Donnerstag, 5. September 2024

Die andere lustige Frage in der Ausgabe

 ging an Manuel Neuer: "Gibt es ein Spiel, das sie gerne noch mal spielen würden?" Und die Antwort lautet: die EM Halbfinale 2012 und 2016...

Nicht das dritte Gruppenspiel der WM in Russland gegen Südkorea, obwohl das viel mehr Sinn ergeben würde. Also lieber nochmal die an sich ordentlichen Turniere nachspielen, als das historische Verkacken korrigieren. 

Aber das fällt ja gerade extrem auf: Über die letzten Weltmeisterschaften wird einfach nicht mehr geredet. Nicht nur das: Die Turniere werden bei der Bewertung der Weltmeister-Generation völlig außen vor gelassen. Natürlich wäre es auch unangenehm, beim großen Abschiedsinterview nach den absoluten Tiefpunkten zu fragen. Kritischer Journalismus würde aber genau das machen. Aber so was gibt es ja beim Kicker nicht.

Wenn man sich mit einem souveränen Sieg gegen Südkorea als Gruppenerster durchgesetzt hätte, wäre der Gegner im Achtelfinale aus der Schweiz gekommen. Da hätte man sich doch noch ins Viertelfinale schleichen können, wo es gegen England ging. Da hätte der Mythos der Turniermannschaft eingesetzt. 2014 war man schließlich auch erst ab dem Viertelfinale wirklich gut...

Aber gut, so ein Halbfinale ist natürlich traumatisierender. 

Die Turniere zwischen 2016 und 2024 werden ja aber allgemein einfach ausgeblendet. Also zumindest für die jetzt endgültig ausgeschiedene Weltmeister-Generation. Ein Joshua Kimmich muss sich damit immer noch bei jeder Gelegenheit rumschlagen. Wenn er in 2 Jahren nicht Weltmeister wird, werden wir bei ihm immer als Erstes ans Vorrundenaus denken... İlkay Gündoğan hat diesen Kampf jetzt ja aufgegeben. Aber sein wir ehrlich: Bei Kimmichs Abschiedsinterview werden die verkackten Turniere angesprochen werden.

Es fordern jetzt ja auch verdammt viele ein Abschiedsspiel für Thomas Müller. Dass der theoretisch nach der EM 2014 hätte zurücktreten können... oder spätestens nach dem 2. Vorrundenaus, welches er als Stammspieler miterlebt hat, zurücktreten müssen. Bei der kritischen Zählweise kommt der auf 50 Abschiedsspiele. Und ein letztes Abschiedsturnier. 50 Spiele, in denen er nebenbei als Offensivspieler wenig bis nicht für die Nationalmannschaft geleistet hat.

Um das nochmal zu verdeutlichen: Müller und Neuer waren Stammspieler bei der WM 2018 und 2022. Sie tragen als Führungsspieler eine elementare Verantwortung für diese katastrophalen Turniere. Trotzdem bringt sie niemand mit diesen Turnieren in Verbindung. Wer so viel Scheiße baut, ohne dass irgendwas hängen bleibt, sollte dringend in die Politik gehen. So viele Gelegenheiten zum Rücktritt lassen sonst nur CDU Politiker aus.

Wirklich absurd wurde es, als es Tage vor dem Rücktritt ja hieß, dass Neuer immer noch der Beste ist. So unsachlich ist die Debatte über diesen Torwart mittlerweile. Und dann zählt man alle Fehler, die er vor dem Turnier gemacht hat, auf und verdeutlicht damit, dass er eigentlich vorher auf die Bank gehört hätte... und dann kommt ein "Ja, aber vor dem Patzer gegen Real Madrid hat er doch gut gehalten."

Dabei habe ich höchsten Respekt davor, dass Neuer sich nach seiner schweren Skiverletzung wieder zurückgekämpft hat. Das wird natürlich auch im Interview erwähnt. Und 4 Seiten später wird dann darüber sinniert, wie weit weg Sepp Meier wäre, wenn sein Autounfall nicht die Karriere über Nacht beendet hätte.

Neuer hatte, obwohl er quasi alles gewonnen hat, den Ehrgeiz, sich zurückzuquälen. Davor habe ich den höchsten Respekt. Und darauf kann man als Nationaltrainer durchaus auch bauen. Als Ersatzkeeper kann man da wunderbar moralischen Support für die Mannschaft spenden. 

Aber Neuer hat halt auch seit seinem Comeback eine eklatante Schwäche: Er lässt zu viele Bälle, die er früher festgehalten oder zur Ecke geklärt hätte, nach vorne prallen. Damit ist es ausgeschlossen, dass er noch "der Beste" sein kann. Denn wenn man diesen Titel, den Neuer ja auch lange genug gehalten hat, innehaben will, darf man sich keinerlei Schwächen erlauben.

Ich habe hier ja bereits mehrfach ausgeführt, dass alle Torhüter sich mit einem Idealbild von Manuel Neuer vergleichen müssen. Also alle, außer Neuer selbst. Da wird selbstverständlich davon ausgegangen, dass er immer noch so gut ist, wie er damals war, auch wenn die Faktenlage ein anderes Bild aufzeigt.

Aber gut, das ist jetzt ja nur noch das Problem der Bayern. Die werden Neuer jetzt so lange spielen lassen, wie er will. Er wird noch den einen oder anderen Meistertitel einfahren, weil die Bayern in der Bundesliga einfach zu dominant sind, als dass seine einzelnen Patzer einen Unterschied ausmachen. Und in der heißen Phase der Champions League gucken dann alle entsetzt, wenn er wieder patzt...

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen