Donnerstag, 15. Februar 2024

Wir brauchen keine Blaue Karte

 Da stimme ich, wenn es um Regelfragen geht ausnahmsweise, mit Jürgen Klopp ein, der ja als erster laut aufgeschrien hat.

Das entscheidende Problem, welches Klopp damit hat, findet man wahrscheinlich in dem "Offizielle verbal attackieren". Klopp selber würde in jedem Spiel 10 Minuten auf der Tribüne sitzen und da hat er keinen Bock drauf.

Aber genau da muss einfach mal festgehalten werden: Wir brauchen keine Extrakarten, wir müssen die vorhandenen Regeln einfach anwenden. Denn

- Das ständige Meckern und reklamieren beim Schiedsrichter.
- Das Fordern von Strafen für Gegenspieler.
- Das Einfordern des Videobeweises

sind alles Unsportlichkeiten. Und diese sind mit Verwarnungen zu ahnden.

Zitat aus dem Regelwerk:Ein Spieler wird bei folgenden Vergehen verwarnt:
• Verzögerung der Spielfortsetzung
• Protestieren durch Worte oder Handlungen
• Betreten, Wiederbetreten oder absichtliches Verlassen des Spielfelds ohne
die Erlaubnis des Schiedsrichters
• Missachten des vorgeschriebenen Abstands bei Schiedsrichterball, Eckstoß,
Freistoß oder Einwurf
• wiederholtes Verstoßen gegen die Spielregeln („wiederholt“ ist nicht durch
eine bestimmte Zahl oder ein bestimmtes Muster von Verstößen definiert)
• unsportliches Betragen
• Betreten des Schiedsrichter-Videobereichs (SVB)
• übermäßiges Anzeigen des Zeichens für eine Videoüberprüfung

Da ist alles dabei, was uns am Genießen des Spieles stört... also außer das taktische Foul. 

Aber gerade beim "Anzeigen des Zeichens für eine Videoüberprüfung" zeigt sich ja das Problem: Als der VAR eingeführt wurde, gab es ein klares "Fordert den aber nicht ein, dann gibt es Gelb!" Dann blieben die Verwarnungen aber aus... und jetzt hat sich diese Geste schon so weit bei den Profis eingenistet, dass man sie kaum noch abstellen kann.

Das ist jetzt nicht das schlimmste Beispiel, aber es steht halt dafür, wie sich Unarten einfach einbürgern, wenn sie nur im Regelwerk, aber nicht in der Praxis, verboten sind. Und jetzt noch eine weitere Regel einzuführen, die dann auch wieder ignoriert wird, bringt halt nichts.

Gebt einfach allen Spielern, die beim Schiedsrichter meckern oder eine Verwarnung fordern, konsequent Gelb. Jedes Mal. Auch wenn dann am 6. Spieltag die U19 auflaufen muss, weil alle Spieler gesperrt sind. Zieht das einfach mal durch und nach 2 Monaten wird der Lerneffekt einsetzen. Und danach dürft ihr dann nicht nachlassen. Dann werden die Spieler relativ schnell begreifen, dass das nicht mehr geduldet wird. Und dann werden sie sich anpassen. Das wird schmerzhaft, aber es ist der einzige Weg...

Aber da kommt ja wieder das Grundlegende Problem zum Vorschein: Wir als Fans wollen gar nicht, dass unsere Stars gesperrt werden, auch wenn wir deswegen ein objektiv schlechteres Spiel ertragen müssen. Es wird ja an solchen Stellen immer auf den Handball verwiesen, wo alles so viel Respektvoller abläuft. Aber ich werfe jetzt mal eine dreiste These in den Raum: Wenn ein Handballer mit der dortigen Etikette bricht und dafür bestraft wird, wird niemand auf den Schiedsrichter fluchen. Da würden sich alle fragen, warum der Spieler so ein Vollidiot ist.

Beim Fußball würde der Schiri wahrscheinlich Morddrohungen erhalten, wenn er Joshua Kimmich in einen wichtigen Spiel fürs Meckern vom Platz stellt. Und das ist der entscheidende Unterschied.

An einer Stelle würde ich die Blaue Karte aber doch befürworten: Beim Zeitspiel. Denn beim exzessiven Zeitspiel ist die Gelbe Karte ja keine Bestrafung, sondern eine Belohnung: Jetzt muss der Schiedsrichter auch noch notieren, dass ich Zeit geschunden habe, das sind wieder 30 Sekunden von der Uhr... Und ja, ein Platzverweis mit folgen für das nächste Spiel wäre viel zu drastisch. Wenn aber jeder Spieler genau weiß, dass er 10 Minuten (also effektiv für den Rest des Spiels) zuschaut, wenn er die "Jetzt Spielen!" Geste des Schiedsrichters ignoriert, dann könnte dieser entscheiden, wann das Spiel fortgesetzt wird.


Wo wir schon bei den Regeln sind: Ich habe diese Woche gelernt, dass es keine aktive Bewegung ist, wenn man den gegnerischen Torhüter anrempelt... weil der anscheinend keine Chance auf eine Parade hatte.
Und versteht mich nicht falsch: Dass RB Leipzig sich da aufregt, kann ich vollkommen nachvollziehen. Man kann dieses Tor definitiv geben. Das sieht ja auch Toni Kroos so. Ich habe aber ein ganz großes Problem mit der Berichtserstattung.

Kurzer Faktencheck:

Der Linienrichter sieht, wie der Angreifer den gegnerischen Torwart im 5-Meterraum leicht schubst und damit die Möglichkeiten des Torhüters einzugreifen einschränkt.
Nebenbei steht er auch im direkten Laufweg, dieser nehmen müsste, um einzugreifen.
Der Linienrichter kommt zu der Entscheidung, dass dies eine Behinderung des Torhüters und damit ein aktives Eingreifen ist.
Diese Einschätzung ist umstritten, aber sie wäre, wenn man sich das aus der neutralen Perspektive anschaut, trotzdem nachvollziehbar. Und deswegen ist es eben kein Fall für den VAR.

Da stelle ich eine dreiste Frage: Hätte Manuel Gräfe auch eine klare Fehlentscheidung gesehen, wenn Manuel Neuer so behindert worden wäre? In einem EM Viertelfinale gegen Spanien? Da würden alle eine klare Abseitsstellung sehen, weil Neuer ja den Ball gehalten hätte, weil wegen Neuer. Und weil es gegen Deutschland geht.

Es ist halt verdammt schwierig im 5 Meter Raum passiv im Abseits zu stehen. Der gegnerische Torwart wird immer irgendwie auf die reagieren, und damit nimmst du Einfluss auf das Spiel. Nebenbei ist das ja Benjamin Henrichs einzige Aufgabe in dieser garantiert einstudierten Ecke: Er wird bewusst dem Torwart auf die Füße gestellt, ohne dass der Ball auch nur annähernd in seine Richtung fliegt. Er sucht 2 Mal den direkten Körperkontakt zu Andriy Lunin. In der Bundesliga würde der erste Kontakt als Foulspiel gepfiffen werden, weshalb man diese Eckenvariante nur in der Champions League anwenden kann... Und beim 2. Kontakt steht er halt im Abseits.

Jetzt wollen mir alle einreden, dass ein Spieler, der bei einer einstudierten Standartsituation 2 Mal den direkten Kontakt zum Torhüter sucht, "passiv" gewesen sein soll? Und die andere Möglichkeit wird in keinster Weise zugelassen oder erklärt? 

Also nur um mal wieder zu beweisen, dass die Berichtserstattung in diesem Lande keineswegs objektiv oder neutral ist, wenn es um deutsche Mannschaften in der Champions League geht. Selbst wenn es "nur" RB Leipzig ist, die niemand mag.

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