Mittwoch, 23. März 2022

Die großen Probleme der Borussia

 Haben wenig mit der Mentalität zu tun... und viel mit der Perspektive.

Lasst uns mal zunächst eines klarstellen: Borussia Dortmund ist an sich richtig gut. Das muss man auch einfach mal so erwähnen und sollte man nicht ignorieren. 

Also seitdem dieser legendäre "Die Bayern schalten ins nächste Level und niemand kann ihnen mehr folgen" Lauf begann, haben die Dortmunder eine schlechte Saison gespielt: 2014/15 wurde man nur Siebter. Das war eine absolute Katastrophensaison, die mit Jürgen Klopps Abschied endete. Und man spielte das Jahr darauf trotzdem im internationalen Wettbewerb gegen den FC Liverpool. Also um das mal festzuhalten: wenn man sich nur für die Europa Leauge qualifiziert, ist das eine extrem schlechte Saison. Das ist ein Niveau, auf dem sonst nur Real Madrid, Barcelona, Atlético Madrid, Paris St. Germain, Juventus Turin, Manchester City und Chelsea agieren. Alle anderen Vereine hatten ebenfalls mindestens eine Saison in der internationalen Zweitklassigkeit verbracht. Tendenziell eher mehr. 

Also um das mal ganz sachlich festzuhalten: Mannschaften wie Tottenham Hotspurs, Manchester United, AC und Inter Milan würden für eine derartige Bilanz ihre Seele verkaufen. Oder sie haben ihre Seele bereits an dubiose Investoren verkauft, schaffen es aber trotzdem nicht dieselbe Konstanz hinzubekommen.

Und auch der internationale Vergleich sieht gar nicht so übel aus. Seit 2011/12 hat man ein Mal das Finale erreicht und war darüber hinaus 3 Mal im Viertelfinale. Man kann mit Fug und Recht behaupten, dass man zu den 16. besten Mannschaften Europas gehört. Das ist, bei dem finanziellen Wahnsinn, den andere betreiben, keine Selbstverständlichkeit. Und klar, die aktuelle europäische Saison war schlecht. Kein Zweifel. Aber man hat halt in den letzten 10 Jahren nur 2 wirklich schlechte europäische Saisons gespielt.

Bedenkt einfach mal, dass Vereine wie Schalke oder der Hamburger SV bei dem Versuch da irgendwie mitzuspielen krass gescheitert sind. Und klar, dass man in einer relativ schwachen Liga spielt, hilft ihnen ungemein. Man ist in den 2 direkten Duellen mit den Spurs doch deutlich geschlagen worden. Die 4. und wahrscheinlich auch 5. beste Mannschaft der Premiere League ist einfach besser als Dortmund. Wenn man in der Liga spielen würde... hätte man halt auch selber ganz andere Möglichkeiten.

Aber abgesehen davon, dass man seine eigenen Leistungen unzufrieden ist, weil es eben nicht für die Meisterschaft reicht, eine historisch gute Saison zu spielen... hat man auch noch ein weiteres Problem: die eigene Struktur im Kader.

Dortmund hat sich ja, völlig zurecht, einen hervorragenden Ruf als Weiterbildungsverein erworben. Dummerweise ist man aber kein guter Ausbildungsverein. Also keines der großartigen Talente wurde wirklich in der eigenen Talentschmiede ausgebildet. Der Letzte, der von dort den Durchbruch geschafft hat, dürfte Mario Götze gewesen sein. Das Problem der mangelnden Identifikation der Toptalente wurde hier bereits erörtert. Die einzige Prognose in diesem Beitrag, die nicht eingetroffen ist, war der Reyna-Wechsel... aber der hat sich halt verletzt, deswegen verschiebt sich das.

Ich verweise an der Stelle nochmal darauf hin, dass der VfL Bochum mehr aktuelle Nationalspieler in seiner Jugend ausgebildet hat (Goretzka und Klostermann), als der BvB. Nur um mal zu verdeutlichen, wie schlimm die Lage ist. Ich finde das halt auch faszinierend, weil niemand darüber spricht, wie effektiv schlecht die Jugendarbeit der Dortmunder trotz ihrer zahllosen A-Jugend Meisterschaften eigentlich ist. Da müsste man sich mal dringend neu orientieren, denn die eigentliche Aufgabe besteht ja darin National- und Bundesligaspieler auszubilden, nicht sich 17-jährige Rohdiamanten zu kaufen und die dann ein Jahr in der Jugend zu parken und die Meisterschale in die Höhe zu recken.

Dennoch ist der herausragende Kern an Hochtalentierten nicht das eigentliche Problem. Sie sorgen halt nur für eine ungesunde Struktur. Denn die Spieler, die dableiben, sind halt eigentlich nicht gut genug, um die Führungsrolle in so einer Mannschaft zu übernehmen. Oder diejenigen, die zurückkommen. Oder diejenigen, die erst im relativ hohen Alter nach Dortmund wechseln. Also, um Namen zu nennen: Reus, Hummels, Witsel, Brandt und Hazard.

Reus ist der einzige, der sich wenigstens auf Verletzungen berufen kann. Aber alle anderen waren nicht (mehr) gut genug für die ganz großen Adressen, also lässt man sie nach Dortmund gehen. Dort sollen sie dann aber denjenigen, die gut genug für diese ganz großen Vereine sind oder sein werden (Haaland und Bellingham halt) Anweisungen geben? 

Julian Brandt könnte so ein Paradebeispiel werden. Also der Zug für die ganz große Karriere scheint abgefahren zu sein. Leistungsträger bei einem der Champions League Titelanwärter wird er wohl nicht mehr werden. Stammspieler in der Nationalmannschaft ist auch eher unwahrscheinlich. Bleibt also: überdurchschnittlicher Bundesligaspieler. Und das macht er dann 10 Jahre lang als Fixpunkt in Dortmund. Und damit fehlt Dortmund dann in einer zentralen Position die Konstanz. Aber er hat halt doch immer so viele "richtig gute Phasen", dass er gehalten wird und irgendwann das Kapitänsamt übernimmt. Eigentlich müssten die Dortmunder auf genau dieser Position nach einem Upgrade suchen. Das Problem ist aber: all die Spieler, die wirklich dieses Upgrade wären, interessieren sich nicht für sie. So bleibt man halt ewig in der "Gut genug fürs Achtelfinale, aber im Viertelfinale ist Schluss" Falle gefangen. Oder in der "Man wird souverän 2. oder 3., aber für den Titel reicht es nicht" Falle.

Es bleibt ja irgendwie die Hoffnung, dass Niklas Süle das ändert. Wenn man noch einen vergleichbaren Mann fürs Mittelfeld finden würde. Einen Spieler, der nachgewiesener Weise gut genug für die Bayern ist, nicht für die spielen, aber zeitgleich unbedingt in der Bundesliga bleiben will... also nur um mal festzuhalten, wie spezifisch die Anforderungen an diesen Spieler sind.

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