Donnerstag, 17. Juni 2021

Ok, das war's dann

 War auch schön, auch wenn unsere Beziehung zuletzt ja schon eher kompliziert. Ich habe dich ja hauptsächlich kritisiert und dich bewusst als ehemaliges Fachmagazin bezeichnet... und habe mich immer wieder gewundert, warum Menschen, die sich offensichtlich nicht wirklich mit Fußball beschäftigen, so häufig im Kicker schreiben dürfen

Aber es gab halt immer die eine Sache, für die es sich doch gelohnt hat. Bevor ich am Montag über die Schiedsrichter-Entscheidungen und das Eingreifen des VARs diskutiert habe, informierte ich mich vorher über die Ansichten des Kickers zu diesem Thema. Und deren Beurteilungen habe ich auch immer vertraut.

Jetzt ist das definitiv auch vorbei. Der Kicker hat heute eindrucksvoll nachgewiesen, dass er auch bei Regelauslegungen einfach nur Scheiße labert.

Also man muss ja nicht zwingend einen Elfmeter gegen sein eigenes Land fordern. Das ist halt immer schwierig. Und ich kann ja auch nachvollziehen, dass das am Ende auch immer Fußballfans sind und es schwieriger ist, die Journalistische Distanz zu wahren. Alles kein Thema.

Aber wenn ein Verteidiger bei einer Grätsche von hinten erst den linken und dann den rechten Fuß berührt, bevor er den Ball spielt... dann muss ich mindestens sagen "Wow, da kann es Elfmeter geben." Selbst durch die Nationenbrille muss man da mindestens eine "klassische 50-50 Szene" sehen.

Unser ehemaliges Fachmagazin dagegen... verschweigt die Szene bei der Analyse des Schiedsrichters komplett. Und in der Einzelkritk von Mats Hummels wird dann ein "Herausragend, wie er das Tempo-Defizit gegen Mbappé mit mutigem Tackling kompensierte." In diesem Moment hat der Kicker einen treuen, aber halt kritischen Leser verloren. 

Wer an der Stelle was anderes schreibt als "Deutschland hatte Glück, dass es da keinen Elfmeter gab", der ist offensichtlich nicht an einer sachlichen Berichtserstattung über das Spiel interessiert. Der soll das dann auch aber so Kennzeichnen und sich als "deutsches Fußball-Propaganda-Blatt" verkaufen. Und wer dafür Geld geben will, der soll dies tun.

Und ja, die Berichtserstattung über Deutschland (oder deutsche Vereinsmannschaften, wenn sie im Europapokal weit kommen) war schon immer kritisch. Aber das ist halt ein völlig neues Niveau. Obwohl, genau genommen ist es gar nicht schlimmer, als damals, als der Kicker damals für seine Manuel-Neuer-Wichsvorlage ausgerechnet das Motiv genommen hat, in dem Neuer den legendären Schlag von Toni Schumacher nachstellte. Das ist halt auch nur so ein "Jetzt reicht es endgültig...", weil es eben kein bedauerlicher Einzelfall ist.

Vor allem, weil ich ja auch die Folgeschäden sehe. Also ich werde mich halt tierisch aufregen, wenn der Kicker dann am Ende das "Aber der VAR hat doch wunderbar funktioniert und in allen kritischen Situationen eingegriffen" bilanziert. Denn machen wir uns nichts vor: Die richtige Anweisung wäre gewesen "Du Schiri, der hat beide Füße touchiert, das solltest du dir nochmal angucken, denn das hast du in Realgeschwindigkeit bestimmt nicht so gesehen." Und wenn der Schiedsrichter dann sagt "Ist mir zu wenig um meine Entscheidung zu revidieren..." Dann ist das eine Entscheidung, die alle Franzosen nicht nachvollziehen können, aber wenigstens hat er es sich nochmal angeguckt...


Das wirklich traurige ist nebenbei: "Der Kicker" ist noch nicht mal der "Vollidiot der Woche". Dieser Titel geht an... Drumroll pls... Das französische Ärzteteam. WHAT THE FLYING FUCK? Wie kann einen Spieler, der 10-15 Sekunden bewusstlos war, einfach weiterspielen lassen? 3 Tage nachdem Christian Eriksen auf dem Platz wiederbelebt werden musste?? DREI TAGE! 

Und als Arzt sollte man die Folgen von Gehirnerschütterungen kennen. Da sollte man wissen, dass ein weiterer leichter Schlag auf dem Kopf (sagen wir mal durch einen Ball, der mehr oder weniger scharf in deine Richtung geschlagen wird) dazu führen kann, dass man dann plötzlich umkippt. Was hatten die französischen Betreuer sich da gedacht? Hey, wir wollen mal allen zeigen, dass wir das genauso gut können, wie der Boesens

Kopfverletzungen sind etwas verdammt gefährliches. Etwas, worüber man im Fußball viel, viel mehr aufklären müsste. Mit einer potenziellen Gehirnerschütterung einfach weiterzuspielen ist echt das Dümmste, was man als Arzt machen lassen kann. Und die Franzosen haben gerade mal wieder eindrucksvoll nachgewiesen, dass man den eigenen Ärzten da nicht trauen kann. Und ja, Benjamin Pavard wird im nächsten Spiel wieder in der Startelf stehen, obwohl man bei einer Gehirnerschütterung erstmal mehrere Tage Ruhe verschrieben werden sollten.

Aber es gibt ja kein "Concussion Protocol" und keine neutralen Ärzte, die sicherstellen, dass auf die Gesundheit und Sicherheit der Spieler geachtet wird. Wir sind hier bei der UEFA, die traumatisierte Spieler selber entscheiden lässt, ob sie weitermachen wollen. Die lassen dann auch Spieler, die unter einer Gehirnerschütterung leiden, selbst entscheiden, ob es weiter gehen kann oder nicht. Oder halt Mannschaftsärzte, die nur an den Erfolg ihrer Nationalmannschaft und nicht an die Gesundheit ihrer Spieler denken. Denn das muss man an der Stelle auch bedenken: Diese Ärzte machen die Spieler nicht "gesund", sie sorgen dafür, dass die Spieler auf dem Platz stehen können... Nur 3 Tage nach dem erschütternden Vorfall von Eriksen heißt es schon wieder: Sei keine Memme, stecke das weg wie ein Mann und spiel weiter. 

Selbst die "Nach Corona wird der Fußball ein anderer werden" Illusion hat länger gehalten als 3 Tage...

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