Und kauft sich dann tatsächlich mal den Kicker, nur um herauszufinden, dass Hansa mit 0:4 verloren hat, weil Kolke sich unbedingt für das Kacktor des Monats beworben hat... Und ja, so als Random Information: Erst am Montag nach 8 km Radfahren herauszufinden, wie die Bundesligaergebnisse waren, weil man wirklich gar kein Internet hat, ist sehr erholsam.
Anyhow. Der Kicker hat mich dann wirklich verwirrt. Also zunächst schreiben sie einen wunderschönen Artikel darüber, wie toll es doch ist, dass Anthony Modeste endlich Champions League spielen darf. Mit 34 wird er die Gelegenheit nicht mehr allzu oft bekommen. Und ja, der Anlass (also Sébastien Hallers Krebsdiagnose) ist wirklich ein tragischer, aber Modeste hat sich das mit seiner herausragenden Arbeit und der Weiterentwicklung im hohen Alter halt auch wirklich verdient.
Und dann lese ich in den Leserbriefen, dass Modeste die Woche vorher vom Kicker als geldgeiler Egoist beschimpft worden ist. Das ist doch mal investigativer Journalismus. Also ernsthaft, das hat ihnen bestimmt der CIA verraten, die kriegen ja alles raus.
Ganz ehrlich: Dass Anthony Modeste ein "geldgeiler Egoist" ist, wissen wir doch alle seit dem Sommer 2018. Also als Modeste sich in der Blüte seiner Jahre einfach von jeglichem Leistungsdenken und dem Streben nach höherem verabschiedet hat und das Millionengehalt aus China akzeptierte. Davon haben die Kölner, die in der Summe 34 Millionen für den Angreifer bekamen, ja auch gut profitiert. Aber seit dem steht doch fest, dass Modeste hauptsächlich auf seinen Kontostand achtet und alles andere eher sekundär ist.
Jetzt kann man ja eigentlich einen Fortschritt sehen. Also immerhin hat er dieses Mal die Angebote aus den Golfstaaten laut eigenen Aussagen abgelehnt. Er wechselt wirklich hauptsächlich, weil er ein Mal auf dem allerhöchstem Niveau auflaufen will. Diese ominöse Hymne einmal hören will. Und klar, er wird dabei auch gut verdienen, aber das ist definitiv nicht der primäre Antrieb seines Handelns.
Nm zu verdeutlichen, wie sich die "Zeiten" in der Berichtserstattung geändert haben, krame ich mal ganz tief in meinem Gedächtnis. Also damals, als Mathias Schober, seines Zeichens unumstrittener Stammtorhüter in der Bundesliga und auf dem Weg zur Legende bei Hansa, unbedingt zu Schalke auf der Bank sitzen wollte, hat niemand geschrien, dass das ja nur wegen des Geldes passiert. Sondern, weil Schober die Champions League wenigstens mal von der Bank aus erleben wollte. Und weil er zu seinem Jugendverein zurückkehren wollte, die er mal zum Meister der Herzen gekürt hat. Ok, er hat damals als Leihspieler für den Hamburger SV gespielt, aber ja, genau der Mann hat damals den Rückpass mit der Hand aufgenommen hat, der zu Andersons Freistoßtor führte wollte hinterher unbedingt zurück nach Gelsenkirchen. Geschichten aus den ominösen "damals", als noch nicht im März feststand, dass die Schale nach München gehen wird.
Jedenfalls hat Schober, mit dem "zurück zum Ausbildungsverein, dafür aber auf die Bank" Sternchen dieselbe Entscheidung getroffen, wie Modeste. Aber einem wird das dann vorgeworfen. Das zeigt auch einfach, wie sich die Berichterstattung und Wertung verändert hat.
Nebenbei wurde im Kicker anscheinend auch Filip Kostic kritisiert, weil er anscheinend lieber zu Verhandlungen nach Turin gereist ist, anstatt einen völlig irrelevanten Titel, für den sich keine Sau interessiert und der nur den Rahmenterminkalender voll macht, zu jagen. Also ja, es geht Fußballern um Titel, aber eben nicht um den belanglosen Supercup.
Zurück zu Modeste: Das ist doch eigentlich eine Situation, von der alle profitieren. Also nicht nur Modeste. Dortmund bekommt mit ihm seine kurzfristige Lösung, die aber auch keine Ansprüche stellen wird, wenn (dreimal aufs Holz klopfen) Haller gesund zurückkehrt.
Köln muss nicht mehr auf die naive Hoffnung setzen, dass Modeste Wahnsinnssaison wiederholt. Und sein wir kurz ehrlich: Dass der dieses Niveau hält und nochmal 20 Tore erzielt, war zumindest in Köln eher unwahrscheinlich. Dazu bekommt man eine (für einen so alten Spieler) stattliche Ablöse und mit Steffen Tigges einen jüngeren Angreifer, an dem Steffen Baumgart seine Magie wirken darf.
Und ja, man kann sich praktisch darauf verlassen, dass Baumgart Tigges besser machen wird. Man ist halt in der glücklichen Position, dass man einen dieser Trainer in seinem Verein hat, der einem das praktisch garantiert. Aber auch für die Kölner ist es besser, wenn Baumgart diese Magie bei einem jüngeren, entwicklungsfähigen Spieler anwendet, anstatt sie zu verschwenden, um einen alternden Star vielleicht noch ein weiteres Jahr auf angemessenem Niveau zu halten.
Denn eines steht doch definitiv fest: Spätestens 2024 wird Tigges einen besseren Bundesligastürmer abgeben, als Modeste, der dann halt im wohlverdienten Ruhestand sein wird.
Natürlich bleibt Modestes Wechselwunsch dann immer noch "egoistisch". Aber ist das wirklich ein Problem, wenn alle beteiligten Partein von diesem egoistischen Wunsch profitieren dürften?
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