Die Achtelfinale sind irgendwie die seltsamste Runde in so einem Turnier. Theoretisch trennt sich ja vorher die Spreu vom Weizen. Praktisch passiert dies aber erste in dieser Runde. Also klar, die ganz großen Enttäuschungen wurden in der Vorrunde ausgesiebt. Und die eine oder andere Überraschung nimmt an dieser Runde teil. Aber in 7 von 8 Spielen in dieser Runde setzt sich dann doch wieder der Favorit durch. Dieses Mal ist es wahrscheinlich sogar 8 von 8, denn Kolumbien war ja der Favorit gegen Jamaika. Und Schweden gegen die USA war das Duell Weltranglistendritte gegen die Ersten. Da kann man schlecht von einer Überraschung reden, gerade weil die Schwedinnen haben die USA schon bei Olympia rausgeworfen haben.
Die 3 Mannschaften aus Afrika sind jedenfalls kollektiv ausgeschieden. Die Schweiz war so chancenlos, dass die Spanierinnen das Eigentor von Bernadetta Orsi nachstellen konnten und trotzdem einen ungefährdeten Sieg einfuhren. Das ist total unfair, weil es Orsi das Alleinstellungsmerkmal nimmt.
Lauren James gönnte sich als designierte Spielerin des Turniers ihren Wayne Rooney oder David Beckham Moment und flog wegen einer völlig unmotivierten Tätlichkeit vom Platz. England musste auch deswegen ins Elfmeterschießen... aber am Ende kam England trotzdem weiter.
Kolumbien gegen Jamaika sah genau so aus, wie ein Spiel zweier Mannschaften, die sich darauf spezialisieren den Gegner zu stören, halt aussieht. Aber Catalina Usme hatte diesen einen technisch perfekten Moment, der ihr das Alleinstellungsmerkmal als "Rebecca Spencer Bezwingerin" gibt und das reichte halt.
Marokko verfiel zurück in ihre Form aus dem Deutschland-Spiel und war komplett chancenlos. Australien wechselte Samantha Kerr als "Human Victory Cigar" ein... ich meinte, verdeutlichte dem Rest der Welt, dass man diesen Joker noch in der Hinterhand hat und trotzdem im Viertelfinale ist. Auch wenn ganz Australien kollektiv die Luft angehalten hat, als Kerr kurz zu Boden ging und sich an die Wade fasste.
Und jetzt haben wir halt genau die Viertelfinalspiele, die nach der "Auslosung" erwartbar waren. Die einzige "Überraschung" war halt, dass die US-Ladys nicht den Gang hochschalten konnten und die Inkompetenz ihres Trainers nicht ausgleichen konnten.
Also um das nochmal direkt festzuhalten: Die letzte Amtshandlung von Vlatko Andonovski war ein Doppelwechsel in der 118. Minute. Gareth Southgate Modus aktiviert. Und natürlich verschießt die eingewechselte Kelley O'Hara... als siebte Schützin. Warte was? Andonovski hat seinen Wechsel bis zum allerletzten Moment aufgespart, um jemanden einzuwechseln, die dann noch nicht mal als Schützin vorgesehen war? Die nach der Torhüterin Alyssa Naeher antrat?
Oh und natürlich brachte er Megan Rapinoe, anstatt Alyssa Thompson einzuwechseln. Alter vor Talent, oder so. Rapinoe bewies zum dritten Mal, dass sie nicht mehr in der Lage ist, ein Spiel auf diesem Niveau positiv zu beeinflussen. Also ja, DIE hätte man fürs Elfmeterschießen bringen können, weil sie ja noch nie verschossen hat.
Natürlich schießt sie dann mit ihrer letzten Aktion am Tor vorbei, um ihr beschissenes Turnier abzurunden. Was natürlich auch zu völlig idiotischen Reaktionen im Netz führte: "Weniger Aktivismus, mehr Fußball?" Also gerade an der Stelle ist das ein logischer Fehlschuss vom Elfmeterpunkt: Die Amerikanerinnen brauchen offensichtlich mehr Aktivismus, um auf dem Platz zu funktionieren. Als sie gegen ihren eigenen Verband klagten und um gleiche Bezahlung kämpften, waren sie unschlagbar. Als Rapinoe ihre persönliche Fehde gegen Donald Trump führte, war sie die beste Spielerin der Welt. Jetzt mit einem fairen Gehaltscheck in der Tasche und Joe Biden im Oval Office geht plötzlich gar nichts mehr. Jetzt wissen wir, was dabei rauskommt, wenn die sich nur auf den Sport konzentrieren... Nichts.
Faszinierender Weise hat Torhüterin Zecira Musovic, so gut sie während der 120 Minuten war, keinen einzigen Elfmeter gehalten. Die Amerikanerinnen versuchten den wichtigsten Spieler des letzten Gruppenspieles angemessen zu würdigen... und zielten damit konsequent Richtung rechter Pfosten. Sophia Smith und Rapinoe wollten es zu schön machen und zielten aufs Lattenkreuz. Aber O'Hara's Ball küsste die Stelle, die die Amerikanerinnen im dritten Gruppenspiel gerettet hat. Sobald das erledigt war, wollten die Amerikanerinnen richtig antreten...
Und das hätte ja auch fast funktioniert, schließlich hielt Alyssa Naeher den Elfmeter von Hurtig mit einer Hand... und sprang sofort auf, um zu verhindern, dass der Drall den Ball hinter die Linie bringt. Wenn sie die USA so im Turnier hält, ist das die Parade des Jahres. Absurderweise guckt selbst Schiedsrichterin Stephanie Frappart verwirrt, obwohl die Torlinientechnologie ihr ja sofort das Signal auf die Uhr geben muss. Selbst die ist sich unsicher, ob sie die Amis jetzt aus dem Turnier hauen kann... bis ihr bewusst wurde, dass sie keine andere Wahl haben wird, weil dieses Bild hinterher um die Welt gehen wird. Und da sieht man halt, dass der Ball ungefähr einen Millimeter über der Linie ist.
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