Denn sein wir ehrlich... in der Bundesliga wird bis Ende April wenig relevantes passieren. Klingt hart, ist aber so.
Ich würde ja gerne Uli Hoeneß für seine Arroganz abstrafen... aber er hat halt vollkommen recht: Die Meisterschaft ist quasi durch. Das liegt nur bedingt an den überragenden Bayern, denn die würden ja auch international marschieren, wenn sie wirklich so gut wären... aber:
Bei Bayer Leverkusen schlägt das Pendel dieses Jahr wieder in die "normale" Richtung aus. In den Momenten, in denen sie letzte Saison all die Siege eingefahren haben, pennen sie dieses Jahr konsequent. Gegen RB Leipzig, Werder Bremen und dem VfL Bochum kassierte man bereits Treffer in der Schlussviertelstunde. Das sind 5 Punkte, die am Ende definitiv fehlen werden. Absehen davon, dass eine Mannschaft, die gegen Kiel UND Bochum nicht gewinnt, auch nicht Meister wird.
Borussia Dortmund sortiert seine Führungsspieler neu. Man hat dieses Wochenende gemerkt, dass es keinen Unterschied macht, ob die Kapitäne an Bord sind, oder nicht.
RB Leipzig bricht gerade komplett ein. Da gucken sogar die Hater mal hin, schließlich gibt es was zu lachen, wenn die in Back2Back "El Plasticos" 9 Gegentore kassieren. Das beste an deren Defensivleistung ist ja, dass sie sich konsequent von jeglischer Homophobie distanziert haben. Beim Stand vorn 1:4 kann man sich das auch leisten, selbst wenn man einen Behrens dann treffen lassen muss.
Der Aderlass beim VfB Stuttgart ist offensichtlich doch einfach zu krass. Gerade in der Defensive fällt halt jetzt auf, dass die Stabilität nicht von Alexander Nübel kam, sondern er von den guten Verteidigern profitierte.
Eintracht Frankfurt ist definitiv die positivste Überraschung der Saison. Das ist aber auch ein Problem, weil die auch weit weg davon sind, wirklich um den Titel zu spielen.
Hier ist das grundlegende Problem an den "Spitzenmannschaften": Alle 4 haben die Qualität die Bayern über 90 Minuten zu nerven. Leverkusen, Frankfurt und Dortmund haben bereits gegen den designierten Meister gepunktet. Aber allen fehlt die Konstanz und die nötige Ernsthaftigkeit um die Bayern über die gesamte Saison zu nerven.
Und ich will da auch gar nicht zu pessimistisch sein: Alle 4 haben theoretisch das Niveau, um sich für die Champions League zu qualifizieren. Oder RB und die Borussia mangelt es an der Qualität, um sich deutlich von Frankfurt zu distanzieren. Die Frage, ob eine junge Frankfurter Mannschaft das derzeitige Level halten, oder doch minimal einbrechen wird, werden wir aber erst im April feststellen. Dasselbe gilt für die Frage, ob Marco Rose oder ein neuer Trainer die Probleme in Leipzig lösen kann. Oder ob sich in Dortmund neue Führungskräfte etablieren.
Im Keller sieht es, wie immer, auch nicht besser aus. Bochum und Kiel sind halt nur sehr bedingt bundesligatauglich. Das macht ja die Punktverluste von Leverkusen so frustrierend. Beide Mannschaften kommen zusammen auf einen Sieg und 7 Punkte in 24 Spielen. Und die haben schon gegeneinander gespielt, es kann also durchaus sein, dass es bei diesem einen Sieg bleibt. Das ist ungefähr auf dem Niveau von Greuther Fürth und Arminia Bielefeld aus der Saison 2021/22. Die stiegen am Ende beide kläglich ab. Dabei hatte Bielefeld zum gleichen Zeitpunkt schon 9 Punkte auf dem Konto... Also alleine mehr, als diese beiden Spezialisten zusammen.
Dem unwesentlich besser spielenden 1.FC St. Pauli könnten also 12 Punkte aus den 4 Spielen gegen Kiel und Bochum reichen, um sich zumindest die Relegation zu sichern.
Dazwischen hat es sich der 1.FC Heidenheim "gemütlich" gemacht. Hoffenheim scheint alles zu versuchen, um abzusteigen... was dann wenigstens Häme hervorrufen würde. Aber die Konkurrenz dürfte zu schwach sein.
Gerade die Häme ist ein nicht zu unterschätzender Faktor. Denn sein wir mal ganz ehrlich: Der gemeine Fußballfan wird einen Abstieg von Bochum, Kiel, St. Pauli oder Heidenheim eher schulternzuckend zur Kenntnis nehmen, als dass er sich wirklich in den Abstiegskampf hineinsteigert.
Und das soll jetzt keine Beleidigung sein. Das sind Vereine, die sich mit überragender Arbeit diese für sie miese Situation verdient haben. Aber es sind auch Vereine, die abgesehen von ihrer kleinen Fanbase relativ wenige Emotionen auslösen.
Was bei St. Pauli irgendwie überrascht, weil es ja schon der Alternativverein für alle unentschlossenen Fans ist. Dieses "Wenn es bei meinem Verein gerade nicht läuft, kann ich ja mal gucken, wie Pauli sich im Aufstiegskampf anstellt" ist für alle Fußballfans diesseits vom Hamburger SV eine veritable Option. Aber all diesen Fans ist halt auch irgendwie bewusst, dass dieser Verein spielerisch und wirtschaftlich einfach in die 2. Liga gehört. Es gibt einfach Gründe, warum St. Pauli zuletzt 1996 den Klassenerhalt in der Bundesliga feiern durfte.
Und dass sie jetzt mit minimalen Leistungen eine realisitsche Chance auf diesen Klassenerhalt haben, verdeutlicht am Ende allen, wie krass der Aderlass gerade wieder ist. Wie sehr Köln, Schalke und Hertha der Liga fehlen. Selbst der HSV... Da ist einfach richtig viel Qualität und Potenzial verloren gegangen und es wird jedes Jahr deutlicher, dass dies nicht kompensiert werden kann.
Also gerade am HSV kann ich das Problem ja gerade sehr schön verdeutlichen: Ich gucke gefühlt häufiger auf die Tabelle der 2. Liga, weil ich wissen will, ob und wie der HSV die Mission Aufstieg dieses Jahr verkackt. Dann fällt mir auf, dass die Tabelle da verdammt eng ist. Und dann stelle ich ernüchtert fest, dass am Ende, so wie es derzeit im deutschen Fußball läuft, Sandhausen und Paderborn aufsteigen. Aber ein Blick auf die Tabelle löst bei mir Emotionen aus... während ich bei der Bundesliga nur denke "Fragt mich im April nochmal."