Und natürlich gleich das Allerbeste vorneweg: die Dänen. Verdammt, diese Dänen. Sein wir kurz ehrlich: Für die wirklichen Gänsehautmomente haben die Dänen gesorgt. Im tragischen, wie im positivsten Sinne. Wie die nach dem fragwürdigen Elfmeter gesagt haben: jetzt erst Recht! Wir holen uns das Achtelfinale mit einer überzeugenden Leistung.
Es hat auch noch nie eine Mannschaft gegeben, die so überzeugend aufgetreten ist und trotzdem nur 3 Punkte gesammelt hat. Gegen Finnland waren sie schon die klar bessere Mannschaft. Und sein wir ganz ehrlich: ohne den tragischen Vorfall verlieren sie das Spiel höchstwahrscheinlich nicht. Man kann natürlich im Fußball nie "nie" sagen, aber es war schon dicht dran an "auf keinen Fall".
Dann gab es eine absolut beeindruckende Reaktion gegen den Titelfavoriten aus Belgien. Die Belgier dachten sich wahrscheinlich, dass bis zur 10. Minute nichts passieren wird, die Dänen hatten andere Ideen. Nur fehlte es halt an letzter Konsequenz vor dem Tor. Aber als sie beim Stand von 1:2 den Ball an die Latte köpften, dachte doch selbst Courtois: Hoffentlich geht der rein, uns tut das nicht weh, die hätten sich das verdient.
Und wie man dann trotz VAR aus Moskau (das ist zumindest die logische Erklärung, warum diese Entscheidung nicht korrigiert wurde) auf den Elfmeter reagierte. Simon Kjaer ist als Kopf dieser Mannschaft jetzt schon der Spieler des Turniers. Und wer in diesem Turnier gegen Dänemark wettet, ist ein schlechter Mensch.
Aber danach fangen halt auch schon die großen Probleme an. Denn abgesehen von Dänemark waren die emotionalen Momente... das Aufbäumen der Polen und der verzweifelte Widerstand der Ungarn. Die restlichen Spiele waren mehr aus der Kategorie "Wir verteidigen lieber das 0:1 und hoffen auf die anderen Ergebnisse" als ein "wir wehren uns mit allem, was wir haben." Obwohl ich es ein wenig Schade finde, dass Ukraine - Österreich nicht "Die Schande von Gijon 2.0" geworden ist... also, dass beide Mannschaften sagen "Bei einem 0:0 sind wir sicher weiter, lasst uns nichts riskieren" und den Ball in der eigenen Hälfte ohne jeglichen Druck hin und her spielen.
Aber nur um mal festzuhalten, wie schlimm es ist: Die Tschechen haben beim Stand von 0:1 als Gruppendritter ihren einzigen guten Angreifer Patrik Schick ausgewechselt... weil sie den fürs Achtelfinale schonen wollten. Die 2. Halbzeit hätte so großartig werden können, wenn die Tschechen gemusst hätten. Aber so hatten wir Glück, dass nicht alle Spiele so aussahen, wie die 2. Halbzeit in Wembley... Was halt nur daran liegt, dass der Modus absolute Scheiße ist.
Nur um das mal festzuhalten: Mit Nordmazedonien, Finnland, der Slowakai und Schottland habe ich 4 von 8 ausscheidenden Mannschaften richtig vorhergesagt. Oder anders ausgedrückt (das wäre nur umständlicher gewesen): 12 von 16 Achtelfinalteinnehmer hätte ich richtig getippt. Die Ukraine war halt wirklich besser als erwartet. Gerade offensiv. Dass die 4 Tore erzielen würden, habe ich nicht kommen sehen. Die Tschechen haben halt davon profitiert, dass die Kroaten gegen sie gar keinen Bock hatten. Nebenbei hat Kroatien mit ihrem begeisterten Schlussspurt dafür gesorgt, dass sie den Schweden aus dem Weg gehen.
Hier stehen wir jetzt vor der entscheidenden Frage: Konnten die alle nicht mehr, oder wollten sie aufgrund des Modus nicht? Also England - Deutschland ist ja praktisch das Duell der größten Turnierenttäuschungen. Beide Mannschaften blieben weit hinter ihren Erwartungen zurück. Und mit Harry Kane und Thomas Müller treffen die personifizierten Offensiv-Enttäuschungen aufeinander. Fun Fact: In der 80. Minute gegen Ungarn kam es das erste Mal zur Sprache, dass Müller noch ohne EM Tor ist... Also bei den bezahlten Experten von ZDF... Immerhin. Besser spät, als nie.
England ist hauptsächlich deswegen Gruppensiege geworden, weil Kroatien 2 1/2 Spiele lang noch schlechter war. Aber die Kroaten können wenigstens behaupten, dass sie den Schalter spät umgelegt haben... aber sie haben ihn umgelegt. So heftig, dass sie als Dank dafür gegen die Spanier antreten dürfen... Der eigene Beitrag der Engländer zum Gruppensieg war eher minimalistisch.
Aber da geht es ja nicht nur den Engländern und den Deutschen so: Auch Frankreich machte nicht mehr, als unbedingt nötig. Portugal kommt zum 2. Mal in Folge als Gruppendritter weiter. Wie ich vorher angekündigt habe, reichte ein Sieg gegen Ungarn. Die einzige Überraschung in dieser Gruppe war, dass die Ungarn so kurz vorm Weiterkommen standen. Und bei allem Respekt vor der couragierten Leistung der Ungarn: Das lag am Ende auch an den sehr uninspirierten Leistungen der Favoriten.
Jetzt reden sich natürlich alle ein, dass es "keine Kleinen" mehr gibt, dabei muss es mehr Kleine bei einer EM geben, wenn das Teilnehmerfeld erweitert wird. Und wenn man sich dann die Überlegenheit der Spanier gegen die Slowakei anguckt, dann wird einem eben doch bewusst, dass es einen Klassenunterschied gibt, wenn die "Großen" das Gaspedal finden. Aber Jogi Löw und dessen Sympathisanten wollen halt nicht zugeben, dass sie einfach nicht gut waren. Also gibt es keine Kleinen mehr.
Wenn man es mal ganz genau nimmt... Theoretisch sollten die Leistungszentren und die Millionen Euro, die in die Talentförderung von Kinderbeinen gesteckt wird, doch dazu führen, dass der Abstand zu den Ungarn größer geworden ist. Ein ungarisches Talent hat doch gar nicht dieselben Möglichkeiten und Chancen wie ein deutsches. Die Frage, warum wir diesen Talentvorsprung nicht auf den Rasen bringen... muss Jogi Löw halt nicht beantworten, wenn er einfach behauptet, dass es keine Kleinen mehr gibt, weil die sich mittlerweile mit 8 Mann vorm eigenen Strafraum vergraben. Ist ja auch bekannt, dass die kleinen Nationen früher immer mit 3 Angreifern angetreten sind.
Egal, kommen wir zum größten Gewinner der Vorrunde: die UEFA und ihre Anti-Diskriminierung-Kampagne. Ganz ehrlich, ich verstehe gar nicht, warum die von allen so kritisiert werden. Zunächst mal haben sie die ganze Debatte überhaupt losgetreten, indem sie Manuel Neuers Binde untersucht haben. Das war quasi ein "Antiuntersuchungsausschuss"... denn in Deutschland werden in Untersuchungsausschüssen ja normalerweise Dinge vergraben. Aber seid mal ehrlich: Ohne diese Reaktion der UEFA wäre Neuers Protestaktion doch vollkommen untergegangen. Kaum einer hat es überhaupt mitbekommen, weil wir ja alle mit den Frisuren beschäftigt waren. Die UEFA hat die Debatte also selber losgetreten.
Und dann haben sie auch noch bereitwillig (und natürlich unterstützt von Dr. Koch) die Rolle des Bösewichts übernommen und damit nochmal richtig Öl ins Feuer gegossen. Wenn sie einfach nur "Ja, macht doch, ist uns egal" geantwortet hätte, wäre wirklich nur die Allianz Arena in Regenbogenfarben angestrahlt worden. Durch das "nein" konnte auf einmal das ganze Internet im Namen einer guten Sache ihren Hass gegen die UEFA herauslassen. Überlegt einfach mal, wie viele eurer Facebook Freunde, denen das ungarische Gesetz letzte Woche vollkommen egal war, sich jetzt solidarisch mit den Homosexuellen zeigen. Nicht, weil sich an ihrer Haltung gegenüber Schwulen irgendwas geändert hätte, sondern weil man mit dieser Haltung plötzlich gegen die UEFA sein kann. So muss man eine Debatte erstmal managen.
Als Kirsche auf der Sahnetorte musste dann selbst Ursula von der Leyen ihren Job machen und darauf hinweisen, dass Orbans neues Gesetz im Widerspruch zu den europäischen Werten steht. Das hätte sie eigentlich gleich machen können. Aber am Ende musste sie es tun, weil die UEFA Haltung bewahrt hat. Wenn man es schafft, dass Zenursula sich für eine gute Sache äußert, hat man alles richtig gemacht, auch wenn der Weg dahin vielleicht fragwürdig war.
Wenn man jetzt noch darauf hinweist, dass Homosexuelle Männer in Deutschland immer noch kein Blut spenden dürfen... ABER DIE UNGARN!!!!
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