gegenteil. Weil Johnny für Porto Alegre in Brasilien spielt, musste er 5100 Meilen (ca. 8.208 km) zurücklegen. Für die europäische Fraktion waren es (von Frankfurt aus) "nur" 3700 Meilen (ca. 5.955 km). 

Um mal wirklich festzuhalten, wie absurd dieses Spiel wirklich war: Die Amerikaner haben 2 Torhüter von Nottingham Forrest in ihren Reihen, aber mit Miles Robinson und DeJuan Jones nur 2 Spieler, die in den USA ihr Geld verdienen. Und Alejandro Zendejas, der in Mexiko spielt. Ansonsten wurden 46 Profis quer über den Globus geflogen, um ein Testspiel zu absolvieren. Oder sie fliegen wie Joshua Kimmich nur hin und her, um sich unterwegs eine Erkältung einzufangen. Das klingt doch vernünftig. Also für den Planeten und für die Athleten.

Mittlerweile wissen wir ja auch, warum dieses Testspiel stattfinden muss: weil ein Oliver Bierhoff in seiner unfassbaren Weitsicht bereits jetzt Pläne für die WM in 3 Jahren geschmiedet hat. Und ja, das hier ist der letzte Nachruf vom Markenbotschafter Bierhoff. Wenn man sich da zur WM ein eigenes Domizil bauen lassen will, muss man sich halt vorher schonmal vor Ort umgucken. Dann macht das schon Sinn.  

Also gerade, wenn es hauptsächlich darum geht, Kontakte für die WM in Nordamerika zu knüpfen und sich schon mal als Delegation vor Ort ein Bild von den Gegebenheiten zu machen... sage ich jetzt mal etwas, das auf den ersten Blick extrem sexistisch klingt. Und es auf den Zweiten auch ist: Dann schickt doch die Frauen.

Und auch wenn es um das Erschließen des Marktes geht... hätte man das wesentlich eleganter über die Damen regeln können. Also als völlig bescheuerte Idee: Wie wäre es denn gewesen, wenn man im Sommer ein Testspiel-Doppelpack ansetzt: Um 19:00 spielt Deutschland - USA in Frankfurt vor 50.000 Zuschauern. Auch wenn es kein europäischer Gegner ist, so ist es aufgrund der zahllosen in Europa spielenden Profis trotzdem ein Härtetest vor der EM. Und dann um 22:30 spielt USA - Deutschland in Connecticut. Die 37.743 Zuschauer hätten die US-Ladys auch angelockt. 

Und der DFB hätte über den gut zu verkaufenden "Doubleheader" eine noch viel größere Präsenz im amerikanischen Fernsehen gehabt. Das wären 5 Stunden mit deutschem Fußball an einem Samstag oder Sonntag.
Aber dafür hätte, und das ist der eigentliche Sexismus daran, Bierhoff ja die Frauenmannschaft als Teil seines Marketingplanes betrachten müssen. Und dass dies sinnvoll sein könnte, fiel ihm erst während des EM Finales 2022 auf... Dass Bierhoff als Manager des DFBs mit den Frauen durch die Welt reisen könnte, war zu dem Zeitpunkt, als dieser Trip geplant wurde, noch unvorstellbar.

Und nur um mal festzuhalten, wie gut dieses "Märkte erschließen" funktioniert hat: Die deutsche Mannschaft spielte in einem relativ kleinen Stadion einer College Mannschaft. Das war keiner dieser Milliarden-Tempel, die die Amis so gerne bauen, trotzdem war das Spiel nicht restlos ausverkauft. Nur so als direkten Vergleich: Die Testspiele der Bayern im Sommer in Japan wollten 49.000 Menschen im Stadion sehen. Das Testspiel gegen Manchester City letztes Jahr fand vor 78.000 Fans statt. Die Bayern buchen halt Lambeau Field, was ungefähr das Äquivalent zum Westfalenstadion sein dürfte, während der DFB im Ruhrstadion spielt.
Und auch wenn das TV Rating bei ESPN für ein Fußballspiel wirklich ordentlich war, so ist es doch nicht der große Durchbruch, der den deutschen Fußball jetzt in den USA wirklich präsenter gemacht hat. Oder anders ausgedrückt: Man hat nichts erreicht, was eine Frauenmannschaft im Sommer nicht auf geschafft hätte, wenn sie direkt nach dem Herrenspiel angetreten wären. Und der DFB hätte mit so einer Ansetzung und der Kombination von beiden Teams mal wirklich innovativ gewirkt.

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