War ja auch mal Zeit.
Also als ich vor Ewigkeiten diesen Blog angefangen habe, waren Abseitsentscheidungen und die Regelauslegung das Thema Nummer 1. Das, was heute das Handspiel und der Video-Assistent-Referee sind. Die Älteren unter uns erinnern sich. Deswegen heißt dieser Blog auch so, wie er heißt.
Nun hat sich beim Abseits einiges getan. Oder andere Dinge sind wesentlich offensichtlicher geworden. Oder man hat sich daran gewöhnt, dass die Regel mal wieder komplett weltfremd ist.
Nebenbei, als kurzer Einschub, ist es echt faszinierend, wie der VAR all seine Elfmeter immer wieder verkackt. Also eigentlich war dieses Spiel mal wieder Werbung für diese neue Idee. Denn in der allerletzten Minute sorgt er für große Emotionen UND mehr Gerechtigkeit. Man stelle sich vor, diese Szene hätte sich vor ausverkauftem Haus abgespielt: 15.000 Zuschauer starren gebannt auf den Schiedsrichter und seinen Monitor. Handy herausziehen um selber nachzugucken ist nicht, weil alle an ihren Fingernägeln kauen. Und dann der kollektive Aufschrei, wenn der Schiedsrichter auf den Elfmeterpunkt zeigt. Und der erneute Jubel, wenn der Elfmeter zur Verlängerung führt. Ganz großes Gefühlskino... Aber hinterher flucht Steffen Baumgart nur darüber, warum der VAR ein paar Minuten später nicht nachvollziehbarer Weise nicht eingegriffen hat. Wobei diese Entscheidung ja korrekt gewesen sein soll.
Und das ist das eigentliche Problem, über das halt jetzt nicht geredet wird: Wenn Stieler in diesem Moment regelkonform gehandelt hat, dann ist diese Regel Scheiße. Kompletter, absoluter, unfassbarer Bullshit.
Warum? Nun ja: Der offensiv und aggressiv auftretende Außenseiter wird für diese Spielweise bestraft. Wer denkt sich solche Regeln aus? Die Spielweise von Paderborn sollte vom Regelwerk gefördert werden und nicht das "Wir mauern mit 10 Mann am eigenen Strafraum". Aber wenn Paderborn das macht, kriegen sie zumindest dieses Gegentor nicht.
Und das ist ja das völlig absurde: Die verzweifelte Abwehraktion von Svante Ingelsson stellt eine neue Spielsituation her? Das kann doch nur jemand behaupten, der selber nie gegen einen Ball getreten hat. Also, selbst wenn er mit der Aktion die Flugbahn des Balles verändert hätte, wäre das immer noch...
Kurzes theoretisches Szenario: Spieler X steht 5 Meter im Abseits. Ich gehe in einen Luftzweikampf mit Spieler Y, gewinne diesen gerade so... aber lenke den Ball direkt zu Spieler X. Der schießt den Ball regelkonform ins Tor. Ich werde dafür bestraft, dass ich meinen Zweikampf technisch gesehen gewonnen habe. Der Gegner zieht einen krassen Vorteil aus einer Abseitsstellung. Das kann doch nicht gewollt sein.
Nun ist es einfach über Regeln zu fluchen und schwierig konstruktive Vorschläge zu machen. Moment, ist es nicht. Die Lösung wäre einfach, man schreibt beim Handspiel ab. Ja, wirklich. Also beim Offensiven Handspiel.
An der Stelle muss ich zugeben, dass meine Offensive Handspiel Regel anders aussehen würde: Pfeift einfach sofort ab, sobald jemand den Ball in der gegnerischen Hälfte den Ball an die Hand bekommt. Konsequent und sofort. Aber wie wir vor einigen Wochen festgestellt hat, gibt es ja klare Regeln wie viele Spieler zwischen Handspiel und Torschuss am Ball gewesen sein müssen, damit das Tor zählt.
Faszinierender Weise kam diese Regel ja letztens in der Bundesliga zur Anwendung. Ich glaube sogar 2 Mal an einem Wochenende. Allerdings finde ich jetzt das entsprechende Spiel nicht mehr. Wenn ich mich richtig erinnere, ist die Zahl 3. Also wenn der 3. Spieler nach dem Handspiel das Tor erzielt, zählt es, wenn schon der 2. den Ball über die Linie schiebt, zählt es nicht. Einfach und nachvollziehbar, weil man es an einer Hand abzählen kann.
Warum nutzt man nicht eine ähnliche Regel beim Abseits. Also die erste Ballberührung stellt noch keine neue Spielsituation dar und der Spieler steht weiterhin im Abseits. Wenn man dem Gegner allerdings mit dem 2. Kontakt in den Lauf legt, gilt das als eigene Inkompetenz und damit muss man dann leben. Einfach und nachvollziehbar. Und man kann dadurch die Debatte sparen, ob Ingelsson am Ball war oder nicht.
Und nur um das nochmal festzuhalten: in die Position einen durchstartenden Spieler mit einer derartigen Grätsche ins Spiel zu bringen kommt man nur, wenn man hoch verteidigt und aktiv am Spiel teilnimmt. Genau das, was wir sehen wollen. Das Regelwerk sollte immer so gestaltet werden, dass es mutiges Spiel nach vorne fördert. Diese einfach und nachvollziehbare Regeländerung würde dies tun, während sie den "Wir stehen mit 9 Mann am eigenen Strafraum und schicken dann unseren einen schnellen Angreifer" Mannschaft das Umschalten erschweren würde.
Da sich Baumgart aber in epischer Weise über den VAR beschwert, geht die Debatte am eigentlichen Problem vorbei. Auch wenn festzuhalten bleibt, dass die Ausführungen von Baumgart echt grandios waren. Das faszinierendste war, wie er dann plötzlich wieder ruhig und sachlich wurde, als er über den Rest des Spiels redete. Bleibt zu hoffen, dass der DFB einsieht, dass er recht hat und auf eine Strafe verzichtet...
Was mich jetzt ja wirklich interessieren würde, ist Baumgarts Reaktion auf das "Stieler hat korrekt gehandelt"... damit dann mal jemand ausspricht was offensichtlich ist: Wenn das korrekt sein soll, ist die Regel bescheuert.
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