Montag, 31. Mai 2021

Ich habe Max Eberl ja für einen richtig guten Manager gehalten

 Also genau genommen sogar für den Besten. Also seitdem Uli Hoeneß im Vorruhestand ist...

Aber dann haut der heute ein Ding raus, welches diese Annahme infrage stellt: Bei einer Niederlage gegen Schalke hätte er Marco Rose entlassen, aufgrund des 3:0 Sieges durfte er den Rest der Saison weiterwurschteln. Das sind so Entscheidungen, die ich von Frank Baumann erwarte. (Fun Fact: Baumann hat erkannt, dass sich das Gesicht der Mannschaft ändern muss... No Shit Sherlock.)

Das bezeichnende ist ja die Kicker-Schlagzeile zum Gladbach Sieg: Schalke schlägt sich selbst. Also es ist nicht mal so, dass Gladbach einen überzeugenden Sieg gegen einen ernstzunehmenden Gegner errungen hat.

Ich ging ja eigentlich davon aus, dass Max Eberl die Bundesliga verfolgt. Und das dem aufgefallen ist, dass Schalke der schlechteste Bundesligist aller Zeiten war. Also ja, den offiziellen Rekord hält weiterhin Tasmania Berlin, aber das war praktisch eine Amateurmannschaft, die in die Bundesliga geworfen wurde. Deswegen sind jegliche Tasmania-Vergleiche unangebracht. Von den richtigen Bundesligisten, die sich sportlich für die Liga qualifiziert, ein vernünftiges Budget und ein ordentliches Management hatten, kommt nur der Wuppertaler SV auf eine schlechtere Punkteausbeute als die Knappen. Das war 1975. Faszinierender Weise kassierten beide 86 Gegentore. 

Ich bin ja auch kein Freund von zu schnellen Trainerentlassungen. Aber wenn man sich vor einem Duell mit diesem Schalke fragt, was eigentlich passiert, wenn man dieses Spiel verliert... wenn man die Weiterbeschäftigung wirklich von diesem Duell abhängig machen will... dann sollte man den Trainer einfach gleich entlassen. Es sei denn, man ist der FC Augsburg und rechnet die Niederlage gegen mit ein, weil man einer von 2 Vereinen ist, gegen die Schalke weiterhin gut war... 

Nur so zum Vergleich: Rudi Völler, der ja sonst auch eher unter die Kategorie "Vollpfosten" fällt, hat auf den Spielplan geguckt, gesehen, wer der nächste Gegner ist und sich gedacht: Verdammt, wenn Peter Bosz da 3 Punkte holt, kann ich den schlecht entlassen, also mache ich das lieber gleicht. Und so bekam Hannes Wolf dann den quasi garantierten Dead Coach Bounce. Wenn Rudi Völler sich cleverer anstellt, als du, hast du ein Problem...

Wobei Fußball halt eine absurde Sportart bleibt. Denn Gladbach blieb plötzlich 4 Spiele in Folge ohne Niederlage. Man holte in den letzten 9 Spielen 16 Punkte. 

An der Stelle wieder ein großes Danke an Kicker.de (und alle anderen Online-Datenbanken), die mir nicht die Möglichkeit geben mir eine Tabelle vom 27. bis 34. Spieltag anzeigen zu lassen. Kann es denn so schwierig sein, derartige Features zur Verfügung zu stellen? Also sowohl eine Tabelle der letzten X Jahre, als auch "Von Spieltag Y bis Z"? Damit könnte man bestimmt lustige Spielereien anstellen. Und der Kicker selber beweist ja hin und wieder, dass man selber dieses Feature in seinen sicher verschlossenen Datenbanken hat...

Zurück zum Thema: Auf 34 Spieltage hochgerechnet, wäre man mit 60 Punkten in die Europa League eingezogen. "Result Based Analysis" gibt Eberl also recht. Oder man stellt an der Stelle fest, dass es praktisch egal ist, denn auch mit einem guten Saisonfinish verpasste man die europäischen Wettbewerbe... und nur, wenn man alle Spiele verloren hätte, wäre man am Ende abgestiegen... (Fun Fact: Werder Bremen stand vor dem "Schalke Spiel" 3 Punkte hinter Gladbach... nur um mal zu erwähnen, dass man noch nicht gerettet war, sondern nur gerettet wirkte...)

Das beweist aber auch das strukturelle Problem hinter dem Umgang mit der Marco Rose Personalie: Diese wurde so weit aufgeschoben, dass es am Ende egal war, wie Eberl sich entscheidet. Das ist halt praktisch das exakte Gegenteil von "gutem Management".

Also nur so zum Vergleich: Horst Heldt wird ja gerade gerne vorgeworfen, dass er zu lange an Markus Gisdol festgehalten hat. Unter anderem deswegen wurde er jetzt ja entlassen. Aber am Ende hat er ja doch noch (im Gegensatz zu Baumann halt) den letztmöglich richtigen Zeitpunkt gefunden, um sich vom Trainer zu trennen.

Aber eines der Grundprobleme bleibt ja, dass sich Manager viel zu oft auf eigentlich irrelevante Einzelresultate berufen, anstatt sich die Entwicklungen der Mannschaften anzugucken. Also nur, weil ich die 2021 Version von Schalke 04 schlage, bin ich plötzlich kein besserer Trainer. Genauso wenig wie eine Niederlage gegen die Bayern mich zu einem schlechteren macht.

Das wirklich faszinierende ist ja: Eberl hat ja schon bewiesen, dass er Entscheidungen unabhängig von den Tagesresultaten treffen kann. Also als er Dieter Hecking ziehen ließ, um eben auf Rose zu setzen. Das war schon ein "Die Ergebnisse sehen gut aus, aber die Entwicklung gefällt mir nicht." Jetzt hat er aber in diesem Frühjahr nicht erkannt, wie schlecht die jüngsten Entwicklungen nach der Bekanntgabe des Rose-Wechsels aussah.

Was wiederum auch irgendwie zu entschuldigen ist. Also ich muss auch zugeben, dass ich den Einfluss auf die Trainerwechsel unterschätzt habe. Vor allem, weil ich halt auch dachte, dass die Spieler sich nicht selbst schaden wollen. Also Rose trainiert jetzt ja trotzdem international, die Spieler, die ihm eventuell nicht mehr zu 100 % gefolgt sind, aber nicht mehr. Sie verpassen also die Prämien. Oder bekommen aufgrund ihrer Leistungen nicht die Angebote, auf die sie eigentlich gehofft haben. Und sie können sich jetzt ein Jahr lang nicht auf internationalem Parkett empfehlen. Rose geht es gut, Gladbach wird eine Saison ohne internationales Geld überleben... also sind die Spieler die wirklich geschädigten dieser Entwicklung. Allein aus egoistischen Motiven hätten die sich also viel stärker gegen den Einbruch stemmen müssen.

Aber wie Sebastian Rode ehrlich ausgeführt hat, war das ja kein reines Gladbach Problem. Am Ende sind ja echt alle Vereine nach der Bekanntgabe der Trainerwechsel zu Saisonende eingebrochen. Ja, selbst die Bayern. Nur dass bei denen "Eingebrochen" halt bedeutet: Die spielen nur 2:2 gegen den SC Freiburg... oh und verlieren gegen Mainz 05... Also ja, selbst die Bayern hatten eine für sie halt irrelevante Ergebnisdelle... und schieden mitten in der (aber garantiert nicht wegen, denn dann müsste man ja Hansi Flick kritisieren und der ist jetzt Nationaltrainer, solche Menschen kritisiert man nicht) Debatte aus der Champions League aus. 

Spannend ist ja, welche Lehren die Manager aus dieser Saison ziehen. Denn den ersten Impuls des "Wir stellen jetzt nicht die erfolgreiche Arbeit, die diese Trainer ja für andere Mannschaften interessant gemacht haben, infrage" ist ja nachvollziehbar. Allerdings hat diese Saison recht eindrucksvoll nachgewiesen, dass dies nicht funktioniert. Dass die Fans mit ihrer "Jagd den vom Hof" Haltung recht behalten hätten... (Nebenbei ist es auch spannend, ob die Entscheidungen anders ausgefallen wären, wenn die Fans bei jedem Heimspiel gnadenlose Pfeifkonzerte gestartet hätten...)

An der Stelle müssen wir nochmal festhalten, was für ein absurdes Trainer-Talent Edin Terzic ist. Denn das ist der einzige "Ich räume meinen Posten am Ende und habe trotzdem Erfolg" Trainer der Saison. Der hat es geschafft, dass seine Mannschaft ihm folgt, obwohl alle wussten, dass der ab Sommer nichts mehr zu sagen hat. Und die Truppe hat ja unter Lucien Favre nachgewiesen, dass sie nicht unbedingt einfach zu leiten ist. Oder er ist halt nur der ultimative Beweis, dass ein Dead Coach Bounce auf jeden Fall funktioniert... Eines von beidem...

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