Er führt zu schlechterem Sport. Darüber redet nur halt keiner, das wird einfach nur akzeptiert.
Also das wirklich schöne an einem Champions League Viertelfinale ist ja: Da treffen praktisch nur noch gute Mannschaften aufeinander. Zumindest würde das stimmen, wenn Juventus das nicht überraschend verkackt hätte. Und ja, Benfica und Villareal versauen mir jetzt natürlich ein wenig das Narrativ. Und ja, es war auch abzusehen, dass die Bayern gegen eine dieser Mannschaften antreten darf. Wobei man ja nach dem Hinspiel auch Villareal neu bewerten muss: Es war am Ende doch kein Zufall, dass die Juve geschlagen haben... Wenn man sich die 6 restlichen Mannschaften so anguckt...
Oder nehmen wir letztes Jahr, wo Porto und Dortmund die "schwachen Außenseiter" waren. Und ja praktisch lässt sich jedes Viertelfinale so zusammenfassen: 6 richtig gute Mannschaften plus 2 Außenseiter treffen aufeinander. Die 6 sind quasi immer dieselben: Bayern, Manchester City, Chelsea London, Liverpool, Real und Atletico Madrid sind buchstäblich Dauergäste. Das ist ja, wie in meinem letzten Dortmund Post erörtert, ist ihr Problem, dass sie nicht in diesen elitären Kreis vordringen können. Wenn die Auslosung perfekt verlaufen würde, käme noch Paris St. Germain dazu. Und demnächst hoffentlich wieder Barcelona. Ein Viertelfinale aus diesen 8 Mannschaften wäre wirklich ideal. Also zumindest, wenn es nur um den Sport geht und man all die politischen Probleme ausblendet.
Das wären dann 8 richtig herausragende Spiele. Ansetzungen, die man sich auch anguckt, wenn man sich für keine dieser Mannschaften wirklich interessiert. Einfach nur, weil es hochklassigen und spannenden Fußball geben wird. Und auch wenn Diego Simeone für seine Taktik regelmäßig kritisiert wird, so ist es doch spannend, dass er die besten Offensivabteilungen der Welt regelmäßig vor unlösbare Probleme stellt.
Also um das mal wieder an meinem heimlichen Lieblingsspieler festzumachen, der ja anscheinend wirklich auch noch die nächste EM sabotieren will: Thomas Müller ist bei diesen 6 Mannschaften, die ernsthaft um den Titel mitspielen wollen, der schlechteste Feldspieler. Nicht, weil der Mann so furchtbar ist, sondern weil alle anderen richtig richtig gut sind. Ein weiteres praktisches Beispiel, auf das sich eher alle einigen können, ist Dayot Upamecano. Also Hansi Flick hat dem ja schon Salzburg nicht zugetraut. Die Luft für ihn dürfte eher noch dünner werden. Upamecano muss in den nächsten 1-2 Jahren nochmal einen Schritt nach vorne machen, wenn er wirklich um diesen Titel mitspielen will.
Beides sind Spieler, mit denen man mit 10 Punkten Vorsprung Meister werden kann. Mit denen man um jeden Titel der Welt mitspielt... außer um den Henkelpott. So hoch ist das Niveau spätestens ab dem Halbfinale.
Und der Fakt, dass all diese Mannschaften 20 gute Spieler zur Auswahl haben, macht die ganze Sache auch nur noch spannender, denn es wird wirklich taktische Feuerwerke geben. Also nicht nur Pep Guardiola wird sich eine spezielle Aufstellung mit einer konkreten Ausrichtung für diese Spiele und den einen Gegner ausdenken. Pep wird es wie immer zu kompliziert machen und daran dann scheitern. Aber auch dieser Aspekt macht diese Spiele nur noch spannender. Das ist der eine Moment, wo die Frage "Welcher Trainer findet die richtigen Lösungen?" wirklich relevant ist.
José Mourinho war ja auch deswegen so überragend erfolgreich, weil er genau das besser geschafft hat, als jeder andere. Also Inter Mailand hat ja den destruktiven Anti-Barca-Fußball damals nicht in der Liga, sondern wirklich nur in der K.O. Phase der Champions League gespielt. In der Serie A wurde man mit 75 erzielten Toren Meister. Trotzdem schaffte Mou es in den wirklich wichtigen Spielen immer wieder, sich tief in seinem eigenen Strafraum zu verbarrikadieren, weil dies die einzige Chance war, Barca auszuschalten. Solche Adaptionen bringt halt nur die Champions League mit sich.
Ich verfolge ja auch immer gerne die amerikanischen Sportarten. Und ja, da gibt es mehr Abwechslung, aber dafür gibt es halt auch schlechteren Sport. Also machen wir es mal konkret: die Cincinnati Bengals zogen gerade mit einer historisch schlechten Offensive Line in den Superbowl ein. Also historisch schlecht bedeutet hier: Es hat noch nie jemand so viele "Sacks" in einem Playoff Spiel abgegeben und gewonnen. Aber ihr Gegner, die Kansas City Chiefs hatten halt ebenfalls genügend Löcher in ihrem Roster, weshalb man trotzdem gewinnen konnte. Im Superbowl war man dann weitgehend chancenlos, auch wenn das Endergebnis relativ knapp aussah.
Ich würde halt wirklich gerne mal einen Superbowl sehen, in dem 2 richtig gute Teams gegeneinander antreten. Mannschaften ohne offensichtliche Schwächen, sondern mit guter Offensive und guter Defense. Damit man dann mal wirklich sehen kann, wie Trainer nach Lösungen suchen, wenn es keine einfachen und offensichtlichen Ansätze gibt. Von mir aus dürften auch schon die Halbfinale mit solchen Mannschaften besetzt sein. Aber jedes Team kommt mit offensichtlichen Löchern in ihrem Kader.
Dazu kommt natürlich noch erschwerend der Faktor Verletzungen: Also man kann es sich sowieso nicht leisten einen kompletten Kader zusammenzubasteln. Dann muss man in einem Kollisionssport auch noch davon ausgehen, dass Spieler wegen Gehirnerschütterungen ausfallen...
Um da mal ganz konkrete Konsequenzen zu nennen: Die Chiefs haben gerade einen der besten Receiver der Welt abgegeben. Nicht, weil sie ihn nicht mehr haben wollten, sondern ausschließlich, weil sie ihn nicht bezahlen können. Eine der besten Mannschaften der Liga muss sich zwangsweise selber schwächen. Und wir reden hier über einen Spieler, den man selber über 5 Jahre so groß gemacht hat, wie er jetzt ist. Und diese "Gute Mannschaften werden auseinandergerissen, weil man nicht alle bezahlen kann" Geschichte gibt es ständig. Also Seattles Legion of Boom sei da mal demonstrativ genannt: Als man dann anfing seinen Quarterback angemessen zu bezahlen, musste man diesen Kern auseinander reißen, weil dafür nicht mehr genügend Geld übrig war... überraschenderweise kehrte man nie in den Superbowl zurück und musste jetzt diesen Quaterback abgeben, weil der keine Perspektive mehr in seiner Franchise sah.
Der Salary Cap in der NFL führt halt immer wieder dazu, dass gute Arbeit bestraft wird. Dass Mannschaften, die über mehrere Saisons und durch harte Arbeit entwickelt werden, nie ihren wirklichen Höhepunkt erreichen können, weil man die Spieler einfach nicht bezahlen darf, sobald sie mehr als die Rookie-Verträge bekommen wollen. Dieses "darf" ist dabei entscheidend, denn es würde ja genügend Geld erwirtschaftet werden um die Gehälter zu übernehmen. Das finde ich furchtbar. Wenn dieser Cap nur verhindern würde, dass man sich künstlich Superteams zusammenkauft, wäre ich ja sogar dafür. Aber stattdessen verhindert er praktisch, dass sich gute Mannschaften über Jahre entwickeln können.
Nehmen wir mal das nächste offensichtliche Beispiel: die NBA Finals. Nun hat die NBA den Vorteil, dass es dort einige Ausnahmen gibt und man deswegen die selber entwickelten Spieler behalten kann. Es wird dann halt nur richtig teuer. So viel Geld will dann doch niemand bezahlen.
Ich würde wirklich gerne mal eine Best of 7 Serie sehen, in dem jede Mannschaft 10 bis 12 gute Spieler zu Verfügung hat. Also Spielern, denen der Trainer auch wirkliche Rollen zutraut. Und dann reagiert der Trainer auf die Entwicklungen im Spiel und wechselt entsprechend. Stattdessen setzte der Sieger der letzten Finals im Endeffekt 9 Spieler ein. Wobei der 9. Spieler schon nicht auf mehr als 60 Minuten (oder 10 Minuten pro Spiel) kam. Die große taktische Anpassung war dann, dass man den einen Spieler, der nicht gut genug war, aus der Rotation zu nehmen und die Stars noch mehr spielen zu lassen. 75 % aller Anpassungen lassen sich darauf beschränken.
Die Trainer würden sich garantiert freuen, wenn sie brauchbare Optionen auf der Bank sitzen hätten. Aber der General Manager kann diese Spieler, dank des Salary Caps, einfach nicht bezahlen. Also füllt man die Bank mit Sparringspartner auf, die man in entscheidenden Spielen niemals einsetzen würde... oder dem Bruder des Superstars. Aber diese Spieler dürfen sich am Ende "Worldchampion" nennen, weil die Amis so gerne übertreiben. Und ja, man findet in jedem NBA Kader 2-3 Spieler, die für diesen Titel eigentlich nichts gemacht haben, außer einen Minimalvertrag zu unterschreiben und mit dem Handtuch zu wedeln...
Und ja, ich habe selber mal darüber nachgedacht, ob ich eine "Schlechteste Spieler, die je die Champions League gewonnen haben" Serie starte... aber es gibt halt einfach nicht viele Kandidaten.
Das führt es halt auch zu völlig abgefuckten Narrativen. Konkretes Beispiel: Ganz praktisch gesehen gibt es für Zlatan Ibrahimović keine Entschuldigung dafür, dass er nie in einem Champions League Finale gespielt hat. Er hatte immer die Möglichkeit zu richtig guten Mannschaften zu wechseln... und er hat es ja auch bei genügend Vereinen versucht. Er ignoriert das einfach und glaubt weiterhin, dass er der Größte aller Zeiten war und dass wir etwas verpassen werden, wenn er mal nicht mehr spielt. Da ich erst ab dem Viertelfinale hingucke, wird sich für mich wenig ändern...
In amerikanische Sportarten gibt es aber haufenweise Stars, die nie einen Titel gewonnen haben oder das Finale erreicht haben... einfach nur, weil der Besitzer keine Luxussteuer bezahlen wollte. Oder weil man einfach nicht genügend notwendige Verstärkungen bezahlen konnte. Ich nenne mal demonstrativ den Sympathischsten: Steve Nash. Dirk Nowitzki wurde ja am Ende auch dafür gefeiert, dass er über 20 Jahre bei einem Verein gespielt hat... er hat aber auch mehr oder weniger zugegeben, dass er dies nur machen konnte, weil er nicht als "Ring Chaser" günstigere Verträge bei der Konkurrenz annehmen musste, da er seinen Titel schon hatte.
Und das ist halt auch so ein ekliger Aspekt des Salary Caps: Während die Superreichen (zumeist zufällig auch weißen) Besitzer Milliardenumsätze und Gewinne feiern, müssen sich die (überwiegend dunkelhäutigen) Spieler ständig fragen: Will ich gewinnen, oder will ich angemessen bezahlt werden? Das klingt jetzt erstmal nach Jammern auf hohem Niveau, bis einem bewusst wird, dass man als Profisportler halt mit 35 Jahren ausgesorgt haben muss. Und wie schnell das nach der Karriere bergab gehen kann, sieht man ja gerade bei Boris Becker. Und es stellen ja überraschend viele Athleten fest, dass das verdiente Geld gar nicht bis zur Rente reicht... Also dieses Phänomen gibt es in jeder Sportart. In Amerika gilt immer das Prinzip: Wenn ich mein Gehalt maximiere, reduziere ich meine Titel. Und dann muss ich mich hinterher fragen lassen, warum ich nicht mehr gewonnen habe...
Auch hier können wir es konkret machen: Tom Brady gilt ja als "the G.O.A.T.". Definitiv auch zurecht, der man hat alleine mehr Titel gewonnen, als jede NFL Franchise. Das ist eine absolut wahnsinnige Statistik. Aber Brady hat halt auch eine superreiche Frau: Supermodel im Ruhestand, Giselle Bündchen. Und auch deswegen war Brady nie der bestbezahlte Quarterback der Liga. Er hat sich immer fürs Gewinnen und gegen das Geld entschieden. Er hat halt "ne Frau, die sich mich leisten kann" gefunden. Wenn Bill Belichik, seinerseits ein zertifiziertes, eiskaltes Arschloch, im Jahr 2015 die Möglichkeit gehabt hätte, Brady gegen Aaron Rodgers zu tauschen, hätte er sofort zugeschlagen, weil Rodgers individuell noch besser ist. Das Problem ist halt: Er hätte weitere 5 Millionen an Gehalt hinzufügen müssen, damit der Trade funktioniert... weil Rodgers halt deutlich mehr verdienen wollte, als Brady. Er hätte also noch den einen oder anderen halbwegs guten Spieler abgeben müssen, damit das funktioniert. Und so viel besser ist Rodgers dann doch nicht.
Bei Quarterbacks, die so oder so auf 200 Millionen Gehalt bekommen und wo selbst durchschnittliche Spieler absurde Summen angeboten bekommen, mag das egal sein. Aber bei den "Rollenspielern" wird es schnell wirklich finster. So sind mittlerweile fast alle zu dem Schluss gekommen, dass man seinen Runningback nicht ordentlich bezahlen sollte. Da verbringt man dann also 15 Jahre in einem brutalen Sport, opfert seinen Körper, seine Jugend, deine Gehirnzellen und seine Gesundheit auf und wenn der große Zahltag kommen sollte, sagen alle "Das bist du nicht wert". Oder "Das können wir uns halt nicht leisten, tut uns leid... aber für 3 Millionen kannst du gerne wiederkommen."
Und der "Erfolg" gibt den Mannschaften ja auch recht. Aber das Geld um die Runningbacks ordentlich zu bezahlen, würden sie ja trotzdem erwirtschaften. Nur der Salary Cap lässt es halt nicht zu.
Es ist doch wunderschön, dass sich der europäische Fußball mit solchen moralischen Dilemmas nicht herumschlagen muss. Dass man als Spieler immer sowohl Geld als auch den Erfolg suchen kann. Dass man seinen Marktwert auch einfach einfordern kann.
Ein Salary Cap würde im Endeffekt nur eines bewirken: Die Gehälter derjenigen, die wirklich dafür sorgen, dass dieses Milliardenbuisnes so groß geworden ist und funktioniert, nach unten drücken, während die alten Männer mehr Geld abschöpfen können. Denn die Spieler würden am Ende immer noch dahin gehen wollen, wo es mehr Titel zu holen gibt. Die Gehaltsverluste kann man dann ja besser mit Werbedeals ausgleichen...
Natürlich brauchen wir Lösungen für die wachsende Ungleichheit im Fußball. Vielleicht fällt mir da bei Gelegenheit etwas ein. Aber ein einfacher Salary Cap bringt mehr Probleme als Lösungen.
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