Die Netzabdeckung in Deutschland, über die man sich sonst ja gerne beschwert, ist am Ende doch einfach zu gut. Denn wenn man 5 Stunden durch die eher öderen Gegenden des Landes Bahn fährt... muss man sich halt irgendwann gelangweilt durch die Kommentarspalten und Social Media klicken, um sich irgendwie zu beschäftigen. Und dabei trifft man dann aussagen, bei denen selbt Didi Hamann sich fremdschämen würde.
Einer dieser Kommentare kam dann von Chris Lugert und wurde auf ran.de veröffentlicht. Das ist ein Brett. Die wesentliche Logik: Weil Beyoncé eine Halbzeitshow in den USA liefert, die höhere Einschaltquoten als das Spiel selber produziert, müssen wir jetzt in der Bundesliga auch an Weihnachten spielen... Oder weil das in England seit Jahrzehnten erfolgreich funktioniert. Da müssen wir das auch kopieren.
Wisst ihr, was es in England und den USA auch gibt? Montagsspiele. Genau die Montagsspiele, deren Einführung an den Protesten der Fans gescheitert sind. Es gab da eine quasi öffentliche Abstimmung: Der deutsche Fan will diese totale Durchkommerzialisierung nicht. Deswegen pfeift er, wenn Helene Fischer beim DFB-Pokal Finale auftritt... obwohl die so erfolgreich ist, dass verdammt viele sie heimlich zu Hause hören und den Text zu Atemlos mitgrölen würden, wenn er im Club läuft...
Ein Bundesliga-Spieltag an Weihnachten könnte echt zum ultramativen Breakingpoint werden. Also dass alle Ultras der Bundesliga sich an diesem Tag vereinen und einen kollektiven Spieltagsabbruch provozieren. In jedem Stadion und aus jedem Block... außer bei den Bayern, die auf Grund der 3 Punkte Meister werden... mit 15 anstatt 12 Punkten Vorsprung. Und ja, ich traue den Ultras zu, dass sie das koordinieren und durchziehen. Einfach um sicherzustellen, dass es diese Ansetzung nur ein einziges Mal gibt.
Zumindest werden sie dafür sorgen, dass wir (und die ganze Welt) am Fernseher 30 Minuten lang den Helfern dabei zuschauen können, wie sie Tennisbälle vom Platz sammeln. Diese Extraminuten sollte man bei den Übertragungen definitiv einplanen. Obwohl das ja eher ein Pro-Argument ist, denn man könnte die "Rechte" an den Spielunterbrechungen ja an entsprechende Vermarkter verkaufen. This pyrotechnik break is brought to you by Stabilo. Because Bürotechnik ist kein Verbrechen!
Und ob das jetzt vernünftig oder verlogen ist, kann an der Stelle völlig egal sein. Denn das Deutschland an dieser Stelle einen besonderen Markt hat, ist am Ende Fluch und Segen zugleich. Einerseits behindert diese Fankulutur den grenzenlosen Wachstum, andererseits sorgt er auch für eine einzigartige Bindung und Stimmung, die man dann doch wieder ausbeuten kann. Fakt ist aber, dass diese besondere Stellung bedacht werden muss, wenn man irgendwelche Neuerungen einführen will.
So absurd das klingt: Das ist noch nicht mal das Dümmste an diesem Beitrag. Denn danach schadroniert der Mann dann von den armen Weihnachtsmuffeln, die sich nicht aus den Weihnachtsfilmen machen, die man über diese Tage in den Rachen geschoben bekommt, auch wenn man gar nichts für dieses Fest überig hat. Wie furchtbar. Diesen armen Menschen muss geholfen werden, indem man Fußball anbietet. Also nicht nur Sport im Allgemeinen, denn davon gibt es ja genug, sondern explizit Bundesligafußball.
Aber der arme Tropf arbeitet ja auch beim linearen Fernsehen. Der muss halt das gucken, was kommt und wenn er gerade arbeiten muss, wenn sein Lieblingsfilm läuft, muss er ein Jahr warten, bis er den wieder sehen kann... Der Rest der Welt hat entweder Netflix... oder weiß, wie das Internet funktioniert. Und wenn man dann lieber alle Teile vom Hobbit und Lord Of The Rings im Extended Cut gucken will, als unterm Weihnachtsbaum zu sitzen... dann macht man das halt einfach. Wenn man alle Star Wars Teile gucken will, gibt es da halt ein Holiday Special, was es kompliziert macht.
Nebenbei will ich an der Stelle auch mal, abseits der Proteste der Fans, auf ein komplett ignoriertes Problem hinweisen: Ein Bundesligaspielt ist auch ein riesiges wirtschaftliches Projekt. Das fängt bei der Polizei an, mit der ich noch am wenisten Mitleid habe... Die Secu im Stadion, die all die Tennisbälle mit dem Gesicht abfangen müssen. Die Leute hinter der Bar, die sich die Beleidigungen fürs überteuerte und alkoholfreie Bier anhören müssen... weil natürlich auch ein Hochsicherheitsspiel für die Internationale Einschaltquote an den Weihnachtstag gelegt werden muss. Die Leute am Merchstand, die dann die hässlichen Weihnachtssweaters verkaufen, die ihr alle trotzdem kauft. Die Extrabusse und Sonderzüge müssen auch gelenkt und betreut werden. Die Leute vor und vor allem hinter der Kamera, die uns die Bilder ins Wohnzimmer bringen. Das ist ein riesieger Apparat, der da jedes Wochenende am Arbeiten ist. Und die Arbeitszeiten sind halt entweder am Wochenende... oder unter der Woche Abends bis Nachts. Denn wenn ein Champions League Spiel ansteht, ist vor um 2 keiner von denen zu Hause. Jetzt sagt denen mal, dass sie auch noch am Heiligabend um 20 Uhr ein Spiel ins Stadion bringen sollen... weil das ein paar Millionen mehr für die Liga bringen dürfte. Und dann dürfen die alle auch noch zusätzliche Stunden schieben, weil das Ende durch die Proteste auf ungewisse Zeit verschoben wird.
Und natürlich ist es schwierig, die genaue Zahl der "für die Bundesliga angestellten" zu beziffern. Denn wenn man im Arena Komplex in Leipzig angestellt ist, arbeit man viel bei den Bungesligaspielen, aber halt auch wenn Helen Fischer im Stadion spielt... oder bei Deichkind, wenn die nebenan spielen. Dieser Faktenfuchs kommt auf 110.000. Er ignoriert aber komplett die Fernsehproduktion, den Polizeieinsatz und dass die LVB Extrafahrten anbieten muss. Es würde mich überraschen, wenn weniger als 60.000 Menschen in Rahmen eines Bundesligawochenendes arbeiten müssen.
Es ist schon vernünftig, dass es an Weihnachten selber keinerlei Großevents gibt. Und selbst die kleineren Weihnachtskonzerte werden mittlerweile auf den 27. bis 29. Dezember gelegt. Es ist ja auch kein Zufall, dass die Weihnachtsmärkte am 23. und nicht erst am 27. schließen. Denn es könnte auch echt schwierig werden, genügend Menschen zu finden, die dann an diesen Tagen arbeiten wollen. Und die paar freien Tage haben die sich auch verdient. Gönnt denen das einfach mal.
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