Also selbst ich, der den Schalkern den Abstieg ja gönnt, denke mir mittlerweile: Reicht das nicht langsam? Können die nicht mal aufhören neue Tiefpunkte zu erreichen? Und Schalke so: Nö.
Dieses Wochenende vergab der Kicker die Spielnote 6 für das angebliche Bundesligaspiel Schalke - Mainz. Zum ersten Mal seit 2012. Zum zweiten Mal in der Schalker Vereinsgeschichte. Damit ist Schalke jetzt der einzige Verein, die an 2 derart grausamen Bundesligaspielen beteiligt war.
Und wenn man ganz ehrlich ist, haben die Schalker nur Glück, dass die Konkurrenz normalerweise besser ist als Mainz, die halt auch ihren Beitrag zum Fehlpassfestival geleistet haben. Denn selber hat man ja diese Saison extrem wenig zum Bundesliganiveau beigetragen. Die eigene Leistung war schon häufiger genauso schlecht (oder noch schwächer) wie an diesem Wochenende. Nur verhinderten da dann immer die Gegner, dass das Spiel genauso furchtbar und unerträglich war.
Faszinierender Weise hatte die DFL den Humor dieses Spiel als "Werbung für die Liga" auf den Freitagabend zu legen... Während eines immer noch anhaltenden Lockdowns. Man hatte quasi die Freie Auswahl zwischen "Diesen Scheiß gucken" oder "Den Fernseher ausschalten"... zumindest als sportbegeisterter Mensch.
Das absurdeste ist dann aber das Interview, welches Arnd Zeigler nochmal vorgeführt hat. Wie man sich nach einem Dead Coach Bounce Spiel beim Tabellenvorletzten so selbstgefällig und fast schon zufrieden präsentieren kann... während man gerade die vielleicht letzte Chance verpasst hat, nochmal Bewegung in den Abstiegskampf zu bringen. Die mangelnde Fitness ist da nur ein Teil des Problems. Es scheint verdammt vielen Spielern mittlerweile schlicht egal zu sein, ob Schalke absteigt. Die gammeln jetzt noch die letzten 3 Monate ab und warten auf die Vertragsangebote im Sommer. Irgendjemand wird die schon verpflichten... Das ist zumindest der Eindruck, den man vermittelt.
Dabei war das Spiel doch genau genommen ein Erfolg. Also zumindest hat Dimitrios Grammozis das beste Trainerdebüt des Jahres auf Schalke. David Wagner begann die Saison ja mit einem beeindruckenden 0:8. Manuel Baum halbierte die Gegentore beim Debüt... was so semi-gut ist, da es ja immer noch bedeutet, dass man 0:4 verloren hat. Das 0:1 von Huub Stevens fühlt sich wie ein echter Fortschritt an, bis einem bewusst wird, dass es ein Heimspiel gegen Arimina Bielefeld war... Bei Christian Gross's Debüt gab es dann als Kompromiss ein 0:3 gegen Hertha. Grammozis mag das schlechteste Bundesligaspiel seit 9 Jahren betreut haben, aber immerhin holte er beim Debüt einen Punkt... Wenn Schalke noch 6 Mal den Trainer wechselt, gewinnen sie vielleicht sogar nochmal...
Paulo Otavio und die allgemeinen Überreaktionen. Ok, eines vorne weg: Für diese Grätsche musse es Rot geben. Es ist eine dieser Aktionen, bei denen man sich fragen muss: Kann man eigentlich 2 Mal vom Platz fliegen. Aber man muss halt an der Stelle auch mal festhalten: Das war jetzt nicht das schlimmste Foul, welches wir je gesehen haben. Das geht weiterhin an Paolo Guerrero. Denn es gibt einen feinen, aber entscheidenden Unterschied: Während Guerrero mit offener Sohle auf den Unterschenkel von Sven Ulreich zielt, stellt Otavio mit seiner Schere sicher, dass der Gegner zwar fällt, sich aber wahrscheinlich nichts bricht. Wer jetzt also meint, dieser Fall fällt unter Körperverletzung, muss sich die Szene nochmal genau angucken. Und sollte auch feststellen, dass Munas Dabbur sofort wieder aufspringen kann.
Also klar, Rot. Und auch als nicht letzter Mann gibt es für so ein Einsteigen Rot. Aber es mit Guerrero's Tritt gleichzusetzen, ist übertrieben. Ist aber praktisch selbst Zeigler passiert.
Das eigentlich großartigste ist ja das Ende der Szene, welche beim DAZN Bericht schon rausgeschnitten wird, es aber doch zumindest im Standbild in die Youtube-Version von Zeiglers geschafft hat. Denn da sehen wir einen Wolfsburger Spieler zum Schiedsrichter rennen und ihn... ja was... davon zu überzeugen, dass das doch nur Gelb war? Was will ich als unbeteiligter Mitspieler da beim Schiedsrichter? Aber da sind wir wieder bei dem allgemeinen Unrechtsempfinden von Fußballern, die sich selbst bei klar richtigen Entscheidungen eindeutig benachteiligt fühlen. Dieser Konditionierung sich beim Schiedsrichter zu beschweren ist so fest verankert, dass sie selbst bei derartigen Fouls greift.
Und dieses Problem wurde halt an diesem Wochenende gleich doppelt deutlich. Einerseits bei Marco Reus, der absolut überzeugt davon ist, dass Emre Can sich nicht hat leichtfertig fallen lassen, sondern von der gigantischen Wucht eines Leroy Sanés umgeworfen worden ist. Dass Can da keinen Freistoss schinden wollte, sondern wirklich fallen musste. Und dass da "eine Fehlentscheidung das Spiel entschieden" hat. Und bei der Meinung bleiben sie auch in Dortmund, nachdem ihnen alle Experten erklären, dass man da halt nicht pfeifen muss... und das vorher ein ähnlicher Fall gegen Kimmich auch nicht abgepfiffen wurde. Fußballer sind da halt wie Kleinkinder in der Trotzphase.
Das ist halt vor allem lächerlich, wenn man bedenkt, dass der gemeine Fußballfan doch will, dass solche Szenen nicht ständig abgepfiffen werden. Und wenn man bedenkt, dass die Borussen von ihren eigentlichen Problemen ablenken. Denn dass sie einen 2:0 Vorsprung noch vor der Halbzeit abgeben, hat nichts mit dem Schiedsrichter zu tun.
Und nur um zu beweisen, dass so was auch nicht mit dem Alter besser wird: Florian Kohfeldt sieht ebenfalls als einziger eine klare Fehlentscheidung und fragt sich, warum der VAR nicht eingreift, wenn es im Strafraum zu einem an sich normalen Luftzweikampf kommt. Und hier sie mal wieder darauf hingewiesen, dass der Torhüter im Zweikampf keine Sonderrechte genießt. Nicht mal im 5 Meter Raum. Das hat sich irgendwann so eingeschlichen, steht aber nirgends geschrieben. Auch hier gilt im Wesentlichen: Werder muss das souveräner verteidigen und kann Jiri Pavlenka da nicht so alleine lassen. Aber obwohl alle anderen sagen, dass das ein korrekter Treffer war, bleibt Kohfeldt bei seiner "Muss man abpfeifen und überprüfen" Meinung.
Und das, obwohl er sich endlos aufgeregt hätte, wenn dieselbe Szene im gegnerischen Strafraum abgepfiffen werden würde. Denn da kennt Kohfeldt das Regelwerk auf ein Mal und weiß, dass man als Angreifer durchaus in einen Zweikampf mit dem Torwart gehen darf.
Das zeigt halt auch nur wieder, wie kompliziert Diskussionen über die Schiedsrichter sind. Denn an und für sich haben die Schiedsrichter dieses Wochenende einen richtig guten Job gemacht. Selbst Sven Jablonski (btw, dessen Eltern haben definitiv einen ganz fiesen Humor. Und der ist als Junge garantiert als Svenja gehänselt worden...) von der Sportschau kritisierter Elfmeter wird dann im Kicker als richtig bestätigt. Und das war die einzige wirklich kritische Entscheidung. Die schlechteste Leistung kam von Florian Badstübner und der bekam immer noch eine 4. Wann hatten wir zuletzt einen Spieltag, an dem es eine einzige 4 als schlechteste Bewertung gab?
Aber geredet wird am Ende über die Fehlentscheidungen aus dem Champions League Finale von 2012... die nicht mal von einem Bundesligaschiedsrichter getroffen wurden. Wie oft die Bayern vorher schon Glück im Duell gegen Dortmund hatten. Und, dass Werder Bremen durch eine Fehlentscheidung verloren hat. Selbst an einem Wochenende, an denen die fast alles richtig Entscheiden, wird nur über potenzielle Fehler gesprochen. Und weder Reus noch Kohfeldt haben hinterher die Größe, ihre Fehleinschätzungen einzugestehen und dadurch die Schiedsrichter zu stärken.
Eine sachliche Debatte über die Schiedsrichter ist halt unmöglich, wenn jeder immer auf seinen emotionalen Standpunkten verharrt...
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