Rudi Völler ist zum Beispiel so ein Experte. Der gerne behauptet, dass Spieler heute mehr simulieren als früher. Und das früher alles besser war... Das lustigste ist ja die Reaktion: "Bist du früher mal umgefallen"... und "Der Cleber wäre bei dir am Boden gelegen."
Nun ja... gucken wir uns einfach mal die wichtigste Szene in Völlers Karriere an:
Lustig oder?
Yapp, derjenige, der sich heute hinstellt und jammert, dass die Spieler viel zu schnell umfallen, ist da in dem Moment einfach mal zu Boden gegangen und hat dafür einen Elfmeter bekommen. Wenn sie einen Argentinier fragen, wird der ihnen sagen: "Ein richtiger Mann bleibt das stehen."
Und dann das ganze: Früher wurde weniger getäuscht... Italien war in den 90ern als Schwalbenliga verschrien. Wenn ich euch heute erzähle, dass ein Filippo Inzaghi (also der italienische Vorzeigestürmer der 90er Jahre) jedes seiner knapp 200 Tore aus Abseitsverdächtiger Position erzielt hat und all seine Torvorlagen zu unrecht geschundene Elfmeter waren, werdet ihr mir das wahrscheinlich glauben.
Oh und das Wort des Tages "Jankern" habe ich nicht wegen den aktuellen Stürmern erfunden. Leute, die sich darauf spezialisiert haben, im richtigen Moment dramatisch umzufallen, hat es schon immer gegeben... und wird es auch immer geben. Und solche Leute wurden auch von Trainer Rudi Völler aufgestellt. Er sollte sich also nicht so echauffieren.
Am Lächerlichsten wird es aber, wenn dann die "Journalisten" behaupten, dass bei ihm (also unserem Nationalhelden) natürlich der Verteidiger am Boden liegen würde. Wir müssen mal eines fest halten: Wenn der Rudi aus den 90ern heute noch spielen würde, würde permanent am Boden liegen. Und es würde ihm verdammt viel weh tun. Und er würde verdammt viel heulen. Denn was Fußballprofis in Zweikämpfen an Schlägen einstecken müssen, ist nicht mehr feierlich.
Ich muss mal dem "er trifft ihn doch nur mit der Hand im Gesicht, da muss man doch kein Gelb für geben" Argument der Alten eines entgegenbringen: Die Anzahl der Gesichtsverletzungen nimmt immer weiter zu.
Das Paradebeispiel ist ja Mitch Langerak gegen Robert Lewandowski. Wenn es zu solchen Szenen kommt, sprechen die Leute gerne und schnell von Körperverletzung. Was absoluter Bullshit ist. Langerak kommt eine halbe Sekunde zu spät. Deswegen kommt er halt nicht an den Ball, sondern trifft Lewandowski. Aber er geht halt mit voller Geschwindigkeit zum Ball. Und volle Geschwindigkeit heißt im Profifussball halt: Der Gegner muss sich sein Gesicht neu richten lassen.
Und wollt ihr mal die andere Seite des "er kommt halt eine halbe Sekunde zu spät" Phänomens sehen... dann googlet mal Petr Cech Schwere Kopfverletzung. Stephen Hunt wollte ihn bestimmt auch nicht weh tun. Aber er bricht ihm halt den Schädel, Und Cech trägt seit dem seinen mittlerweile berühmten Helm. Das sollten alle Profis tun.
Und ja, Kopfverletzungen sind eine richtig gefährliche Sache. Die Langzeitschäden von Gehirnerschütterungen sind immer noch nicht nachhaltig erforscht. Nur so als Beispiel: Die Amerikanische Football Liga NFL hat nach 20 Jahren endlich eingesehen, dass die geistigen Langzeitschäden vieler ehmaligen Football Profis doch mit den permanenten zusammenstößen auf ihrem Arbeitsplatz zusammenhängt.
Das steht uns im Fußball auch noch bevor. Deswegen ist es auch sinnvoll in Kopfballduellen eher schneller als langsamer Gelb zu geben. Wir brauchen da eine Kultur, die ganz klar fest legt: Wenn ich im Luftduell (ob Absicht oder nicht ist dabei egal) meinen Gegner ins Gesicht schlage (und ja, auch die harmloseren Zweikämpfe ohne Ellenbogeneinsatz haben immer noch die Intensität eines Schlages...) kriege ich dafür Gelb. Wenn ich mit der Intensität eines Langerak zuschlage, riskiere ich eine Rote. Das müssen alle Profis wissen. Das muss auch hinterher bei den Analysen genau so gehandhabt werden: Die Hand war im Gesicht, das ist gefährlich für die Gesundheit des Spielers, deswegen gibt es Gelb... und da gibt es auch nichts zu diskutieren. Und wenn das ein Halbes Jahr lang konsequent durchgezogen wird, stellen sich die Profis beim Luftkampf auch drauf ein.
Es geht halt um die langfristige Gesundheit unserer Profis. Es geht darum, dass die nicht später Pflegefälle werden... oder spontan Tod umfallen. Googlet einfach mal Chronic Traumatic Encephalopaty. Und dann rechnet mal nach, wie viele Gehirnerschütterungen ein Lewandowski schon hatte... und rechnet mal hoch, wie viele das bis zum Karriereende noch werden.
Fußball ist halt mittlerweile auch ein Vollkontaktssport. Und da wird man irgendwann mit solchen Problemen wie Langzeitschäden konfrontiert. Man sollte dies auf keinen Fall mit einem "Die simulieren heute viel zu viel" abwatschen.
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