Man muss schon zugeben: Wie die Bayern in der Bundesliga auftreten, seitdem sie mit der Borussia Punktgleich sind, ist beeindruckend. Schon in Gladbach hatte man das Gefühl, dass die Bayern wirklich das Ziel haben, sich die Tabellenführung schon bei der Gelegenheit zu holen. In den folgenden beiden Spielen wurden aus 2 Toren Rückstand 7 Tore Vorsprung. So konnte man Dortmund überholen, ohne dass die dafür Punkte liegen ließen.
Gerade die Überzeugung mit denen die Bayern auf das nächste Tor gehen, ist beeindruckend. Dies wird vor allem bei den Ergebnissen der 2. Halbzeit deutlich: Bevor man die Gelegenheit hatte Punktgleichheit zur Borussia herzustellen, gewann man den 2. Abschnitt seit der Niederlage gegen Bayer immer schmucklos mit 1:0. Am Ende standen dort dann die Arbeitssiege, die für Niko Kovac halt symbolisch steht.
Seit dem das Torverhältnis allerdings relevant werden könnte, erzielten die Bayern in 3 Spielen 10 Tore nach dem Seitenwechsel. Sie gehen jetzt immer konsequent auf das nächste Tor, bis der Gegner richtig gedemütigt worden ist. Dabei sind sie gnadenlos. Und das wird so lange anhalten, bis sie irgendwann auch mehr Punkte als der BvB haben werden.
Am deutlichsten zeigte sich diese Gier in der Einwechslung von Offensivtalent Alphonso Davies für den Linksverteidiger David Alaba: Beim Stand von 5:0 bringt Kovac nicht nur ein Talent, dass ja jede Gelegenheit nutzen muss um sich zu beweisen... sondern er bringt auch einen Offensivspieler für einen Verteidiger. So was wird normalerweise bei Rückstand als ganz klares Signal für die Spieler bewertet. Kovac bringt solche Signale mittlerweile auch bei deutlichen Führungen.
Aber... da kommt natürlich das große Aber. So faszinierend dieses derzeitige Selbstverständnis in der Bundesliga ist, so wird die Gesamtsaison der Bayern doch an dem einen Spiel hängen, an denen ihnen genau dieses gefehlt hat. Denn das Heimspiel gegen Liverpool stand im krassen Gegensatz zu den Ligaspielen, von denen es umrahmt worden ist: Die Bayern wirkten eher ängstlich. Sie spielten nicht selbstbewusst aufs Tor des Gegners, sie spielten um keines zu fangen. Und dann wollte man mal gucken, was so geht. Oder direkt gesagt: Genau dieses "Mia san Mia" hat komplett gefehlt.
Am deutlichsten kann man den faktischen Qualitätsverlust der Bayern am 4. James Tor gegen Mainz festmachen. Klar, sieht cool aus. Hat man aber als Bayern-Fan schon 98 Mal gesehen... weil ja gefühlt jedes Arjen Robben Tor genau so gefallen ist: Er zieht von rechts nach innen und mit links ab. Der entscheidende Unterschied zwischen James und Robben: Letzterer war auch in der Lage in entscheidenden Champions League Spielen solche Aktionen anzufangen und erfolgreich zu Ende zu bringen. James bringt so was, was es darum geht die Tordifferenz in einem Fernduell auszubauen.
Und da landet man auch bei der eigentlichen philosophischen Frage, die sich die Bayern stellen müssen: Wird James nochmal den Sprung zum absoluten Leistungsträger auf Champions League Niveau vollziehen? Und wenn nicht, lohnt es sich dann den Jungen für verdammt viel Geld zu verpflichten? Denn ich sage das mal so: Leute, die das 5:0 gegen Mainz mit einer überragenden Einzelleistung erzielen, kriegt man auch für weniger Geld.
Und sonst so?
Oj ja: Regelkunde für Fortgeschrittene: Also habt ihr euch auch gedacht: Schön, dass die Regelkommision erst Mal das unwichtige eindeutig klärt, die Handspielregel, die aber ständig diskutiert wird, nicht lösen kann? Und dachtet ihr dann auch: Naja, wie oft wird es schon passieren, dass die Hand bei der Entstehung eines Tores ins Spiel kommt? Und dann stellte die Bundesliga mit dem Spiel VfL Wolfsburg - Fortuna Düsseldorf ein Lehrbuchspiel für genau die geänderte Regel zusammen: Also sowohl das 1:1, als auch das 4:2 waren nach derzeitiger Regelauslegung korrekte Tore... ab Sommer werden sie aber nicht mehr gegeben, weil (beim 1. definitiv, beim 2. nicht ganz so eindeutig) bei der Entstehung eine Hand am Ball war. Und wenn dir das als Angreifer passiert und daraus dann eine Torchance entsteht, muss die Aktion abgepfiffen werden.
Das ist einerseits gut, denn es ist einfach und eindeutig. Es ist andererseits schlecht, weil alle Experten von Kicker bis zur Sportschau von einer vertretbaren Entscheidung sprechen...
Und es hat natürlich wieder niemand den Weitblick sich diese Szene anzugucken und dem gemeinen Fan zu erklären, dass genau hier die Regeländerung im Sommer greift und derartige Situationen dann eindeutig geklärt sind.
Was dann nebenbei zu der Absurdität führt, dass für Angreifer offiziell andere Regeln gelten als für Verteidiger. Also wenn einem Abwehrspieler der Ball so an die Hand springt wie Weghorst beim 1:1, darf er ihn hinterher ungestraft klären, obwohl auch er einen Vorteil aus dem Handspiel hat. Bei einem Angreifer muss es aber zwingend abgepfiffen werden.
Wie immer schlage ich an der Stelle meine persönliche einfach umsetzbare Lösung vor: Gebt einfach auf derartige Handspiele immer einen indirekten Freistoß. Denn das "Problem" ist nicht, dass die Regel zu schwammig ist, das Problem ist, dass die Strafe viel zu hart ist. Aber gut, ich wiederhole mich.
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