Mittwoch, 29. Juni 2022

Die 2. dumme Frage: Was, wenn RB weiterzieht?

Was passiert hier, wenn in Österreich merkt, dass ein Sieg in der Champions League in Deutschland unrealistisch ist und man deswegen in die nächstgrößere Liga investiert? Was, wenn man sich dort einen neuen Verein aufkauft und man in Leipzig dann nur noch für London ausbildet? Darauf sage ich dann kurz: Na und?

Also lasst uns erstmal durchrechnen, wie wahrscheinlich es ist, dass RB sich Brentford unter den Nagel reißt und umbenennt.  Ich nehme den Verein, weil es von den Londonern gerade der am wenigsten erfolgreich ist... und damit vielleicht noch bezahlbar.

Da hat man aber schon das erste Problem: Egal, wo man in England hinzieht, man hat massive Konkurrenz von legendären Vereinen. Und seid mal ganz ehrlich: Ihr wusstet doch nicht mal, dass Brentford im Westen von London liegt. Aber dass 6 Vereine (Arsenal, Chelsea, Crystal Palace, Tottenham Hotspurs, West Ham United und ein Aufsteiger) aus dieser einen Stadt in der Premiere League spielen, ist nichts Ungewöhnliches. Und 4 von diesen 7 Vereinen landen in der Top 7.

RB hat ja auch in Leipzig sein neues Lager aufgeschlagen, weil die Traditionsvereine, wie soll man es sonst ausdrücken, hier so einzigartig verkackt haben und dass hier deswegen alles kulturelles Brachland war. Also der "direkteste Konkurrent" ist ja Dynamo Dresden, die zwischen der 2. und 3. Liga pendeln. Im Norden hatte man die Hertha, das sind aber auch schon 188 Kilometer. Im Süden kommt Nürnberg in 300 Kilometern... im Westen Thüringen, also nichts als Wälder. Und in der eigenen Stadt spielte niemand in der 3. Liga... das war die Konkurrenz, mit der man um den Markt kämpfte. Deswegen ist RB hier. Die haben sich diese Karte angesehen, das WM taugliche Stadion gesehen und gesagt: Genau dort müssen wir hin. Soweit ich weiß, gibt es etwas vergleichbares einfach nicht.

Aber dazu kommt, dass die Premiere League auch richtig teuer ist. Also Newcastle United als chaotisch geführter Klub kostete 360 Millionen Euro. Also nur für den Einstieg. Natürlich wird in England dank der großartigen Vermarktung auch mehr Geld umgesetzt, aber das bringt dir halt nur was, wenn du da mitspielen willst... Wenn du wirklich nach oben willst, wird das richtig teuer, weil man halt mit den Superreichen konkurriert.

Stellen wir mal eine einfache Frage: Wie viel Geld hat RB Leipzig auf dem Transfermarkt ausgegeben, und wie viel Arsenal London? Transfermarkt.de aufgemacht, Einnahmen und den Taschenrechner rausgeholt.
RB Leipzig Transferumsätze All Time
: -217 Million
Arsenal London Transferumsätze seit 2010/11
: -649 Millionen

RB hätte also, um halbwegs konkurrenzfähig zu sein, 3 Mal so viel Geld ausgeben müssen. Und das, ohne die deutlich höheren Gehälter mit einzuberechnen. Dabei kommt der eigentliche Trigger noch: Arsenal London ist mit diesen Investitionen in den letzten 5 Jahren aus den Champions League Rängen gefallen. Wenn man dahin will, muss man deutlich mehr Geld ausgeben.

Das Problem an einem Investment in England ist halt: Man kämpft dann mit Manchester City, Liverpool, Chelsea London, Manchester United, Tottenham Hotspurs, Arsenal, und demnächst Newcastle United um 4 Startplätze in der Champions League. Da könnte es fast schon einfacher sein, sich über die Europa League für diesen Wettbewerb zu qualifizieren. Ernsthaft, als Trainer sollte man darüber nachdenken, ob man diese Möglichkeit nicht in Betracht zieht...

Während es in Deutschland für RB möglich war, sich mit überschaubaren Investitionen einen Stammplatz in der Champions League zu sichern, wäre dies in England praktisch unmöglich. Schon deswegen wird RB nicht in dieser Liga investieren.

Aber Spanien? Schon eher. Aber die haben halt 3 von 4 Champions League Plätzen fest an Real, Barca und Atletico vergeben. Dazu ist die Infrastruktur vor Ort einfach schlechter. Klar, man könnte sich in Valencia einkaufen, aber man würde damit auch ihr niemals fertig werdendes Stadion bekommen.
In Frankreich ist der Spitzensteuersatz so absurd hoch, dass es richtig teuer ist, sich ein entsprechendes Team aufzubauen. Und die Liga ist, genauso wie Italien, nicht wirklich besser.


Aber gut, tun wir mal kurz so, als würde RB wirklich was Unvernünftiges machen und in England investieren. Und Leipzig wäre auf einmal nur noch ein Zahnrad im RB Ausbildungssystem. Sagte ich schon: Na und?
Also als Erstes muss man nochmal festhalten, aus welchem finsteren Mittelalter man hier kam, als RB investiert hat. Zwischen Lok und Chemie herrschte Krieg. Wann auch immer der Leipziger Fußball in die überregionalen Nachrichten auftauchte, ging es darum, dass die eine Fangruppe die andere angegriffen hat. Oder dass die Spieler von Roter Stern in Brandis angegriffen wurden. Wenn RB jetzt sagt: Wir unterhalten hier nur eine Zwischenstation, die auf Champions League Niveau Spieler weiterbildet, ist das immer noch unfassbarer Luxus und richtig guter Fußball, den man hier zu sehen kriegt.

Lasst uns das mal an einem Verein festmachen, dem ja genau das passiert ist: RB Salzburg. Dort konnte man in den letzten Jahren Aaronson, Karim Adeyemi, Patson Daka, Dominik Szaboszlai, Erlin Haaland, Amadou Haidara, Naby Keita, Dayot Upamecano, Kevin Kampl, Sadio Mané und Martin Hinteregger sehen. Und haufenweise weitere Talente, die für 15 Millionen weiterverkauft wurden. Aber ganz viele fantastische Fußballer und eben Martin Hinteregger, die man im eigenen Stadion jedes 2. Wochenende kicken sah. Ohne RB und deren "Wir bilden aus und weiter" Konzept wäre nur Hinteregger gekommen... 

In Leipzig würde genau dasselbe passieren: Es würden dann haufenweise fantastische Fußballer in diesem Trikot auflaufen und dann nach 3 Jahren weiterziehen... nur halt nicht mehr zu Chelsea London, sondern zu RB London...

Genaugenommen... würde sich gar nichts ändern, da RB ja jetzt schon ein Weiterbildungsverein, der für die ganz Großen ausbildet, ist. Und Borussia Dortmund beweist ja, wie gut es einem damit gehen kann. So unwahrscheinlich das ist: Wenn RB woanders investiert, bleibt hier alles, wie es ist.

Nebenbei bezweifle ich echt, dass RB jemals in dem Konzert der finanziell ganz Großen mitspielen wird und will. Meiner persönlichen Meinung nach ist es wahrscheinlicher, dass sie auf einen hohen Wiedererkennungswert des Fußballs als Marke setzen und diesen nutzen, um ihre Dosen an den Mann zu bringen. Dafür muss man dann regelmäßig unter die Top 8 der europäischen Fußballwelt, aber nicht direkt auf dem Niveau der ganz bekloppten investieren. Und die Kluft zwischen diesen Superreichen und sich selbst wird man eher durch Kompetenz und ein komplexes internationales Ausbildungssystem schließen wollen, als durch wahnsinnige Ablösen und Gehältern. Denn die machen am Ende auch "nur" 6,3 Milliarden Umsatz, müssen sich aber mit Saudi-Arabien und Katar messen, wenn sie da hinwollen.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen