Dienstag, 4. Juni 2024

Was ich ja auch gerade niedlich finde

 Was die Dortmund Fans da gerade abziehen... und abziehen müssen.

Also zunächst mal, dass die sich mit dem Motto "Mehr als ein Verein" zu "den Guten" im Champions-League-Finale verklärt haben. Also klar, Außenseiter war man... aber deswegen ist nicht zwingend "gut".

In diesem Finale hat ein Verein, der zu 100 % seinen Mitgliedern gehört, eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung & Compagnie Kommanditgesellschaft auf Aktien geschlagen. Dieser Name ist so kompliziert, weil er extra für die Borussia als Fußball-AG erschaffen wurde. Ware Liebe und so. 

Aber das ist ja so ein unangenehmes Detail, welches konsequent ignoriert wird: Wenn die Fans gegen Investoren und Kommerzialisierung protestieren, müssen sie eigentlich auch gegen Borussia Dortmund protestieren. Denn die saßen bei der Durchkapitalisierung vorne links am Steuer des ehemaligen Vereinsfußballs.
Um das nochmal zu verdeutlichen: Von Real Madrid gibt es gar keine Aktien, weil das immer noch ein eingetragener Verein ist. Auch wenn es am Ende natürlich nur bedeutet, dass derartigen Rechtsformen mehr Schein als Sein sind. Denn wirklich "gemeinnützig" ist Real doch nur für den Steuerbescheid. Wobei man jetzt natürlich schon behaupten können, dass so vielen Menschen so viel Freude zu bereiten, indem man ständig Titel holt, schon auch für die Gemeinheit ganz nett ist.

Jetzt sind die Dortmunder aber noch mehr als eine komplizierte Rechtsform. Sie werden jetzt auch noch von einem Rüstungskonzern gesponsort. Das ist der nächste Dammbruch bei der Turbokapitalisierung. Oder am Ende relativ geschickt, denn sie nehmen jetzt ja nicht das Geld der russischen Oligarchen, sie nehmen das Geld von der Firma, bei der jahrelang der Rubel gerollt ist, weil sie den Russen Waffen verkauft haben. Oder noch in Milliardenumfang verkaufen wollten. Und auch wenn sie damit vor 10 Jahren aufgehört haben, so werden sie jetzt trotzdem noch Deals mit den Öl-Scheichs der Welt abschließen. Das mag jetzt übertrieben wirken, aber gute Menschen kaufen halt keine Waffen. Oder zumindest nur so wenige davon, dass sich das Geschäft nicht lohnt.

Die Dortmund-Fans machen genau das, was jetzt erwartbar war: Sie regen sich auf und starten "Protestchen". Also ja, die Verniedlichung von Protesten. Da wird dann im Finale ein meterlanges Banner ausgehangen, dass man auch da gegen Sportswashing ist. Aber so richtig konsequenter Protest, der einem auch selbst weh tut... was in den meisten Fällen die einzige wirkungsvoller Möglichkeit ist? Nein, danke!

Mich erinnert das nebenbei ein wenig an die "Beschwerden" über die geänderte Ausschüttung von Spotify an die Künstler... zulasten der Kleinen, zum Vorteil der Großen. Da haben sich dann verdammt viele online darüber beschwert, aber keiner hat seinen Account gelöscht und sein Abo beendet. Obwohl genau das die wirkliche Lösung gewesen wäre: Spotify abmelden und den kleinen Künstlern über Bandcamp direkt bezahlen. Aber Spotify ist so bequem... Deswegen ging diese Anpassung am Ende doch einfach durch.

Wenn jetzt die 50.000 Fans in London einfach nicht ins Stadion gegangen, sondern davor getrauert hätten, wäre der Deal jetzt schon wieder abgesagt. Oder wenn die Dortmund Fans ihre Dauerkarten und ihre Mitgliedschaft kündigen würden. Aber eine Finale verpassen ist schon hart. Und wenn man seine Dauerkarte kündigt, bekommt man die ja nie wieder, weil ja schon der Nächste ansteht und eine haben will. Das hätte dann ja richtig unangenehme Konsequenzen. Das kann ja nicht gewollt sein.
Wobei ich hier einschieben muss: So ein Finale abzusagen, weil der eigene Vorstand so dumm ist, diesen Deal kurz vorher bekannt gegeben hat, wäre schon wirklich hart. Dass sie das nicht durchgezogen haben, kann ich schon nachvollziehen. Aber die nächsten 3 Jahre nicht hingehen, wäre jetzt die einzige wirkungsvolle Protestform. Oder jeden 2. Samstag für Spielabbrüche zu sorgen, da wäre ich aber vorsichtig, Dortmund hat jetzt Zugriff auf Panzer...

Nebenbei, um den nächsten Bogen zu schlagen, lernen wir ja auch gerade, dass es keine schlechte Presse gibt. Also weil Gigi D'Agostinos Lied plötzlich auf Platz 1 einsteigt, weil Rassisten den Text dazu umgedichtet haben und das gefilmt wurde. Der Künstler hat damit nichts zu tun und wird wahrscheinlich überrascht auf seinen Kontostand gucken und sich fragen, warum dieser "alte Schinken" plötzlich so gut läuft.
Eigentlich sollte der "Sylt-Skandal" dazu führen, dass dieses Lied, so wenig es dafür kann, erstmal weniger gespielt wird... Das Gegenteil ist der Fall. Genauso wie bei Rammstein, deren Alben vor einem Jahr wieder in die Charts geschossen sind. Solange man, warum auch immer, irgendwo ins Gespräch kommt, steigert sich immer auch der Umsatz.

Wenn die Dortmund Fans jetzt also "leisestark" gegen Rheinmetall protestieren, sorgt das nur dazu, dass dieser Name jetzt mehr im Umlauf ist. Man erweitert direkt die Reichweite, und damit auch den Erfolg, des Werbedeals. 

Am Ende bleibt mal wieder festzuhalten: Borussia Dortmund sind nicht "die Guten". Sie sind nur schon so lange "Die Bösen", dass wir vergessen haben, wer das Böse eigentlich eingeführt hat. Und wenn die Fans sich über die fortschreitende Kommerzialisierung aufregen, ist das absolut verlogen. Denn ohne die Leistungen des BvBs wäre der Fußball gar nicht für RB interessant geworden. Das sind nur die Geister, die ihr rieft.
Aber das sind dieselben Fans, die nächste Saison NICHT gegen die Aufblähung der Champions League protestieren werden, weil man ja nur gegen die Kommerzialisierung ist, wenn andere davon profitieren. Es passt also genau ins Markenkonzept.

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