Es lässt einen halt auch nicht wirklich los. Und nachdem ich gestern relativ viel Verständnis für diese Entscheidung aufgebracht habe, muss ich da doch nochmal kritischer drüber nachdenken.
Also vor allem wegen einer Aktion: WeKickCorona. Denn die macht Joshua Kimmichs Haltung um einiges komplizierter. Fangen wir mal mit dem ersten Zitat direkt von deren Homepage an:
"Weil die Gesundheit über allem steht, ist jetzt Solidarität im Kleinen wie im Großen notwendig. Jeder kann helfen."
Ähm. Ja... genau. Also dem ist wenig hinzuzufügen. Außer natürlich, dass diese Solidarität im Wesentlichen aus einer Impfung besteht. Das ist, neben sich zu Hause einschließen, das einzige, was man selber machen kann, um andere vor einer Infektion zu schützen. Und natürlich ist es ein Risiko, sich einen brandneuen Impfstoff in den Arm zu rammen. Da war mir persönlich auch immer bewusst. Ich bin dieses Risiko aber eingegangen, weil es a) sehr gering war und b) es die einzige Variante war, andere zu schützen.
Kimmich fordert selber Solidarität von allen, ist aber selber nicht gewillt, diese Solidarität umzusetzen. Er will seine Freiheit zurück, aber nichts riskieren, um diese Freiheit zu bekommen. Einer der offiziellen Vorkämpfer gegen Corona ist jetzt nicht gewillt, auch den entscheidenden Schritt im Kampf gegen Corona zu gehen. Damit reißt er alles, was er an sozialem Engagement gezeigt hat, wieder ein.
Der nächste, genauso kritische Punkt ist halt, dass mit den WeKickCorona Spenden über Unicef eine gerechte Verteilung des Impfstoffs in der Welt unterstützt. Einen Impfstoff, den Kimmich selber für zu gefährlich hält, um ihn zu nutzen. Aber die Afrikaner können den ja ruhig ausprobieren. Wenn Menschen aus Entwicklungsländern wie Sachsen mit den Langzeitfolgen Probleme haben, ist das ja nicht so schlimm. Also genaugenommen ist genau das Kimmichs Meinung. Er lässt halt die anderen so lange testen, bis er sich sicher ist, dass ihm der Impfstoff nicht schadet.
Wirklich deutlich wird diese "Für euch ist das ja gut genug, für mich aber nicht" Haltung, wenn er dann angeblich wirklich auf einen sogenannten "Totimpfstoff" wartet. Der bringt dann laut dem verlinkten Artikel im wesentlichen weniger Nebenwirkungen. Also ja, Kimmichs Vorstellung von Solidarität ist, dass wir uns alle mit diesen Nebenwirkungen auseinandersetzen, damit er weiter seinem Job geregelt nachgehen kann. Er lässt uns das Risiko tragen, damit er wieder vor Leuten spielen darf. Und wenn es dann nicht mehr weh tut, greift er auch zur Spritze.
Und um da noch einen letzten Kicker zu bringen: Der Mann hat für diese WeKickCorona Aktion einen Preis gewonnen, weil wir es alle so toll fanden, wie er sich gegen Corona engagiert. Das mindeste, was Kimmich jetzt machen sollte, ist den "Fair Play Preis des deutschen Sports" zurückgeben. Denn seine Vorstellung von Fair Play ist ja: Tragt ihr das Risiko, dann muss ich nicht. Und auch der DFB sollte Kimmich sofort den Status als "Deutscher Fußball Botschafter" entziehen, der ihm laut Wikipedia verliehen worden ist. Denn dieser Botschafter verbreitet ganz offensichtlich Falschmeldungen und Unwahrheiten. Ernsthaft, da muss es jetzt eine deutliche Positionierung des DFBs geben. Aber... ähm... wer ist da gerade Präsident? Schon wieder niemand? Schade eigentlich.
Das ist nebenbei das wirklich positive an diesem ganzen Scheiß: Dass mir jetzt haufenweise Beiträge mit Zitaten von Wissenschaftlern geliefert worden, die mit diesem ganzen Langzeit-Mythos aufräumen. Dass darüber jetzt nochmals offen diskutiert wird, ist etwas Gutes. Problematisch ist natürlich, dass die jetzt von Kimmich bestärkten Impfgegner diese Artikel nicht lesen werden und nur auf Kimmich vertrauen...
Um nachzuweisen, was für absoluten Bullshit sich Kimmich da aus dem Arsch gezogen hat, wenn er Langzeitstudien fordert, muss man auf das seriöseste deutsche Organ verweisen: Den Postillon. Es ist halt schon traurig, dass ausgerechnet die Satire den Finger in die eigentlich wichtige Wunde legt. Und ja, ausgerechnet an dem Wochenende, an dem mit Manu Thiele ein bekannterer Youtuber ein Video zu den Gefahren von Gehirnerschütterungen macht, macht sich Kimmich Sorgen um eine Impfung und fordert Langzeitstudien. Hey, lieber Joshua, es gibt da Langzeitstudien, die nachweisen, dass jedes einzelne Bundesligaspiel, welches du absolvieren wirst, gefährlicher für dich ist, als diese Impfung. Wenn du dir wirklich Sorgen um deine Gesundheit machst, suche dir doch die richtig gefährlichen Dinge in deinem Alltag raus und gehe gegen diese vor. Aber anscheinend sind dir Langzeitfolgen sonst komplett egal.
Kommen wir zum letzten Problem: Kimmichs Klagen darüber, dass es nur „nur noch geimpft oder nicht geimpft“ gibt. „Und nicht geimpft bedeutet dann oftmals gleich, dass man Corona-Leugner oder Impfgegner ist." Kurzes Realitätsupdate: Bei Impfgegnern ist das genau so. Jeder hatte mittlerweile die Chance, sich impfen zu lassen. Wer dies nicht getan hat, hat sich bewusst dagegen entschieden. Und gerade Kimmich mit seiner herausragenden medizinischen Betreuung und Beratung hat sich bewusst dagegen entschieden. Damit ist er ein Impfgegner. Damit muss er sich auseinandersetzen.
Natürlich gibt es unterschiedliche Stufen von Impfgegnern. Es gibt diejenigen, die sich aus gesundheitlichen Gründen wirklich nicht impfen lassen können. Denen wurde die Entscheidung dagegen abgenommen.
Es gibt diejenigen, die sich noch unsicher sind, die deswegen aber auch gerne bereit sind, zurückzustecken.
Es gibt diejenigen, die sich noch unsicher sind, aber wie bockige Kleinkinder darauf pochen, dass sie trotzdem alles dürfen müssen. Das sind die Impfgegner, von denen ihr gerade wahrscheinlich am häufigsten hört. Das sind halt diejenigen, die sich jetzt darüber beschweren, dass in den Stadien 2G durchgesetzt wird, obwohl das absehbar war. Sie sehen an und für sich schon ein, dass Corona existiert und gefährlich ist, aber sie sehen nicht ein, dass sie deswegen irgendwelche Einschränkungen erdulden müssen.
Und dann gibt es die Corona komplett Leugner, die krampfhaft daran glauben, dass Bill Gates uns alle mit Mikrochips ausstatten will. Diese Menschen glauben halt, dass ich ein Schlafschaf bin, der sich keine eigene Meinung bilden kann, weil sie irgendwo eine vorgefertigte Meinung im Internet aufgestöbert haben und diese unreflektiert weitergeben. Da kann man halt nichts machen.
Kimmich gehört wahrscheinlich zur 2. Kategorie. Also zur "Ich sehe ein, dass ich mich dann einschränken muss, bin aber trotzdem weiter skeptisch" Klasse. Das entscheidende Grundproblem ist und bleibt aber, dass die Leute aus der 3. und 4. Kategorie ihm jetzt glauben und ihm jetzt zujubeln dürften. Und da sage ich mal: Wenn mir das passieren würde, würde ich mich fragen, was ich falsch gemacht habe...
Das wären nebenbei meine 2 Wünsche an die Sportjournalisten: Konfrontiert Kimmich damit, dass er die Impfung praktisch verweigert, was ihm zum Impfgegner macht, und dass er für seine Haltung hauptsächlich von den Leuten, von denen er sich distanzieren will, Applaus bekommt. Und erinnert ihn daran, dass ihn Langzeitstudien an anderen, für ihn persönlich gefährlicheren, Stellen vollkommen egal sind, er sich also schlecht auf diese berufen kann...
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