Montag, 18. November 2024

Um mal wieder mit einem Mythos aufzuräumen: Die Mentalität war "früher" nicht besser

 Das ist ja eine meiner Lieblingsbeschäftigungen. Also die Ansätze dieses Beitrages findet ihr bereits hier. Es wird jetzt nur noch weiter ausgeführt.

Einer der Lieblingsmythen der "Früher war alles besser" Generation sind ja die "deutschen Tugenden". Dieses "Wir waren nie individuell die Besten, aber unsere Mentalität hat uns immer geholfen!" Wir waren immer eine Turniermannschaft... auch wenn das nur ein Mal, bei der WM in Südkorea und Japan 2002 wirklich gestimmt hat. Also das war das einzige Turnier, bei den Deutschland wirklich ihre eigentlichen Möglichkeiten* übertroffen hat.

* Ok, genau genommen hat man "nur" Saudi Arabien, Kamerun, Paraguay, die USA und Südkorea geschlagen. Bei genauerem Hinsehen haben sie gegen den ersten richtigen Gegner verloren, auf den traf man aber erst im Finale... Hat man wirklich besser abgeschnitten als erwartet? Oder hatte man nur extremes Losglück? Alles nur ne Frage der Perspektive.

Nun muss hier erstmal ein Disclaimer rein: Ich nicht alt genug, um die 54er Generation zu bewerten. Das dürfte der einzige Titel sein, bei dem die "Mentalität schlägt Qualität" Geschichte wirklich wahr ist. Das ist aber auch Ewigkeiten her. Es hat sich aber als Gründungsmythos verfestigt, da bekommt man es nicht mehr raus.

Aber schon die 70er Generation... Fun Story: ich hatte letztens im Plattenladen die Neuauflage von Franz Beckenbauers Größten Hits in der Hand. Klar, das sind nur 2 Singles und 4 Songs... aber das sind auch 4 Songs mehr als die aktuelle Generation in der Diskografie hat...
Franz Beckenbauer war halt auch eine Stilikone. Und sie nannten ihn den "Kaiser", weil er auf dem Platz ein Kampfschwein war diese absolute Eleganz ausstrahlte.

Günther Netzer war ein linksgrünversifter Freigeist. Und ein Genie am Ball. Gerd Müller war der beste Abschlussspieler der Welt. Und nebenbei eine Mimose, denn nachdem er ein einziges Mal bei den Bayern ausgewechselt wurde, ist er sofort weggerannt. Das ist die Mentalität, die immer beschrien wird. Denn das war ja die beste und erfolgreichste Fußballergeneration aller Zeiten.

Die 80er wurden von Karl-Heinz Rummenigge geprägt. Einem Menschen, der so bescheiden ist, dass er hier quasi seine eigene Kategorie hat. Bernd Schuster nannten sie den "Blonden Engel", weil er... ähm... so ein Kampfschwein war? Oder er war so eitel, dass er zurückgetreten ist, als ihm nicht seine Wunschposition versprochen wurde. Europameister wurde er trotzdem. Oder genau deswegen.

Die 90er Generation, die ebenfalls Welt- und Europameister wurden, bestand aus Lothar Matthäus und Matthias Sammer gewannen im Jahr der Triumphe jeweils den Ballon d'Or... weil das individuell überragende Fußballer waren. Es waren natürlich auch die letzten Deutschen, die den gewinnen konnten. Während man 1972 noch die ersten 3 Plätze untereinander aufteilte.

Dazu kam ein Andy Möller, der, wenn er nicht gerade mit dem Adler auf der Brust auflief, als Heulsuse verschrien war. Und als Schwalbenkönig. Ein Thomas Hässler funktionierte am besten im Biotop Karlsruhe. Bei den "richtig großen Vereinen" wie Juventus oder Borussia Dortmund konnte er sich dagegen nicht durchsetzen. Beide waren aber auch überragende Techniker und sind Welt- und Europameister.
Jürgen Klinsmann wurde in England "Diver" genannt, was nur bedingt an seinem Torjubel lag, sondern primär am Vorwurf zu schnell zu fallen.

Die 2014er Generation wurde auch von Mesut Özil und Lukas Podolski geprägt. Özil hat so wenig mit "deutschen Tugenden" zu tun, dass er sich mittlerweile öffentlich als Türke geoutet hat. Wenn Poldi einen Funken dieser angeblichen Mentalität gehabt hätte, hätte er sich in München durchgesetzt, anstatt zurück nach Köln zu fliehen. Dasselbe gilt für den Siegtorschützen Mario Götze. Beides waren Spieler, die auf Vereinsebene nie die Widerstandskraft hatten, sich gegen echte Probleme durchzusetzen. 

Und jetzt kommt ihr mit eurem "Ja, aber": Berti Vogts, Guido Buchwald, Dieter Eilts und Miroslav Klose. Ja, natürlich. Natürlich hatte Deutschland auch ihre Mentalitätsmonster, die über ihr eigentliches Talentlevel erfoglreich für Deutschland gespielt haben und damit ihren entscheidenden Anteil an den Titeln hatten. Da kann man in jeder Generation mehrere nennen. Selbstverständlich. Das stellt keiner infrage. Aber, schockierende Neuigkeit, das ist kein deutsches Phänomen.

Der "deutscheste" Spieler bei der WM 1994 war Carlos Dunga, und der führte die brasilianischen Künstler als Kapitän zum Titel. Frankreichs Goldene Generation hatte natürlich einen Zinedine Zidane. Aber es gab eben auch einen "General" mit Didier Deschamps, der im Mittelfeld alles souverän abräumte und dann den 5 Meter Pass auf eben jenen Zidane spielte. Oder einen Lilian Thuram, der sich vor jedem Spiel in Knoblauch einrieb und dann 90 Minuten am Gegenspieler hing. Man hatte mit Marcel Desailly einen Schrank in der Innenverteidigung. Thuram kommt nebenbei auf 2 Länderspieltore in 142 Einsätzen. Desailly auf 3 in 116. Die sind mehr Jürgen Kohler als unserer Jürgen Kohler...  Man wurde mit den Mentalitätsmonstern, aber ohne Topstürmer 1998 Weltmeister. 2000 hatte man dann mit Henry und Trezuguet auch gute Stürmer.

2002 war es für die Brasilianer ein riesiger Schock, als man kurz vor dem Turnier Emerson ersetzen musste. Nicht, weil das ein überragender Techniker war, da hätte man Alternativen gehabt. Aber es war ihr Vorzeigearbeiter und genau deswegen ihr Kapitän. Diese Rolle übernahm dann Kléberson, ein grundsolider Aufräumer, der sich aber nie in Europa durchsetzen konnte. Die gesamte brasilianische Taktik lässt sich nebenbei auf ein "Wir stellen 6 Arbeiter auf, damit Ronaldinho, Rivaldo und Ronaldo zaubern können." Und nutzen Roberto Carlos als Wildcard. Und ja, auch ein Rekordhalter wie Cafu war immer eher ein Arbeiter als ein Künstler. Deswegen ist sein persönliches Highlightvideo auch keine 10 Minuten lang und besteht zur Hälfte aus Tacklings... Aber er konnte sein "gehobenes, aber nicht überragendes" Niveau aufgrund seiner herausragenden Einstellung über Jahrzehnte halten. Klingt schon sehr nach "Mentalität" für mich.

Italien hatte 2006 nicht nur Totti und del Piero, sondern auch Cannavaro und natürlich Grosso. Grosso war nie ein überragender Individualist, lief aber genau in diesem Sommer plötzlich richtig heiß und spielte das Turnier seines Lebens. Und natürlich wurde er vom Feingeist Andrea Pirlo perfekt freigespielt... Aber das wichtigste Tor erzielt eben einer der Arbeiter.

Die Spanier spielten ihre abgefuckte Version von Barcas Tiki Taka und verteidigten das eigene Tor mit dem Ball, bis der Gegner müde wurde. Dann erzielten sie irgendwann das 1:0 und wir feierten das alle als großartigen Offensivfußball. Warum auch immer. Vor allem hatten sie aber auch Charles Puyol und Sergio Ramos in der Innenverteidigung. Sergio Ramos hat es geschafft, in seiner Karriere 29 Mal vom Platz zu fliegen! NEUNUNDZWANZIG. Und das, obwohl er den Großteil seiner Spiele für Real Madrid absolviert hat, wo er im Schnitt 3 Zweikämpfe pro Spiel führen musste. Der nie auf sich oder den Gegner Rücksicht genommen. 

Die "aktuelle" Generation der Franzosen hatte mit N'Golo Kante einen der besten Wasserträger aller Zeiten. Und mit Olivier Giroud den ultimativen "Arsenal-Angreifer", denn der Mann wurde Weltmeister, ohne ein einziges Mal AUFS TOR zu schießen. So aufopferungsvoll spielt nicht mal Miro Klose.

Ihr erkennt einen Trend? Alle Mannschaften, die bei den großen Turnieren große Erfolge eingefahren haben, hatten die perfekte Mischung aus Talent und Einstellung. Sie hatten einige Spieler, die individuell überragend waren und sich ihre Sonderrechte rausnehmen durfte. Diese wurden dann perfekt durch die Arbeitstiere ergänzt, die mit ihrer Einstellung den Künstlern den nötigen Freiraum schaffen. Das könnt ihr auf jede Mannschaft dieser Welt anwenden.

Was passiert, wenn diese Mischung nicht stimmt und man "nur Mentalität" zu bieten hat, konnte man bei den Europameisterschaften 2000 und 2004 sehen, wo es den Deutschen nicht an der nötigen Einstellung, sondern ausschließlich an der fußballerischen Qualität mangelt. Und wenn man nur auf "Qualität" setzt... also die amtierenden Weltmeister Frankreich, Italien, Spanien und Deutschland haben sich bei den Folgeturnieren blamiert. Das lag nicht an der individuellen Klasse. Es ist schon faszinierend, dass die Titelträger 4 Turniere infolge in der Gruppenphase ausgeschieden sind und erst Frankreich 2022 diesen "Fluch" beendete. Das hatte aber jeweils auch viel damit zu tun, dass man es sich in seinem Weltmeistersessel zu bequem gemacht hat und man die Grundtugenden vernachlässigt hat. Und man hat auch die schlechte Angewohnheit, zu lange an den Weltmeistern festzuhalten, auch wenn die mittlerweile nachgelassen habem. Aber auch das ist kein "rein Deutsche Tugend" sondern passiert überall.

Nichts an der deutschen Mentalität und dieser Nationalmannschaft ist irgendwie besonders. Wie alle anderen Nationen müssen sie die perfekte Mischung finden, um sich bei den großen Turnieren zu behaupten. Und wie alle anderen Nationen gehen sie nach einem Triumph durch ein Wellental, weil sie es verpassen, die alten Weltmeister rechtzeitig auszusortieren. Das war schon immer so und wird auch immer so bleiben.

Mittwoch, 13. November 2024

Vollidiot des Jahres: Pellegrino Matarazzo.

 Nicht, dass der wirklich etwas falsch gemacht hat. Aber er war halt loyal. Im Profisport. Als Trainer, wo man immer das schwächste Glied in der Kette ist. Und das, obwohl das Ende lange absehbar war. Denn das war ja eine Trennung mit Ansage. Die einzige Überraschung ist, dass Matarazzo nicht als Erstes entlassen worden ist, sondern Peter Zeidler.

Um das mal kurz nachzuvollziehen: Pellegrion Matarazzo übernahm Hoffenheim im Februar 2023 von Andre Breitenreiter. Er hatte einen schwierigen Start mit 5 Niederlagen infolge und wäre fast direkt wieder entlassen worden. Aber er schaffte den Umschwung nach dem Absturz auf Platz 18 und führte die TSG zum souveränen Klassenerhalt. Platz 13 in der Endabrechnung.

In der folgenden Saison führte er Hoffenheim auf Platz 7, was zur Qualifikation für die erneuerte Europaleague reichte. Klar, es reichte auch nur, weil dieses Jahr fast die Hälfte aller Bundesligisten europäisch spielen dürfen. Es war aber auch die beste Platzierung seit 2009/10. Das war aber schon eine ordentliche Leistung. Vorallem, wenn man bedenkt, dass Hoffenheim 50 Millionen auf dem Transfermarkt erwirtschaftet durfte... Das Kader sollte also eigentlich schwächer sein, als in der Vorsaison.

Trotzdem wurde seine Arbeit schon im Sommer hinterfragt. Es fehlte einem jungen Kader halt an der nötigen Konstanz um noch mehr zu erreichen... Wer hätte das ahnen können?

Stattdessen ging zum dümstmöglichen Zeitpunkt Alexander Rosen. Der Manager wurde genau zu dem Moment entlassen, in dem er den größten Einfluss auf die Saison hatte: Mitten in die Verhandlungen des Transfersommers. Einfach nur, weil Dietmar Hopp und Roger Wittmann ihn nicht wollten. Die beiden wollten nebenbei schon im Februar einen anderen Trainer. Also nur um zu verdeutlichen, wie lange dieser Konflikt schon gärt und dass Materazzo schon die Skepsis von ganz oben entgegenkam, bevor er überhaupt aus dem Zug gestiegen war.

Eine Aktion, die so dumm war, dass Hopp die TSG Ultras gegen sich aufbrachte. Und dank der der Rest der Welt mitbekam, dass es diese Ultras überhaupt gibt. Die Ultras mussten nebenbei auch ihren Stimmungsboykott ankündigen, da der neutral und uninformierte Zuschauer sonst kaum einen Unterschied zu sonst gemerkt hätte. 

Das ist für einen Trainer eine richtig beschissene Ausgangslage. Denn die Spieler bekommen so was ja auch mit. Der einzige Unterstützer wurde abgesägt, die eigene Transferphase sabotiert und der Boss ganz oben ist mehr oder weniger dein direkter Gegenspieler.

Und dann... brachte die Brieftaube ein lukratives Angebot: Der Amerikaner sollte die eigenen Nationalmannschaft übernehmen. Nur die Herren, also deren 2. Beste Auswahl. Aber dafür sollte der die Mannschaft in ein Tunier in eigenem Land führen. Also quasi den Nagelsmann machen und denen die Heim-WM retten. Und Materazzo sagte denen ab.

Er blieb lieber in Hoffenheim, obwohl er wusste, dass der Boss ihn am liebsten ersetzen würde und dass eine schwierige Saison bevorsteht. Also obwohl abzusehen war, dass er die Saison nicht überstehen würde.

Für Hoffenheim war das nebenbei großartig. Auch wenn eine einvernehmliche Trennung im Sommer eigentlich wie die perfekte Lösung ausgesehen hätte, stünde man plötzlich in der Vorbereitung ohne Trainer und Manager da.

Die Kombination aus starker Vorsaison und Loyalität sollte eigentlich dafür sorgen, dass er bis zur Winterpause unkündbar ist. Stattdessesn wird er entlassen, obwohl er nicht mal auf einem Abstiegsrang steht.

Und natürlich sind die Leistungen, die Hoffenheim anbietet, nicht toll. Das war aber nach der konfusen Saisonvorbereitung auch nicht zu erwarten. Man steht aber über dem ominösen Strich und hat mit Bochum, Kiel und St. Pauli 3 herausragende Kandidaten, die noch deutlich schlechter sind, als man selbst. Es gibt also keinen Grund zur Panik.

Und natürlich zeigt die Tendenz gerade nach unten, das ist aber auch zu erwarten, wenn bei jeder Gelegenheit der Trainer hinterfragt wird. Das kommt alles einfach nicht überraschend.

Am Ende wird Materazzo für seine Loyalität bestraft und die Hoffenheimer kommen ohne größere Schäden davon. In einer gerechteren Fußballwelt würden die anderen Trainer jetzt geschlossen sagen "Nach Hoffenheim gehen wir nach der Nummer nicht.", aber da guckt, berechtigterweise, auch nur jeder auf sich selbst.

Montag, 11. November 2024

Worst of des "Im Westen immer noch nichts neues" Wochenendes

 Wo doch endlich wieder Normalität in der Bundesliga eintritt und die Bayern als beinah einzige Mannschaft von "da oben" gewinnt. Auch nur, weil der VAR Stuttgarts Ausgleich gegen Frankfurt zurücknimmt. Die hatten da im Kölner Keller eine einzige Aufgabe.

Nebenbei muss man hier St. Pauli ganz deutlich loben. Wenn man die Namensschilder ausgeblendet hätte, wäre man sich nicht sicher gewesen, ob da der Rekordmeister oder der FC Augsburg spielt. Das war schon ganz brutale Magerkost, die die Bayern da anbieten mussten. Also abgesehen von dem einen Geniestreich von Jamal Musiala, wo die Klasse ganz kurz aufgeblitzt ist, hat man da nichts gesehen, was "CHAMPIONS LEAGUE" gebrüllt hat. Ob das wirklich an St. Pauli lag, oder die Bayern einfach keinen Bock hatten, werden wir nie erfahren...

Aber es sind jetzt schon 5 Punkte. Die Meisterschaft dürfte also durch sein. Und das auch, weil Bayer Leverkusen dieses Jahr die "Uno Reverse Karte" gezeigt bekommt. Also nachdem sie letzte Saison all die späten Tore erzielt haben, haben sie jetzt schon gegen Bochum und Bremen in den Schlußminuten schmerzhafte Treffer kassiert. Dazu ein Tor in der 80. Minute gegen RB Leipzig. Da "fehlen" jetzt schon 5 Punkte.
Was halt auch nur nochmal verdeutlicht: Wenn die sich letztes Jahr nicht den Bayern-Dusel ausgeliehen hätten, wäre Thomas Tuchel da noch Trainer. Aber vielleicht war das ja eine bewusste Entscheidung von Uli Hoeneß, der den Tuchel halt nicht mochte. "Hier, könnt ihr für ein Jahr haben und den Stanisic gibt es oben drauf. Hauptsache ich hab einen Grund den Typen zu entlassen." Ergibt Sinn.

Aber das eigentliche ist natürlich mal wieder in Dortmund passiert. Tief im Westen halt. Das ist halt die Konstante in dieser Saison. Und auch allgemein in der Liga.
Nachdem die Führungsspieler, allen voran Emre Can, aber zumindest hier auch Julian Brandt, öffentlich angezählt wurden, haben die kurzzeitig eine Reaktion gezeigt. Sie haben allen bewiesen, dass sie es doch eigentlich können. Can lieferte 2 gute Spiele als Innenverteidiger ab. Unter anderem gegen den direkten Konkurrenten aus Leipzig. Genau das wird ja immer gefordert. Brandt lief so gut mit, dass er sogar wieder zur Nationalmannschaft darf. Auch wenn dich das jetzt so gar nicht nachvollziehen kann. Der wartet seit dem 6. Spieltag auf eine Torbeteiligung. Der war jetzt in den letzten Wochen nicht schlecht... aber auch nicht wirklich gut. Aber gut, wenn Paul Wanner keinen Bock hat, und dieser lettische Spieler doch nicht mitmachen darf, muss halt Brandt ran...

Dann ging es nach Mainz, wo man einen Aufschwung in eine Serie ausbauen könnte. Und wo man jegliche Debatten über einen Auswärtsfluch beseitigen könnte. Fun Fact: Dortmund ist erster in der Heimtabelle und 16. in der Auswärtstabelle. Sie haben jetzt, inklusive Pokal und Champions League, 6 Auswärtsspiele infolge verloren. Das ist dann kein Fluch mehr, sondern geballte inkompetenz.

Unterstützt durch Kapitän Can. Der dachte sich: das könnt ihr ohne mich, ich gehe dann mal nach 27 Minuten von Bord. Und Niko Schlotterbeck holte sich, um sich seinen eigenen Job noch schwerer zu machen, eine zusätzliche Gelbe Karte ab.
Um mal kurz festzuhalten, wie dumm diese Meckerei von Schlotterbeck war: Can als Übeltäter nimmt die angemessene Strafe widerspruchslos zur Kenntnis und geht lieber zum umgenieteten Gegner, um sich bei dem zu entschuldigen und zu checken, ob der sich was getan hat... Und Niko Schlotterbeck rennt dann zum Schiedsrichter und sagt "DAS WAR DOCH NICHTS!" Vielleicht sollte er an der Stelle mal auf die Reaktion desjenigen, der die allerbeste Sicht auf die Situation hatte, vertrauen. Nur so ein Gedanke.

Details. Kapitän Nummer 1 ging von Bord. So was nennt man einen Bärendienst. Genau das, was man von einem Führungsspieler erwartet. Kapitän Julian Brandt schwang sich dann zum Taktgeber auf un riß das Spiel an sich... natürlich nicht. Er läuft beim 1:0 nur mit. Er leistete sich einen Ballverlust tief in der eigenen Hälfte und ging dem Ball nicht mal zaghaft entgegen. Dazu kommt ein einziger zeigenswerter Pass in der gegenrischen Hälfte. Das sind seine persönlichen Highlights aus der Sportschau Zusammenfassung. Nach 74. Minuten des Mitlaufens musste er völlig erschöpft ausgewechselt werden, damit andere halbherzig hinterherlaufen können. Immerhin wurde es danach nicht besser. Das ist aber das einzige Positive in Brandts "Führungszeugnis": Immerhin wurde es nicht besser, nachdem er ausgewechselt wurde.

Und natürlich haben die Dortmunder gerade eine böse Verletzungsmisere. Aber genau das macht ja das Abtauchen von Can und Brandt so viel schlimmer. Denn in exakt diesen Phasen muss man als Führungsspieler vorneweg marschieren. Da muss man den jüngeren Leuten Halt geben. Das sind genau die Momente, in denen man den Unterschied ausmachen muss. Und das können beide halt nicht.

Die Verletzungsmisere ist nebenbei so schlimm, dass man sich jetzt auf die Länderspielpause freut. Denn danach wird alles besser. Da ist Can ja gesperrt und all die Spieler, an denen Brandt sich orientieren kann, sind wieder fit. Dann wird das auch wieder was.

Freitag, 8. November 2024

Schneiden sich die UEFA und die FIFA am Ende ins eigene Fleisch?

 Klar, darauf wartet man schon seit Jahren. Diese Übersättigung des Marktes sollte vor 15 Jahren einsetzen, stattdessen werden immer neue, immer hungrigere Märkte erschlossen. Und diese neuen Märkte interessieren sich auch hauptsächlich für die Champions League, da ist es ihnen egal, dass dieser Wettbewerb die nationalen Ligen kaputt gemacht hat.

Und diese Menschen freuen sich auch, aus ihrer Perspektive völlig zurecht, auf die neue Klub-WM. Denn für die Fußballfans in Asien ist die Aussicht auf ein ernst gemeintes Kräftemessen mit Real Madrid ein absoluter Fiebertraum... der demnächst wahr werden dürfte. Selbst wenn in Europa kein einziger Mensch einschaltet, werden sich in der restlichen Welt genügend Zuschauer finden, dass sich das für die Fifa lohnt.

Der Markt ist nicht das Problem. Die Spieler sind es. Denn die schlagen mittlerweile Alarm, dass sie einfach nicht mehr Einsätze ertragen können. Also weder mental noch physisch. Und direkt nachdem Rodri einen Streik ins Gespräch gebracht hat, zieht er sich einen Kreuzbandriss zu. Was auch nur verdeutlichen sollte, wie weit über dem Limit die mittlerweile sind.

Die UEFA buttert da mit ihrer Aufblähung der Champions League auch munter rein. Ich finde es ja an der Stelle lustig, dass sich die Dortmunder Fans nach dem ersten Auswärtsspiel über die Qualität der Toiletten aufgeregt haben. Ich dachte, das wäre genau die urige Form des Fußballs, die ihr unbedingt erhalten und erleben wolltet. Diese Woche hängen sie dann "UEFA MAFIA" Plakate auf. Was niedlich ist. Denn nur dank dieser "Mafia" und ihrer Machenschaften dürfen die Dortmunder dieses Jahr überhaupt mitspielen. Sie sollten also eigentlich den gesamten Wettbewerb boykottieren. Oder ihr sorgt für einen Spielabbruch. Aber so ein bisschen Aufregen beruhigt das eigene Gewissen, das reicht ja auch.

Die ersten Spieltage deuten an, dass einige Vereine begriffen haben, dass sie diese Spiele jetzt ernster nehmen müssen. Deswegen gibt es auf einmal so viele noch deutlichere Siege: Im alten Modus hätte den Bayern ein 3:0 gegen Dinamo Zagreb gereicht, jetzt gehen sie konsequent auf das 9. Tor. Und Dortmund gegen Celtic auf das siebte. 

Wie schlimm ist die Lage? Diego Simeone hat auf Sieg spielen lassen... weil er das musste. Für uns Fans ist das etwas Großartiges... für die Spieler ist es grausam. Dazu kommt halt für die Besten der Besten die Klub-WM.

Und ja, noch befindet sich der neue Modus in den Kinderschuhen. Und auch wenn es diese Woche viele überraschende Ergebnisse mit Niederlagen für Real Madrid, Paris St. Germain und Manchester City gab, nehmen alle diese Gruppenphase jetzt ernster. Oder lasst es mich korrigieren: Gerade an den Niederlagen erkennt man das. Denn die werden nicht einfach mit einem Schulterzucken zur Kenntnis genommen.

Im "alten Modus"  würde diesen Mannschaften ein Sieg im Rückspiel reichen, um den Ausrutscher auszumerzen und sich den ersten Platz in der Gruppe zu sichern. Und zumindest für Sporting wäre eine 0:4 Niederlage im Rückspiel eine bedrohlich reale Drohung...

Jetzt werden sie diese Ergebnisse bis in den April spüren. Real und den Bayern drohen 2 zusätzliche Spiele in der Zwischenrunde... und dann ein wesentlich härterer Spielplan für den Rest des Turniers.
Eines muss man der UEFA lassen: Dieser neue Modus ist für die Zuschauer genial.

Warum könnte das jetzt den Giganten schaden? Nun ja. Erinnert ihr euch noch daran, wie sich ein völlig übermüdeter Jamal Musiala sich zum Ende der Saison 2022/23 über den Platz geschleppt hat? Also klar, der hat am Ende das Tor zur Meisterschaft erzielt... nachdem er vorher für ihn unfassbare 11 Spiele am Stück nicht getroffen.
Oder ist euch aufgefallen, wie träge sich Florian Wirtz in diesem Sommer während er Heim-EM über den Platz geschleppt hat? Der war so müde, dass Julian Nagelsmann ihn im Achtelfinale auf die Bank gesetzt hat. Und auch im Viertelfinale kam er nur als Joker.
Dabei war Wirtz nicht mal wirklich schlecht. Er war nur nicht auf dem Niveau, dass er vorher in Leverkusen gezeigt hat... und welches er jetzt nach einer gewissen Pause wieder zeigt.
Ein weiteres offensichtliches Beispiel war Jude Bellingham. Klar, der konnte auch während der EM vereinzelt für geniale Momente sorgen. Aber zwischen diesen raren genialen Momenten frage man sich immer wieder, warum der nicht ausgewechselt wurde. Schließlich grenzte das an Leistungsverweigerung...

Diese 3 Spieler zeigten uns, wie sich die permanente Dauerbelastung auf das Leistungsniveau jetzt schon auswirkt. Und genau deswegen erwähne ich ja das "historische" Beispiel Musiala und dessen Wahnsinnspensum während der Pandemie. Fifa und Uefa denken sich derweil: 3 Jahre am Stück spielen? Das dürft ihr ab sofort immer.

Denn für die Spieler von Real Madrid, Bayern München und Manchester City wird es ab sofort völlig normal sein, dass sie 3 Jahre am Stück durchspielen: EM, Klub-WM, WM und erst dann gibt es wirklich eine Pause.

Wir haben jetzt schon den Punkt erreicht, an dem die größten Stars im Sommer so durch sind, dass die Qualität der Spiele darunter leidet. Zum Glück für die Uefa konnten das die jungen Stars wie Nico Williams und Lamine Yamal kompensieren. Aber kann man sich darauf verlassen, dass jedes Turnier die Jungstars so durchstarten?

Dazu kommen die zahlreichen verletzungsbedingten Ausfälle. Mittlerweile ist es völlig normal, dass das Invalidenteam ein absoluter Titelfavorit wäre, weil so verdammt viele richtig geile Spieler ausfallen.

Den Spielern ist ja bewusst, dass sie das nicht ewig so durchziehen können. Dass der Körper einfach seine Pausen braucht. Und wenn man sich diese Pausen nicht gönnt, nimmt der Körper sich die halt und fällt verletzt aus.

In logischer Konsequenz werden diese Spieler nach Möglichkeiten suchen, sich ihre Pausen zu gönnen. Und dann fällt ihnen auf, dass es da diese eine Option gibt, die sie finanziell nicht mal viel kosten dürfte.
Ich werfe jetzt mal folgende dreiste These in den Raum: Musiala, Wirtz und Bellinham werden ihre Nationalmannschaftskarriere vor dem 31. Geburtstag beenden. Die werden im Vollbesitzt ihrer Kräfte auf diese Zusatzbelastung verzichten. Und die Fifa oder Uefa werden nichts dagegen machen können.

Immer mehr Spieler werden einfach irgendwann sagen: "Ich würde gerne noch für die Nationalmannschaft auflaufen, aber ich kann einfach nicht mehr. Ich muss jede Gelegenheit zur Regeneration nutzen." Und wenn dann mit dem "Team Verletzt" und dem "Team Ruhestand" 2 Titelfavoriten auf der Couch sitzen, wird das der Strahlkraft der Turniere doch schaden. Und am Ende sind es diese beiden Turniere, die die Grundlage für die herausragende Stellung dieser Verbände sind. Selbst die Champions League hat nicht dieselbe Strahlkraft, wie eine Weltmeisterschaft. Also noch nicht.

Mich wundert es ja an der Stelle, dass ein Kevin de Bruyne noch nicht zurückgetreten ist. Es ist ja bei dem offensichtlich, dass er mit dem Zustand der Nationalelf unzufrieden ist. Und dass er seinen Höhepunkt mit dem Team schon erreicht hat. Allerdings ist de Bruyne auch offiziell die letzte Generation "vor der Klub-WM". Sobald bei den Spielern diese Zusatzbelastung wirklich in den Knien ankommt, werden sie sich auch früher zurückziehen. Und dass ein Ausnahmespieler wie de Bruyne dann als Ü31 Spieler noch für eine relativ kleine Nation spielt, wird die Ausnahme darstellen.

Mittwoch, 30. Oktober 2024

Suri Sahin zu entlassen, wird nicht wirklich helfen.

 Die Dortmunder Probleme sitzen tiefer. Was auch keine Neuigkeit ist.

Ich kam ja gestern pünktlich zum doch vermiedenen Elfmeterschießen nach Hause. Das Tor habe ich dann direkt gesehen. Was auch der erste Schuss aufs Tor war. Anscheinend haben die auf mich gewartet, wie nett von denen. Bei den Highlights fällt mir vor allem eines auf: Keiner der beiden Torhüter musste eine Parade zeigen, um bis die 117. Minute die 9 zu halten. Klar, Maximilan Beier traf den Pfosten, da hatte Kamil Grabara ein Mal Glück. Aber alle anderen Versuche gingen am Kasten vorbei. Das ist der ganz große Sport, der uns im frei empfangbaren Fernsehen geboten wurde.

Wirklich geil ist auch, dass das einzige Highlight des Spiels, also das Tor, mit dem Gewusel im Strafraum anfängt. Wer die Flanke zum Tor geschlagen hat, werden wir nie erfahren. 

Oder wie es Tom Bartels so schön ausdrückte: Dieses Spiel hätte ein Elfmeterschießen verdient gehabt. Das ist nur ein Kompliment, wenn ein großartiges Fußballfest mit 7 Toren gegeben hat. Wenn beide Mannschaften konsequent am Tor vorbeigeschossen haben, ist es eher eine 1 mit Stern im Armutszeugnis.

Die geilste Analyse kam dann zum Führungsspieler Emre Can: Der hat immerhin... nicht so viel falsch gemacht. Julian Brandt hat in der für ihn ungewohnten, tieferen Rolle ordentlich gespielt. Das war alles nicht schlimm. Also verglichen mit Marcel Sabitzer, der vor dem 1:0 eben nicht in den Zweikampf kommt.

Aber wenn im Arbeitsnachweis deiner Führungsspieler "hat immerhin nichts falsch gemacht" steht, ist das kein gutes Zeichen. Das ist genau eines dieser Spiele, in denen Can und Brandt vorne weg marschieren müssen. Also zwingend, denn das sollen ja deine Führungsspieler sein. Wenn man gemeinsam Titel holen will, müssen sie in solchen Momenten gute bis überragende Leistungen zeigen. Nicht einfach nur Mitlaufen. Aber in Dortmund laufen die Führungsspieler einfach nur mit.

Das zeigt aber auch das strukturelle Problem dieses Kaders. Man scoutet und kauft immer wieder hochtalantierte Spieler, die aber zu schnell weiterziehen. Übrig bleiben nur die ordentlichen Talente, die nicht gut genug sind, für den Sprung zu den Bayern. Oder es kommen die Spieler, die es bei Juventus Turin langfristig nur zum Ergänzungsspieler schaffen. Julian Brandt und Emre Can halt. Und weil diese Spieler dann nach dem plötzlichen und überraschenden Abgang von Marco Reus am längsten im Verein sind... werden sie zu Führungsspielern gemacht. Und das, obwohl sie auf dem Niveau, auf den Dortmund mitspielen will und die überragenden Talente mitspielen müssen, nur Mitläufer sind.

Wenig überraschend kamen Can und Brandt bei den Niederlagen gegen Union Berlin und dem FC Augsburg auf einen gemeinsamen Notenschnitt von 4,875. Beim 5:1 gegen den VfB Stuttgart geht Brandt mit einer 5,0 mit unter. Es ist also keine große Überraschung, dass von den beiden in den wichtigen Momenten viel zu wenig kommt. Es ist deren Modus Operandi.

Und zumindest bei Brandt hätte man das ja erahnen können. Also ja, der lässt seine unfassbar guten technischen Fähigkeiten immer wieder aufblitzen. Aber er taucht auch in aufeinanderfolgenden Spielen gegen Bayern und Stuttgart komplett ab und bekommt 2 mal infolge eine 5,0. In genau den Spielen, in denen es am wichtigsten wäre, vorne weg zu marschieren. Gegen den VfB Stuttgart, also einem der plötzlichen Hauptkonkurenten kommt er auf 3 unsichtbare Spiele inklusive Pokal. Und der BvB verliert alle 3 Duelle. Gegen RB Leipzig kam er bei 2 Niederlagen immerhin auf 2 Assist. Aber wirklich gut war er bei der 2:3 Hinspielniederlage laut Kicker trotz der 2 Vorlagen nicht. Das muss man erstmal schaffen, normalerweise bekommen alle Spieler mit 2 Vorlagen mindestens eine 2,5. Bei den beiden Unentschieden gegen Bayer Leverkusen war seine Leistung in Ordnung, aber nicht überragend. Und so gewinnt man, auch wenn man als einzige Mannschaft nicht gegen Leverkusen verloren hat, nur eines der 9 Spiele gegen die Top 4 in der Tabelle. Und Brandt liefer, laut Kicker Noten, in diesen 9 Spielen nicht ein Mal eine gute Leistung ab. 

Und als Belohnung wird er Vize-Kapitän und Führungsspieler. Das ist dann der Mann, an dem sich all die Talente aufrichten sollen, wenn es mal nicht funktioniert... Großartige Idee. Und ja, es gab den absurden Lauf durch in Champions League Finale, in dem sich die Dortmunder in einen Rausch steigerten und auch Brandt auf internationaler Bühne wirklich gute Spiele hatte. Aber sollte man die 3 Spiele gegen Paris St. Germain und Atletico Madrid höher einschätzen, als die jahrelange Erfahrung, die man in der Liga gemacht hat? Und das Brandt in wichtigen Ligaspielen immer wieder abtaucht, ist keine neue Erkenntnis. 

In seiner gesamten Karriere hat er insgesamt 2 gute Spieler gegen die Bayern (also Kickernote 2,5 oder besser) im Zeugnis stehen: am 4.12.21 war er wirklich gut, auch wenn es am Ende eine Niederlage gibt. Bester Dortmunder. Und beim 3:1 Sieg von Bayer Leverkusen bekam er eine 2,0. Richtig gelesen: Sein 2. gutes Spiel war noch nicht mal im Dortmunder Trikot, sondern stammt aus der Saison 2018/19. Im Gegensatz bekam er 8 mal die Note 5,0 oder schlechter. Inklusive einer 6,0 bei einem 4:0 in München.

Das ist ja die nächste wichtige Erkenntnis: Brandt ist kein junger Spieler mehr. Der kann dem Tod gelassen ins Auge sehen. Und er hat schon in verdammt jungen Jahren verdammt viel Erfahrung gesammelt. Er hatte viele verschiedene Trainer... und keiner von denen schaffte es, dieses ständige Abtauchen abzustellen. 

Damit will ich nicht sagen, dass Brandt per se ein schlechter Spieler ist. Für 14 Bundesligisten wäre er eine ganz klare Verstärkung. Und wenn er, umgegeben von Führungsspielern, ein stabiles System vorfinden würde, könnte er auch auf gehobenem Niveau mitlaufen. Er ist aber ganz offensichtlich nicht der Spieler, der für dieses stabile System sorgen kann.

Dass er zum Führungsspieler hochgestolpert ist, war aber auch alternativlos. Irgendjemand musste es ja machen. Marcel Sabitzer ist so ein wenig das Gegenteil von Brandt, weil er an den Feiertagen groß aufspielen kann... aber ihm fehlt auch definitiv die Konstanz. Pascal Groß hat mit 32 den Schritt vom englischen Mittelklasseverein in die Königsklasse geschafft. Der muss primär erstmal froh sein, dass er überhaupt in der Champions mitspielen darf. Emre Can ist der lebende Beweis, dass dieses Mentalitätsding ja ganz nett ist, dass man aber ab einem gewissen Niveau auch ordentlich kicken können muss. Nilas Süle musste sich erstmal selbst aus seinem persönlichen Motivationsloch herausarbeiten. Ramy Bensebaini ist nur ein Ergänzungsspieler. Serhou Guirassy spielt ebenfalls seine erste Champions League Saison und ist halt mehr der Vollstrecker, als ein Vorneweg Marschierer. Alle anderen Feldspieler sind jünger als Brandt. Teilweise deutlich jünger. 

Die kurzfristigste Lösung wäre ja ein Nico Schlotterbeck, dem ich den Sprung zum Führungsspieler mit seinen noch 24 Jahren am ehesten zutrauen würde. Aber wenn der Junge wirklich den Sprung zum Innenverteidiger auf gehobenen internationalem Niveau macht, macht er als nächstes auch den Absprung zu einem besseren Verein. Die einzige Hoffnung ist und bleibt, dass sich Schlotterbeck so in diesen Verein verliebt, dass er bleibt, obwohl er zu einem besseren Verein gehen kann. Was halt relativ unwahrscheinlich ist, weil er seine Wurzeln halt in Freiburg und nicht in Dortmund hat.

Bleibt also die langfristige Hoffnung, dass Dortmund das Problem löst, indem sie selber einen Jungen aus dem Ruhrpott ausbilden, der die BvB DNA mit der Muttermilch aufgenommen hat und deswegen, wie ein Marco Reus, die Angebote der größeren Konkurrenz ausschlägt. Man muss dann nur noch darauf hoffen, dass der Körper dieses Spielers der Belastung auch standhält, was ja bei Reus auch immer ein Problem war. Also realistisch bedeutet dies, dass sie Tom Rothe und Felix Passlack so entwickeln, dass man die in 2 Jahren für jeweils 30 Minuten zurückkaufen muss... Geiler Plan.

Denn da sind wir aber schon wieder an dem Punkt, dass seit 15 Jahren kein Dortmunder Junge den Durchbruch bei den Profis geschafft hat. Und ja, dass Rothe jetzt bei Union so durchstartet, ist ein ganz schlechtes Zeichen für die "Wir haben denen doch eine Perspektive aufgezeigt" Fraktion im Verein. Denn anscheinend ist der Junge schon gut genug, um die Außenbahn in der Bundesliga zu beackern. Aber im eigenen Verein wurde er halt nicht geschätzt und man setzt weiter auf andere, eingekaufte Spieler wie Julian Ryerson. Und Ryerson ist auch einer der Spieler aus der Kategorie "Nett, aber nicht gut genug für die Bayern". Rothe könnte das vielleicht noch werden, man entschied sich aber dafür, ihn zu verkaufen. 

Dortmund wird es also nie schaffen, die Führungsspieler, die sie zwingend brauchen, einzukaufen, weil sich diese Spieler immer für einen größeren Verein entscheiden werden. Sie werden es aber auch nie schaffen, diese Spieler selbst auszubilden, weil ihre eigene Jugendarbeit beschissen ist und sie lieber auf ausländische als auf eigene Talente setzen. 

Damit wird man sich auch in den nächsten 5 Jahren in genau dieser Endlosschleife befinden: Man hat eine hochtalentierte Mannschaft, die an guten Tagen fast jeden Gegner an die Wand spielen kann, der es aber an Stabilität mangelt, um auch an nicht so guten Tagen die Spiele konstant zu gewinnen. So wird der Vorstand immer denken, dass da eigentlich mehr gehen müsste, aber nie begreifen, dass es dafür ein grundlegendes Umdenken an der Akademie geben muss.

Dass Nuri Sahin anscheinend kein wirklich guter Trainer ist, hilft in diesem Moment nicht wirklich weiter. Einen Azubi mit dieser beinah unlösbaren Aufgabe zu beauftragen, ist aber auch naiv. Zu glauben, dass ein anderer Trainer dieses Problem lösen kann, ist aber ebenfalls naiv.

Freitag, 25. Oktober 2024

Da schreiben sich die Witze ja von alleine

 Von "Das sieht ja wieder aus wie bei Flick" zu "Das sieht ja aus, wie bei Klinsmann" in 90 Minuten... das ist schon stark. Macht echt Spaß, da ins Stadion zu gehen.

Ich fand die ganzen Loblieder auf Vincent Kompany etwas übertrieben. Klar, mehr Spektakel und so... aber am Ende wird er entlassen, wenn er keine Titel holt. Und bisher...

Hat der Dynamo Zagreb und den VfB Stuttgart geschlagen. 2 Siege gegen Champions League Teilnehmer... Dazu kommen 2 Unentschieden gegen Leverkusen und Stuttgart und die Niederlagen gegen Aston Villa und Barca. Und das, obwohl Barca jahrelang quasi ein Freilos für die Bayern waren. Ist schon nicht sooo überzeugend. Jetzt rechnet man schon nach, wieviele Punkte man eigentlich fürs weiterkommen braucht... Und Zagreb ist an ihnen vorbeigezogen.

Damit sind wir bei Eberl und selbst schreibende Witze: Der Kicker titelte nach der Klatsche, dass das auch neben dem Platz nicht Bayern-like war. Unter anderem, weil Eberl ja nach der Partie scharf austeilte. Und ich dachte so: Stimmt, die Schuld wurde gar nicht bei Julian Bernat gesucht.

Ganz ehrlich: Ich war überrascht, wie schnell Eberl sich da integriert hat. Wie gut er jetzt schon von Uli Hoeneß und Karl-Heinz Rummenigge gelernt hat. Denn sinnlos und scharf gegen andere zu schießen, ist doch deren Modus Operandi. Das hat beim Kicker nur niemals jemand mitbekommen, da kritisch über die beiden berichten dort nie eine Option war. Deswegen gingen die Shit Storms auch meistens an Georg Holzner vorbei. Deswegen ist der jetzt auch überrascht, wenn Bayern Verantwortliche Bayern-Dinge tun. 

Lustiger war ja nur... Real Madrid. Die dachten sich "Uns reichen auch 30 Minuten, um Dortmund 5:0 abzuschießen. Und um das zu verdeutlichen, haben sie Dortmund erstmal 2 Tore gegönnt. Das ist die Arroganz eines Champions...

Nebenbei hat dieses Wochenende echt nur der VfB Stuttgart gewonnen. Das war ihr erster RB Leipzig wartet nach 3 Spieltagen noch auf den ersten Sieg. Bayerl lässt gegen Brest Punkte liegen und Dortmund stellt nach 60 Minuten die Arbeit ein. Das sieht nicht so wirklich gut für die Dortmunder aus. Wenn das so weiter geht, müssen die dieses Jahr echt Vierter werden, um sich nächste Saison für die Königsklasse zu qualifizieren. Und wirkliche Fortschritte sind unter Nuri Sahin ja nicht zu erkennen, da ist das schon eine ernst zunehmende Hürde.

Aber es bleibt dabei: Der neue Modus macht schon Spaß. Also zumindest für zynische Arschlöcher wie mich.

Montag, 21. Oktober 2024

Wie geht es denn dem Lazarett so?

 Digitale Helfer gezückt, ich bin halt so ein Typ: Wenn ich behaupte, dass all die verletzten Nationalspieler am Wochenende wieder fit sein werden, muss ich das ja auch nachgucken, wie diese Prognose so ausging.

Wir fangen mal direkt mir Florian Wirtz an, der ja auch angeschlagen ausgefallen ist... und am Samstag tatsächlich nur als Joker gebracht wurde, um den Punktverlust gegen Frankfurt abzuwenden. Den erwähne ich vor allem, weil wieder deutlich wurde, wie absurd gut der Mann ist. Der hebt seine Mannschaft auf ein völlig neues Level. Und ja, er war wieder einsatzbereit, er wurde nur geschont.

Sein Partner in National Crime Jamal Musiala saß tatsächlich nur auf der Tribüne. Der wird also erst in der Champions League wieder fit sein.

Der dritte Offensivspieler im Bund, Kai Havertz, konnte, wie Robin Koch, 90 Minuten lang auf dem Platz stehen. 

Bei RB wurde Benjamin Henrichs nur eingewechselt, war aber Verfügbar. David Raum ist dagegen weiterhin verletzt. Damit standen 2 der 6 kurzfristigen Ausfälle am Wochenende nicht auf dem Platz. Das ist eine bessere Trefferquote als bei Didi Hamann, so werde ich nie zum Experten.

Nebenbei ist auffällig, dass die deutschen Champions League Teilnehmer von den Verletzungen am schlimmsten "gebeutelt" wurden, während die Spieler bei Arsenal und der Eintracht in der Startformation standen. Auch wenn es Arsenal nicht gehlofen hat und die wichtige Punkte im Titelrennen liegengelassen haben. Dabei ist doch noch gar nicht Dezember...

Da bleibt aber die Frage, ob die wirklich noch angeschlagen und verletzt waren, oder ob sie für die wichtigeren Aufgaben unter der Woche geschont wurden. Was sich Bayern und RB halt eher leisten kann, als Arsenal. Klar, ich rede mir meine eigene Statistik schön, aber genau das macht man als Experte halt... Hier stößt man aber auch auf das Problem, dass niemand wissen kann, wie schlimm diese "Rückenprobleme" halt sind. Vielleicht hat Jamal auch einfach unter der Woche beim Umzug geholfen und sein Ausfall hat gar nichts mit dem Sport zu tun...

 

Und sonst so? Da ist die wichtigste Frage: Ab wann muss Christian Streich sich für seine Arbeit kritisch hinterfragen lassen? So, wie die Mannschaft unter Julian Schuster spielt, muss die Frage erlaubt sein, was ein besserer Trainer aus dieser Mannschaft in den letzten Jahren herausgeholt hätte? Ernsthaft... ich war ein wenig überrascht, dass Streich das bei seiner Sportschau-Cameo nicht selber angebracht hat. Ich hätte dem Mann genügend Ironie zugetraut, dass er seine "Analyse" zum aktuellen Saisonstart der Freiburger mt einem "Da sieht man mal, was ein guter Trainer aus der Truppe rausholen kann" beginnt...

In Gladbach hatte Tim Kleindienst das dümmste "Revenge Game" gegen seinen Ex-Verein der Saison. Starke Leistung... Schöner Doppelpack! Das bedeutet aber auch nur, dass Seoane weiterhin sein Trainer bleibt und nicht durch Schmidt ersetzt werden kann. Das wird ihm langfristig nicht helfen.
Kleindiest nach Gladbach könnte nebenbei die neuste Version des Oliver Baumann nach Hoffenheim Wechsels werden: Dieses "Ich gehe zum dem Verein, weil ich da mehr Potenzial sehe"... nur damit der alte Verein an dir vorbeizieht. Und dass ich mir dieser Gedanke durch den Kopf schießt, soll nur als Beleg genutzt werden, wie absurd gut die Arbeit von Frank Schmidt ist.

In München hat Harry Kane erst den Gomez der Woche produziert, um dann einen Hattrick nachzulegen. Das er beides in einem Spiel kann, zeigt auch nur, wie gut der Mann wirklich ist. Nur Schade, dass es dafür keine echten Titel gibt...

Er hatte aber auch Hilfe von Alexander Nübel. Klingt böse, da der Treffer zum 0:1 kein wirklicher Torwartfehler war. Das war halt nur einer dieser "Als designierter Bayern- und damit designierter National-Torwart solltest du solche Bälle halten" Momente. Oder: Ein junger Manuel Neuer hätte den gehabt, der Alte eher nicht.

In Bochum gab es die erste Trainerentlassung der Saison. Sieht fast so aus, als würden die diese Saison mehr als einen Dead Coach Bounce brauchen, um eine Chance auf den Klassenerhalt zu haben. 

Und natürlich wurde wieder über den VAR diskutiert. Was auch sonst. Das lustigste ist ja Knut Kirchers Erklärung, warum bei der "Rettungsaktion" von Jonathan Tah in letzter Minute nicht eingegriffen wurde: Die Situation war so offensichtlich, dass es gar keine Fehlentscheidung gewesen sein kann, weil der Schiedsrichter ja freie Sicht hatte... Gut, die hat er bei den meisten Handspielen auch, aber Details. 

Also ja, Kircher hat im Kern recht: Es kann nicht sein, dass Felix Brych bei so einer einfachen und übersichtlichen Szene die Hilfe des VARs braucht. Er muss das in "seinem Ermessenspielraum" beurteilen können. Es ist aber ein Problem, wenn alle außer Brych, Kircher und Xabi Alonso zu einer anderen Auslegung der Regel kommen und Elfmeter geben würden.
Es ist auch doppelt lustig, weil Leverkusen selbst vorher einen fragwürdigeren Elfmeter bekommen hat. Also in der 5. Minute hat ein geringerer Pfiff trotz VAR Eingriff zum Elfmeter gereicht. In der 91. reicht mehr Kontakt, obwohl Tah nicht mal die Aussicht auf den Ball hat, nicht aus. Das ist doch logisch, oder?