War ja immer klar, dass Völler dessen Rolle übernehmen würde, sobald Rummenigge in den Ruhestand wechselt. Er hat das mit haufenweise dämlichen und unreflektierten Aussagen lange genug angekündigt.
Jetzt übernimmt Völler also die "Die Nationalmannschaften müssen für die Vereinsmannschaften zurückstecken" Rolle. Nur die Verbände müssen Rücksicht nehmen, wenn es um die Spieler geht. Bei den Vereinen kann alles so weitergehen, wie bisher.
Völler spricht ja selber an, dass Länderspiele abgesagt worden sind. Unter anderem im März. Aber auch im Frühjahr 2020 wurden derartige Events abgesagt. Also von November 2019 bis September 2020 gab es gar keine Länderspiele. Die längste Pause seit dem Ende des 2. Weltkrieges.
Gleichzeitig wurde aber haufenweise Fußball gespielt. Also auf Vereinsebene. Die Bayern als herausragendste Mannschaft musste auf 2 Heimspiele verzichten. Alles andere wurde für die Fernsehstationen ausgetragen, damit sich das Rad weiterdrehen kann.
Selbst vollkommen sinnlose oder unfaire Veranstaltungen wie die Supercups, die Klub-WM oder die Relegation wurden abgesagt, anstatt da mal zu sagen: Ok, da verzichten wir ein Mal wegen der Pandemie darauf. Das wäre garantiert mit Verlusten verbunden, aber umsetzbar gewesen. Aber es ist immer weiter die Hand aufgehalten worden.
Am Ende sollen wir wahrscheinlich noch begeistert sein, dass die Superleague Idee nicht umgesetzt worden ist. Wie bescheiden und rücksichtsvoll doch die großen Vereine sind.
Natürlich sagen die Verbände und die Fifa jetzt: Wir haben lange genug zurückgesteckt. Wir müssen uns auch an unsere Verträge halten, wie ihr es gemacht habt. Und wir müssen im Jahr 2022 eine Weltmeisterschaft abhalten, für die es eine ordentliche Qualifikation geben muss. Und das ist alles völlig legitim.
Wenn man vorher selber alles durchgedrückt hat, kann man sich darüber nicht mehr aufregen. Das ist einfach mal moralisch verwerflich. Aber so ist der Profifußball halt.
Also ja, es hätte eine gute Lösung gegeben: Die Supercups und die Klub-WM absagen, die Champions League ab dem Viertelfinale im Turniermodus ohne Rückspiel austragen und dadurch dann den Platz für die Qualifikationsspiele der Nationalmannschaften zu schaffen, in dem man den Rahmenterminkalender entspannt. Aber derartige Ideen wurden ja nicht mal gedacht, geschweige denn ausgesprochen. Dass die Vereine zurückstecken, ist halt keine Option. Und nur deswegen gibt es jetzt nur schlechte Lösungen.
Nebenbei gibt es einen anderen Fakt, der immer vollkommen ignoriert wird: Die ganze Situation ist nur wegen der unendlichen Gier so "schlimm", wie sie ist. Denn Länderspiele hat es ja schon immer gegeben. Und mittlerweile dürfte fliegen in der ersten Klasse noch angenehmer sein als in den 80er oder 90er Jahren. Und natürlich könnte man darüber diskutieren, ob man die Qualifikation nicht in 2 Gruppen aufteilen könnte, wie das früher der Fall war. Andererseits haben die Südamerika keine EM-Qualifikation und können deswegen einfach wesentlich früher anfangen sich mit der WM zu beschäftigen. Die verbrauchen ja nicht mehr Termine im Kalender, sie strecken ihr Qualifikation nur auf 3 Jahre...
Aber problematisch ist es nicht, weil mehr Spiele abgehalten werden als 1994. Sondern, weil wir Europäer halt einfach mal mehr Spieler dahin schicken. Weil halt jegliche Ausländerbeschränkung über die Jahre abgeschafft worden ist.
Im Jahr 1994 hätte eine am Ende nur überdurchschnittliche Bayer Leverkusen 5 Nationalspieler für die A-Mannschaften abgestellt. Ihre 3 Ausländer und Ulf Kirsten. Plus einen weiteren Deutschen. Die restlichen 18 Mann hätten sich in Ruhe auf den nächsten Spieltag vorbereiten können. Mittlerweile schickt man aber halt 10 Spieler. Plus 3 U 21 Nationalspieler... von denen 2 für die Niederlande auflaufen. Weil es mittlerweile normal ist, junge Talente aus den Nachbarligen zu holen. Gibt ja auch keinen Grund, warum nicht, der niederländische U21 Spieler nimmt ja keinen Topstar den Platz weg.
Aber auch deswegen haben die Nationalmannschaften mittlerweile ein Problem. Weil Bayer Leverkusen alleine 3 Spieler nach Südamerika fliegen lässt. Und es könnten sogar 5 sein, wenn Lucas Alario und Paulinho nicht verletzt gewesen wären. Es dürfen mittlerweile 20 Bundesligaspieler auf andere Kontinente reisen, um ihr Heimatland zu repräsentieren.
Die einzigen Vereine, die nicht betroffen sind, sind die Spielvereinigung Greuther Fürth, Hertha BSC Berlin, Arminia Bielefeld und der SC Freiburg.
Und nur um das ein Mal festzustellen: Das soll kein NPDesques "Deutschland den Deutschen, Ausländer raus aus der Bundesliga!" Post werden. Ich finde es gut, dass die Bundesliga mittlerweile ein wirklich bunter und diverser Haufen geworden ist. Dass die Frage "Wo kommst du her" nicht mehr relevant ist, sondern nur noch die Frage "Bist du gut genug?"... oder erschließt du uns vielleicht ein paar neue Märkte, weil unsere Spiele auch im Ausland gezeigt werden, wenn du bei uns unter Vertrag stehst. Das passiert halt auch.
Aber dass es mittlerweile nur noch um die Qualitäten geht, die du einbringst, ist ein entscheidender Fortschritt. Und es nimmt auch viel Risiko aus solchen Verpflichtungen. Also gerade Bayer Leverkusen galten ja jahrelang als DIE EXPERTEN, wenn es um Verpflichtungen von Südamerikanern ging. Sie waren die einzige, die es halbwegs konstant schafften, Brasilianer zu integrieren. Womit sie sich auch berechtigterweise brüsten. Demonstrativ sei hier mal Zé Roberto genannt, der bei Real Madrid gescheitert war und in Leverkusen zum Musterprofi reifte.
Wenn man aber unbedingt will, dass die Bundesliga eine bunt durchmischte, international geprägte Liga sein soll, muss man halt auch damit Leben, dass die Abstellungen für die Nationalmannschaften mittlerweile ein größeres Problem sind. Dafür erschließt man ja auch all die schönen Märkte mit diesen Spielern. Und die Qualität der Liga wird auch gesteigert. Man kann aber halt nicht ausschließlich Vorteile erwarten.
Das eigentliche Problem sind doch nicht die Abstellungen, sondern die mangelnde Flexibilität der DFL, obwohl sie ja zumindest halbwegs reagieren und das Freitags-Spiel auf den Sonntag legen. Aber die oben erwähnten Bielefeld und Berliner spielen am Sonntag... Gegen Bochum, deren Silière Ganvoula einerseits bisher 7 Minuten gespielt hat, andererseits "nur" nach Afrika fliegen muss, also keine Jetlag wegen der Zeitverschiebung überstehen muss. Und gegen Borussia Mönchengladbach, die Ramy Bensebaini nach Algerien fliegen lassen müssen. Wieder gilt hier: keine Zeitverschiebung.
Nur um das mal zu verdeutlichen: Bensebaini spielt am 14.9. in Burkina Faso. Ganvoula am selben Tag im Senegal. Beide haben danach 4 Tage Zeit um sich wieder zu akklimatisieren.
Währenddessen müssen Giovanni Reyna, Charles Aranguiz, Piero Hincapie und Exequiel Palacios um den gesamten Globus fliegen um schon am Samstag zu spielen, obwohl die USA noch am In der Nacht auf Donnerstag ein Pflichtspiel haben. Auch der letzte Spieltag der Südamerikaner findet am Donnerstag statt. Die Amerikaner spielen in Austin, Texas. Google Earth spuckt 14 Stunden Flugzeit aus...
Das ist einfach dämlich. Aber halt von der DFL. Die Kritik von Rudi Völler sollte ausschließlich in deren Richtung gehen. Damit sollte er anfangen und nicht beenden. Mit der glasklaren Forderung: Terminiert den Spieltag nach der Länderspielpause erst, nachdem die Kader für die Nationalmannschaft bekannt gegeben wurden. Natürlich ist das suboptimal für die 2.000 Gästefans aus Dortmund, die 14 Tage vor Spielbeginn noch nicht genau wissen, ob sie die 82 Kilometer vom Signal Iduna Park in die BayArena am Samstag oder am Sonntag zurücklegen müssen.
Oh und Borussia Dortmund muss sich damit arrangieren, dass sie am Sonntag und am Mittwoch spielen müssen. Weil es natürlich keinerlei Spielraum gibt, da der Rahmenterminkalender so verdammt vollgepackt ist. Aber das wird ja besser, wenn die Champions League Reform kommt... Da man an einen Samstag-Dienstag-Modus gewöhnt ist, sollte dies kein Problem sein.
Aber um das mal festzuhalten: Alle Probleme mit den Abstellungen existieren hauptsächlich wegen der nie nachlassenden Gier der Vereinsmannschaften. Man muss entweder damit leben, dass der extrem aufgeblähte Spielplan und die gestiegene Anzahl zu einigen Engpässen im Spielplan führt. Oder man muss als DFL seine Spielpläne flexibler gestalten. Aber "Warnungen an die Verbände" zu senden, ist einfach nur das sinnloseste, was man machen kann. Weshalb Rudi Völler natürlich genau damit beginnt. Auf den Mann ist halt verlass...
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