Weil er ein bisschen zu ehrlich ist. Das lernt er bestimmt noch.
Also für die Nachvollziehbarkeit: Karim Adeyemi ist ja gerade in einem offensichtlichen Formtief. Dieses Formtief hat ihm zumindest kurzfristig den Platz in der Nationalmannschaft gekostet. Der Junge ist halt "nur" ein Ergänzungsspieler, da kann man sich keine Leistungsdellen erlauben. Er ist aber auch noch verdammt jung, weshalb er theoretisch noch für die U21 auflaufen kann.
Er hat sich aber dafür entschieden, lieber in seinem Verein und unter seinem eigentlichen Cheftrainer an seiner Form zu arbeiten. Und er hat den Fehler gemacht, dies auch öffentlich so zuzugeben. Wie naiv. Dafür wird er jetzt von allen Seiten kritisiert. Also hauptsächlich vom DFB Präsidenten Bernd Neuendof und von den Kommentarspalten im Internet.
Wenn ich die nebenbei gerade so überfliege, ärgert es mich plötzlich doch, dass Deutschland verloren hat. Wie viele dort jetzt ihrem stumpfen Rassismus freien Lauf lassen, weil ein Deutsch-Türke als Kapitän gegen die Türkei verloren hat. Und weil sowieso viel zu wenige "richtige Deutsche" in der Nationalmannschaft spielen. Während die Nationalmannschaft nebenbei "Deutscher" ist, als damals beim WM Titel, das Sturmduo Miroslav Klose und Lukas Podolski in Polen geboren wurde... und legendäre Weise ihre Absprachen im Sturm auf Polnisch gemacht haben. Aber für die Rassisten gehört Polen wahrscheinlich eigentlich zu Deutschland, aber in diesem Land geborene Türken halt nicht... weil die dumm sind. Einschub Ende.
Aber um das mal festzuhalten: Adeyemi ist einer dieser Spieler, die in ihrer Karriere schon mal ein K.O. Spiel in der Champions League entschieden haben. Und er war bereits Stammspieler in der Bundesliga. Deswegen ist der Vergleich mit Youssoufa Moukoko auch unangebracht. Denn für einen Ergänzungsspieler sind die 180 Minuten gegen, bei allem Respekt, unterklassige Gegner wichtiger, als für einen gestandenen Bundesligaprofi.
Nebenbei muss man an der Stelle auch einfach mal bedenken, wie absurd teilweise die anderen Absagen sind. Fangen wir mal mit dem Offensichtlichen an: Manuel Neuer hat sich auch dafür entschieden, dass es besser ist, dahoam an der Verfassung und der Form zu arbeiten... obwohl er mit ziemlicher Sicherheit all die Übungen, die er da jetzt macht, auch im Nationalmannschaftstrikot absolvieren könnte. Also ein einfaches "Ich fahre da hin, um Präsenz zu zeigen und die taktischen Übungen mitzumachen, setze die Spiele aber aus und trainiere viel individuell" wäre da doch ein Lösungsansatz gewesen. Gerade wenn man bedenkt, dass Neuer verdammt lange nicht mehr da war und dass es einige neue Gesichter gibt. Oder im Fall von Matts Hummels und Thomas Müller alte Gesichter in neuer Rolle. Aber Neuer darf halt lieber zu Hause bleiben.
Sein direkter Konkurrent Marc-André ter Stegen reißt wegen nicht näher definierter Rückenproblemen ab. Nichts Genaues weiß man nicht. Aber die Probleme sind definitiv so schlimm, dass er zwingend abreisen musste. Trotzdem wird er am Wochenende für Barca auflaufen können, ohne dass jemand von einer Wunderheilung sprechen wird.
Da muss die Frage, ob sich Adeyemi nicht eine Verletzung aus dem Arsch ziehen konnte. So ein "Ich bin beim Joggen mit einem Elch zusammengestoßen." Da wäre ihm doch bestimmt was eingefallen... und dann hätte keiner was gesagt.
Wirklich absurd wird es aber, wenn man sich die "spontanen Vaterschaften" anguckt. Also sowohl Robin Gosens als auch Malick Thiaw guckten sich nach der Nominierung in ihrer Wohnung um und stellten dann fest: Oh, da sitzt ja eine hochschwangere Frau. Scheiße, verdammt, und die gehört zu mir. Und die liegt jetzt 7 Tage lang in den Wehen. Da muss ich mich jetzt wohl drum kümmern. Da kann man halt nichts machen. War auch nicht vorherzusehen.
Also zunächst mal das erste Level: So eine Geburt kommt in den meisten Fällen nicht so wirklich überraschend. Also klar, der Moment, in dem des dann wirklich losgeht, kann überraschend kommen. Und dann sollte Mann auch alles stehen und liegen lassen und seiner Frau beiseite stehen. Aber dass dieser Termin jetzt anstehen könnte, wissen die beiden doch schon seit ungefähr 9 Monaten. Ok, sagen wir 6. Wäre es da wirklich so schwer gewesen, kurz mit Julian Nagelsmann zu kommunizieren, dass man da gerade ein großes Ding im Ofen hat, was dringend seine Aufmerksamkeit braucht.
Vor allem bleibt dann auch festzuhalten: Wenn am Wochenende ein Ligaspiel angestanden hätte... gefolgt von einem Champions League Spiel am Dienstag. Dann hätten es beide geschafft, trotz der anstehenden Vaterschaft auf dem Feld zu stehen. Es gibt diese Geschichten, wo der werdende Vater von der Kabine in den Kreißsaal rennt, damit er die Geburt nicht verpasst. Das bekommen verdammte Kreisligakicker hin. Unter den Profis verlinke ich mal Karim Onisiwo als bekannteres Beispiel. Bei Thiaw sehe ich ja noch ein, dass es komplizierter ist, schließlich spielt er in Mailand und deswegen ist auch davon auszugehen, dass sein Kind da zur Welt kommt. Aber Gosens spielt in Berlin. Also in genau der Stadt, in der Deutschland gerade sein Auswärtsspiel absolviert hat. Wenn er wirklich gewollt hätte, würde er im Kader stehen und hätte sich auf Abruf abmelden lassen, um in den Kreißsaal zu fahren.
Beide nahmen die passende Gelegenheit an, um direkt beide Freundschaftsspiele abzusagen, anstatt sich wenigstens die Option offenzuhalten, dass man nach der Geburt nachreist und dann mitspielt. Aber sie haben sich ja direkt für die kompletten 13 Tage abgemeldet. Warum auch nicht, es ist ja nur die Nationalmannschaft. Auch wenn allen klar ist, dass sie im Verein maximal 6 Stunden ausgefallen wären.
Hätte Adeyemi nicht auch spontan feststellen können, dass er Vater wird? Ok, seine Freundin ist eine designierte Kandidatin beim Promi Big Brother, da ist das etwas schwieriger. Aber mit ein bisschen Kreativität wäre da was gegangen.
Aber um das mal festzuhalten: Alle anderen Spieler, die mehr oder weniger fadenscheinige Ausreden vorbringen, warum sie die beiden Länderspiele absagen müssen, werden dafür nicht kritisiert. Einzig Adeyemi muss sich diese Vorwürfe gefallen lassen. Das muss er nur, weil er offen und ehrlich mit der Situation umgeht.
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