Endlich Abstiegskampf! Also so richtig. Mit vollem Einsatz. Mit Eigentoren. So, wie man es sonst nur vom Hamburger SV gekannt hat. Aber still und heimlich ist Werder Bremen der neue HSV geworden.
Die Ausgangslage war eigentlich optimal: Nach dem Anpfiff sprang man direkt vom Abstiegsplatz. Wenn man das 0:0 gehalten hätte, wäre das sogar tabellarisch ein Schritt nach vorne gewesen. Aber Werder Bremen und die 0 halten... Da hilft man lieber in Form von Davy Klaassens Eigentor nach.
Wobei ich ja den krassen Fehlpass und die Reaktion Klaassens in der Ersten Halbzeit gravierender finde. Also sowohl den Pass, als auch die erste Reaktion: Kein direktes Nachsetzen, sondern er schlägt die Hände über den Kopf zusammen. Das fasst die Reaktionen von Werder sehr gut zusammen.
Klaassen sollte nebenbei eigentlich Führungsspieler und Fixpunkt dieser Mannschaft sein. Sein letztes "gutes" Bundesligaspiel gab es am 10. Spieltag gegen den SC Freiburg. Und das auch nur, wenn eine 2,5 als "gut" bezeichnet wird.
Nun ist das natürlich immer die Frage nach dem Huhn und dem Ei: Ist Floria Kohfeldt Schuld daran, dass Klaassen so schlecht aussieht, oder ist es anders herum? Idealer Weise sollten die sich natürlich gegenseitig stützen.
Aber hey, solche Leistungen sind ja mittlerweile "ein Stück weit normal in unserer Situation." In Bremen hat man sich halt mittlerweile daran gewöhnt, dass man sich das 0:1 selber rein legt und danach auseinander bricht. Oder wie Kohfeldt es ausdrückt: "In der Hinrunde haben wir uns von solchen Rückschlägen kopflos machen lassen." Jetzt... ist man vorher schon kopflos?
Also wenn Werder nach dem ungeschickten 0:1 mehrere Torchancen erarbeitet hätte... oder den Ball wenigstens mal aufs Tor geschossen. Laut Kicker Ticker musste der Ersatztorwart Philipp Pentke nicht ein Mal eingreifen. Stattdessen ergab man sich halt recht widerstandslos...
Dennoch ist Kohfeldt überzeugt, dass sie "genügend Qualität haben, (um) die Klasse zu halten."
Hier ist das erschreckende: Das stimmt sogar. Also weil halt auch Fortuna Düsseldorf mit 3:0 verliert. Immerhin auswärts und bei einer Mannschaft, die in die Champions League will... und gefühlt sah man sogar besser aus als die Bremer. Dazu waren die Mainzer (die immerhin mit einem 1:3 relativ gesehen ihr Polster ausbauten) nur 2006/07 schlechter als dieses Jahr. Das war ihre letzte Abstiegssaison.
Anders ausgedrückt: So, wie sich die 3 gerade präsentieren, hat selbst Paderborn "genügend Qualität" für den Klassenerhalt. Das hat aber wenig mit der eigenen Stärke und verdammt viel mit der Schwäche der Konkurrenz zu tun.
Meinen persönlichen Humor würde es ja treffen, wenn Werder Bremen in der Relegation auf den Hamburger SV trifft. Damit ihnen dann selber endgültig klar wird, dass sie zum Abbild ihres größten Rivalen geworden sind... also im negativen Sinne.
Dass dann noch, als Gute Nachricht, Kevin Vogt überraschend auflaufen konnte... braucht wahrscheinlich einen eigenen Eintrag. Gesund kann das jedenfalls nicht sein. Aber die Ärzte werden schon wissen, was sie da tun... ganz bestimmt.
Und natürlich braucht jeder dieser Vereine da im Keller nur mal eine Serie mit 3 Siegen in Folge, um sich aller Sorgen zu entledigen. So wie der 1.FC Köln das geschafft hat. Oder Düsseldorf in der letzten Saison. Eigentlich ist Düsseldorf aus der Vorsaison ja der einzige echte Hoffnungsschimmer: Es konnte sich damals auch keiner erklären, wie die aus der englischen Woche gegen Freiburg, Dortmund und Hannover 9 Punkte geholt haben... Aber die Euphoriewelle dieser einen Woche hat sie dann bis auf Platz 10 getragen.
Andererseits gibt es solche Überraschungsserien auch nur ein Mal im Jahr und dieses Mal ging sie an die Kölner... es ist also wahrscheinlicher, dass diese 4 Mannschaften sich weiterhin nur in Unzulänglichkeiten überbieten, am Ende aber trotzdem irgendwie 2 die Klasse halten... Aber man darf gespannt sein, wer sich da am Ende feiert.
Dafür könnte es ja zumindest am anderen Ende der Tabelle spannender zugehen. Dabei will ich gar keinen Vorführeffekt beim Meisterschaftskampf auslösen. Das werden am Ende eh die Bayern, die Frage ist nur wann.
Viel spannender könnte dieses Jahr das Hauen und Stechen im den "Wenger-Cup" werden. Und um den Trostpreis Europa League. Wir haben es dieses Jahr echt mal geschafft, dass die Mannschaften auf gehobenem Bundesliga-Niveau auch in der Tabelle oben stehen. Die eine Ausnahme ist da ja der VfL Wolfsburg, aber daran wird sich niemand stören. An sonsten ist es echt das Jahr, in dem Schalke, Dortmund, Gladbach und Leverkusen oben mitmischen. Dazu liegen die Hoffenheimer in Lauerstellung.
Normaler Weise spielt mindestens eine dieser Mannschaften eine endtäuschende Saison und verabschiedet sich frühzeitig von höhere Ambitionen. Dieses Jahr sieht es da echt gut aus.
Nur um das mal zu relativieren: Zum Saisonbeginn gab es diese leisen Stimmen, dass die Freiburger den üblichen "Keiner will ihn haben, irgendjemand muss doch." Startplatz fürs Internationale Geschäft zugewiesen bekommen. Und Freiburg spielt genau die Saison, die am Ende für einen Dummen immer so ausgeht. Nur spielen sie dieses Mal halt auch gegen eine Konkurrenz, die anscheinend geschlossen da hin will, deswegen wird das am Ende wohl nicht reichen.
Faszinierend ist dabei auch der Kommentar von Karlheinz Wild, der einen entscheidenden Unterschied zwischen Bayern und Leipzig und den Gladbachern ausmacht: Nur die ersten beiden haben den Anspruch wirklich um die Meisterschaft mitzuspielen. Das stimmt halt auch irgendwie.
Nur empfinde ich es als irgendwie unfair, wenn man Marco Rose einen Strick daraus dreht, wenn er sich nach einem 0:0 zum Hinrundenende mehr über die überragende Halbserie als über den verpassten Sprung auf Platz 1 konzentriert. Denn es bleibt halt einfach festzuhalten: Wenn Gladbach eine ähnlich gute Rückrunde spielt und auf Platz 3 oder 4 in die Champions League einzieht, was ja sachlich gesehen der eigentliche Hauptgewinn für alle Bundesligisten ist: Solange man garantiert an die großen Fleischtöpfe kommt, ist alles in Ordnung.
Bezeichnender Weise entlassen die Bayern während der Saison genau dann den Trainer, wenn das in Gefahr gerät. An sonsten warten sie bis zum Saisonende und stellen sich dann neu auf.
Rose entschied sich dafür, das positive in der Vordergrund zu stellen, was, wenn man erfolgreicher war als erwartet, einfach nur vernünftig ist.
Das wird nebenbei auch die Meisterschaft entscheiden. Also ob Nagelsmanns Ungeduld und sein Perfektionismus die Mannschaft ansteckt und antreibt. Oder ob er sie am Ende doch überfordert. Das Problem daran: Wie eine Junge Mannschaft auf diesen immer noch jungen Trainer reagiert, kann an der Stelle keiner vorhersagen....
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