Lasst mal ein wenig Spaß haben. Und Fußball Jahresrückblicke gibt es ja sonst überall... Also setzen wir jetzt die schöne Tradition fort und ich teile die Musik, die mich bewegt hat.
Ach so: Stichtag ist der 13.12, weil da Pioniergeburtstag ist und ich damit einen Grund hatte 1312 zu schreiben... Und weil man halt auch ein weilchen braucht um Alben zu verdauen.
Platz 26: MC Rene - Irgendwas stimmt: Das Jahr begann mit einer angenehmen Überraschung: MC Rene veröffentlichte ein gutes Album. Damit hatte ich nicht mehr gerechnet. Für Kontext: MC Rene war der beste Rapper des Landes von 1993 bis mindestens 98 eher 99. Dann kam Samy Deluxe. Seit dem ist Rap so groß und divers, dass sich die Frage nicht mehr eindeutig beantworten lässt. (Spoiler: Torch war es nie, auch wenn er es jahrelang behaupten durfte...)
Danach stürzte Rene aber in die Bedeutungslosigkeit der Stand Up Comedy ab. Was dazu führte, dass ich kurz in die Singles reingehört und die Alben abgewählt habe. Aber 25 Jahre nach der Renevolution kam dann tatsächlich wieder was.
Eine höhere Einstufung verpasst dieses Album wegen der doch ein wenig übertriebenen Nostalgie. Klar, auf 1993 ist das für einen Song wirklich schön... vor allem, weil ich das angesprochene Treppenhaus Video vorher schon kannte. Der Eißfeld Part danach ist wirklich grenzwertig, vertraut mir... aber muss es sich durch das ganze Album ziehen? Andere Rapper aus der Generation können das besser.
Platz 25: MAENTIK - A Constant Illiusion: Um ganz ehrlich zu sein: Auf das Album bin ich nur gestoßen, weil mein Cousin da Bass spielt. Aber bisher habe ich bei "Freunde oder Verwandte machen Musik, da höre ich mal rein" meistens richtig gelegen. Wenn man ein offenes und buntes Umfeld hat, ist das eine wunderbare Variante seinen Musikhorizont zu erweitern. Und wenn es einem nicht gefällt, hat man wenigstens Kleinkunst unterstütz. A Constant Illusion ist dann gerade noch in der "Wenn ich mal Bock auf Gitarren habe, ist das meins" Kategorie. Also wirklich gerade noch. Und man bekommt halt nicht zu oft die Chance Videos mit unter 1000 Aufrufen zu verlinken...
Platz 24: Mine - Hinüber: Mine ist einzigartig. Wann immer die an irgendeinem Projekt beteiligt ist, hört man sie sofort heraus. Die Produktion und der Sound sind eindeutig von ihr. Einen Song wie Hinüber kann sonst niemand veröffentlichen. Eiscreme hat das "Most Random Rapfeature" mit Roger Rekkles, der im Outro Eisdielen aufzählt... Das ist alles cool. Aber irgendwie will der Funke nicht so ganz auf mich überspringen... Manchmal kann man nicht wirklich erklären, warum man das eine feiert und das andere nicht so sehr...
Platz 23: Arlo Parks - Colapsed in Sunbeams: Wenn du die Sport- und Kulturseite deines Vertrauens öffnest und da jemand, als der neuste, heiße Scheiß für die Generation Z vorgestellt wird und du dir nur denkst: Danke, kenn ich schon. Oh und Arlo Parks kommt "sogar" auf 2 Grammy Nomination. Als Britin, die den Amis sonst eigentlich eher egal sind. Und die ich ja sonst auch eher ignoriere. Aber das macht doch Hoffnung... Irgendwie macht sich das Gefühl breit, dass der britische R'n'B um einiges finsterer und melancholischer ist, als sein amerikanisches Vorbild. Oder ist das eigentlich gar kein R'n'B, sondern fällt unter "Singer/Songwriter"? Nebenbei landet Arlo Parks hier nur auf Platz 4 der "englischen Talente mit ihrem Debütalbum..." Nebenliste.
Platz 22: Mal Élevé - Résistance Mondial: Ok, eines vorne weg: Mal Élevé muss man, wie schon seine vorherige Band Irie Revoltes live erleben. Die Energie, die der alte Mann live auf die Bühne bringt, wird in Deutschland von nur ganz wenigen erreicht. Also wir reden von Feine Sahne und Mono und Nikitaman. Und klar, die Botschaft ist brachial und platt, aber manchmal muss man das halt einfach rausbrüllen. In dem Sinne: No pasaran! Und Menschen zu retten ist kein Verbrechen.
Ganz nebenbei wollte ich erwähnen, dass die Zeile "Hebt alle die Hände hoch, Stellen uns quer, denken quer, lieben quer, grenzenlos" nicht ganz so gut gealtert ist. Das liegt nicht an der Zeile, sondern nur daran, dass "Querdenken" mitlerweile von einer gewissen Gruppe besetzt wurde.
Platz 21: Anaiis - This is no longer a Dream: Heute in der beliebten Serie: Ist das noch R'n'B, oder ist das schon Kunst? Auf jeden Fall ist es kompromisslos und komplex. Und auch wenn sie um die halbe Welt gezogen ist, so landere sie am Ende in London und fällt damit in die neue englische R'n'B Schule, die ich so feiere. Demonstrativ wird hier Chu verlinkt, aber das ganze Album hat einen eigenen Klang.
Platz 20: Danger Dan - Das ist alles von der Kunstfreiheit gedeckt: Uff... kommen wir zum wohl schwierigsten Album des Jahres. Also lasst uns erstmal eines klären: Ist es ein gutes Album? Die Antwort lautet: eher nicht. Das Problem ist halt, dass man ziemlich schnell nicht mehr weiß, ob man schon bei Song 5 oder erst bei Song 3 ist. Danger Dan ist halt nicht gut genug um ein reines Piano Album zu tragen. Was kein Vorwurf ist, ich bin mir nicht sicher, ob irgendein Rapper das wirklich könnte. Aber es gibt halt Gründe, warum er "nur" ein Teil einer Crew ist und kein Reinhard Mey ist.
Doch das ist ja auch alles vollkommen egal. Denn am Ende geht es bei diesem Album nur um den Titeltrack. Der hat hakt einen Nerv getroffen, dass man ihn einfach nicht ignorieren konnte. Also selbst die "Ich höre ja gar keinen Rap" Leute fanden den gut. Oder sie fühlten sich angesprochen und fanden ihn deswegen Scheiße. Aber auch dieser Song ist am Ende problematisch. Also ich frage mich irgendwann, ob man eigentlich "Angst frisst Seele auf" von Feine Sahne Fischfilet und "Das ist alles von der Kunstfreiheit gedeckt" gleichzeitig feiern? Also für Kontext: Die Neonaziband "Erschießungskomando" veröffentlichten einen Song, in dem zum Mord an Katharina König-Preußig aufgerufen wurde. Der Song ist FSFs Reaktion auf derartige Texte. Jetzt kommt Danger Dan und stellt fest: "Kubitschek hat Glück, dass ich nicht Bogen schieß'" Ist es jetzt in Ordnung Nazis in Musik mit Gewalt zu drohen und darüber zu fantasieren? Und der Text ist ja voll von Namen und Gewaltandrohungen. Klar, alles bewusst als Provokation und genau an der Grenze. Aber das kann das "Erschießungskomando" doch auch von sich behaupten.
Kann man nicht auch klare Kante gegen Nazis und Verschwörungstheoretiker zeigen, ohne offen mit Gewalt zu drohen? Bestimmt, hätte sich aber nicht so gut verkauft... Und versteht mich nicht falsch: Es ist immernoch ein guter Song. Aber es ist nicht dieser absolute Überhammer, den viele daraus machen wollten...
Platz 19: Die P - 3,14: Heute in der beliebten Serie: Es ist doch so einfach, warum machen das nicht mehr: Die P. Einfach nur tighter Rap. Kein Gesangschorus, keine Trap Experimente. Einfach nur 96 bpm, ein Mic und los geht's. Mehr brauche ich gar nicht um glücklich zu sein. Allerdings sind halt mittlerweile viele Musiker als Rapper und als Sänger nicht gut genug und machen deswegen beides halbherzig. Allerdings bedeutet das halt auch, dass man erst mit mitte 30 sein Debütalbum rausbringen kann...
Aber Die P rappt mittlerweile auf dem "Ist mir eigentlich egal, was die sagt, das wie ist einfach geil" Niveau.
Platz 18: Nana Adjoa - Big Dreaming Ants: Nana Adjoa hat auf Genius.com zu jedem Song dieses Albums ausführliche Erklärungen abgegeben. Von der Inspiration bis zur Entstehungs und Produktionsphase wird da alles ausführlich erklärt. Das finde ich je nach Tagelaune unfassbar cool (Hey, die lässt uns wirklich am Entstehungsprozess teilhaben) oder verzweifelt (Macht sie das, weil niemand ein Interview mit ihr machen will?). Am Ende ist es ein Album, für das man sich wirklich Zeit nehmen muss um zu merken, was sie da alles reingepackt hat. Ich verlinke hier mal demonstrativ "National Song".
Platz 17: Alicia Keys - Keys: Ok, eines vorne weg: Dass dieses Album existiert, ist richtig schlecht. Denn ich hab mir ja Tickets für das Konzert am 19.6.2020 gekauft, weil ich "Holy War" unbedingt live hören wollte. Als ich das Ticket kaufte, war noch nicht mal "ALICIA" draußen. Jetzt ist der Song vom Vor-Vorletzten Album, die Wahrscheinlichkeit, dass er in der Setliste auftaucht, sinkt also... Und beide Alben kommen nicht an "Here" ran.
Jetzt macht sie halt das, was man von ihr erwarter: Überragende Stimme und ein herausragendes Klavier. Da kommen dann einige gute Songs wie "Nat King Cole" raus. "Is it insane" soll seit der "Songs in A Minor" Session rumliegen, aber erst jetzt war die Zeit reif für eine Veröffentlichung.
Ich glaube ja, das größte Problem dieses Albums ist es, dass die "Original" und "Unlocked" Versionen einfach zu viel sind. Vor allem, weil ich den Unterschied zwischen beiden Ansätzen nicht zwingend nachvollziehen kann. Ok, das eine hat etwas mehr Piano als das andere. Aber dadurch zerfasert das Album halt auch unnötig, Ein etwas kompakteres Werk wäre meiner Meinung nach besser gewesen.
Das ist ja auch alles kein Problem, denn Jan Delay ist halt richtig gut. Ich erwarte nur halt mittlerweile auch keine Überdinge mehr von ihm. Das war mal anders. Man bekommt halt das, was drauf steht: Eine Platte zum Abschalten und feiern.
Platz 15: Clueso - Album: Das nächste Clueso-Album wird der Hammer. Zumindest, wenn man das "Ich mag den Sound, aber lass doch, lass doch den Sound für's nächste Album aufheben" aus dem Intro glauben schenken darf... oder ist das von der Aufnahmesession zum letzten Album und soll dieses Beschreiben? Für mich ist diese Platte ja eine zweiseitige Angelegenheit. Einerseits sind da die Gastbeiträge, die wie der letzte verzweifelte Versuch wirken, meinen Bruder davon zu überzeugen, dass Clueso nur eine verdammter Pop-Musiker ist. Ernsthaft, keinen dieser Gastbeiträge hätte ich gebraucht. Aber wenn sich Clueso nicht von anderen einschränken lässt, schreibt er immern noch richtig gute Songs. Die werden halt nur tief auf dem Album vergraben. Obwohl es zu "Du warst immer dabei" sogar nen Video gibt. Der Mann ist schon richtig gut, aber wie jedes Mal würde ich mir mehr von dem verpeilten Typen von "Gute Musik" wünschen. Aber solang er Spaß dran hat...
Platz 14: Everyone you know - Just for the times: Ich werde nie vergessen, wie ich der Band das erste Mal über den Weg gelaufen bin. Wir waren im Grünen Jäger um mein jährliches "Deutschrap-Update" des Reeperbahn-Festivals abzuarbeiten. Der Rapper trat auf sein Mikrofonkabel, was aber kein Problem war, weil er so viele Backgroundvocals vom Band hatte, dass es kaum auffiel, dass man ihn selber gar nicht hört. Wir sind dann weiter in die Prinzenbar. Damals, als man dort noch hingehen konnte... Und da dachte ich dann sofort: Holy shit, da hat jemand Eyedea and Abilites studiert. Also der Klang war damals schon recht dicht an deren letzten Album. Und Eyedea ist der beste Rapper, den ich niemals Live sehen werde...
Jetzt haben sich Everyone you know mehr in Richtung Dance entwickelt, was aber auch kein Problem ist. Das sind halt die Zeiten... Nach 3 Jahren ist das Debütalbum dann auch einfach mal überfällig.
Platz 13: Die Ärzte - Dunkel: Das Album beginnt so unfassbar harmlos mit "Karnickelfickmusik". Es wird dann aber sehr schnell sehr... nun ja... dunkel. Also Farin Urlaub schreibt halt einen Song darüber, wie man Menschen mit seinen Worten in den Selbstmord treiben kann. Bela B beschäftigt sich dafür dann auf "Ein Schlag" mit Femiziden. Das ganze endet dann halbwegs optimistisch mit "Our Bassplayer hates this Song", einer wir müssen die Demokratie verteidigen Hymne. Ich muss aber auch zugeben: Dieses Album hat doch seine Längen. Gerade verglichen mit dem Vorgänger Hell.
Platz 12: Materia - Die 5. Dimension: Kommen wir zum jährlichen "Ich müsste den eigentlich mehr feiern!" Album von Materia. Der Mann hat eine Wahnsinnsstimme, ist ein richtig guter Rapper und kommt aus meiner Heimatstadt. Das sind eigentlich mehr als genug Gründe für einen 5 Sterne Künstler. Trotzdem springt der Funke immernoch nicht endgültig über. Trotz Ätna Feature, die dieses Jahr definitiv einige Kategorien nach oben gestiegen sind. Obwohl er mittlerweile DJ Koze als Produzent hat, den ich noch aus der guten, alten Fischmob Zeit kenne. Obwohl wir beide definitiv Strandkinder sind. Es ist halt faszinierend, weil ich Materia spätestens seit dem Halloziehnation Demo auf dem Schirm habe. Also das lief damals im Outline hoch und runter, und dort habe ich meine Platten gekauft. Das ist jetzt schon 15 Jahre her. Ich kenne sonst keinen Künstler, der sich 15 Jahre in der "Gut, aber nicht überragend" Kategorie hält. Das macht Marten dann doch wieder einzigartig...
Platz 11: Donato - Anarco: Ich bin ja ein sehr einfach manipulierbarer Mensch: Wenn jemand ein Aphroe Feature auf seinem Album hat, muss ich das auschecken. Das ist ein absolutes und verlässliches Gütesiegel. Aphroe selber fehlt hier ja nur, weil er selten mehr als eine EP rausbringt. Aber wer so wenig macht, macht auch nur bei Künstlern mitmacht, von denen er vollkommen überzeugt ist.
Deswegen hörte ich also ins Anarco Album rein. Und wurde dann mit "Barcelona" überrumpelt. Feinstes und gleichzeitig finsterstes Storytelling. Basierend auf einer wahren Begebenheit. Also er erzählt erst die Geschichte von der Schulklasse, die mit dem Flugzeug auf Klassenfahrt nach Barcelona fährt und versetzt sich dann in den Piloten, der die Maschine auf einen Berg aufschlagen lässt. Ein richtig heftiges Teil. Also allein dieser Song sicherte einen Platz in diesen Charts. Es hat noch einige weitere emotionale Lieder im Angebot.
Platz 10: Nura - Auf der Suche: Das war dann das Jahr, in dem sich die "Wer von SXTN ist jetzt die Bessere" Geschichte wieder umgedreht hat. Nicht nur wegen des "Aus dem Asylheim in die Charts" Buches. Das Album dazu ist auch sehr stark. Normalerweise kritisiere ich ja Künstler immer, wenn sie weder richtig gut rappen, noch richtig gut singen dürfen. Aber Nura darf das auf Grund ihrer Haltung, die sie in die Charts und damit in den Mainstream bringt. Und während ich mittlerweile das Gefühl habe von Juju alles relevante schon gehört haben, packt Nura bei jedem Album noch einen drauf. Oh und "Dicker, schaffe ich es in dein Land, schaff ich es auch in deinen Club!" Nachdem sie bei ihrem Debütalbum erstmal nur sich und ihren Erfolg gefeiert hat, ist sie jetzt mit richtig viel Message zurück.
Pltz 9: Atmosphere - WORD? Der Skeptiker fragt sich: Ist es wirklich 5 Jahre her, dass Atmosphere mit "A long Hello" ihren letzten 5 Sterne Song geschrieben haben? Gut, das wäre noch nicht mal sooo schlimm, hätten Slug seit dem nicht mit "Mi Vida Loca", "Whenever", "The night before Helloween" und "Felt4 U" 4 Alben veröffentlicht, die allesamt "Gut, aber nicht überragend" sind. WORD? reiht sich jetzt nahtlos in diese Reihe ein. Die beste Zeile ist wahrscheinlich "Never forget this is America, banks rob you". Der Song kommt mit Sa-Roc Feature, was jedes Album besser macht. Am Ende verasbschiedet er sich mit einer Eyedea Referenz, die auch immer gut sind. Und ja, es gibt wieder haufenweise seltsame Videos zu dem Album, die mir beim Verstehen der Songs nicht wirklich helfen... Aber vielleicht brauche ich einfach noch ein Jahr oder 2 um das Album zu verstehen...
Platz 8: Fatoni und Edgar Wasser - Delirium: Ich muss ja zugeben, dass ich mir nie ganz sicher war, ob Edgar Wasser den ganzen Blödsinn macht, weil er nicht besser kann, oder ob all die rhythmischen Verschiebungen ein bewusstes Stilmittel sind... bis ich ihn dann diesen Sommer live gesehen habe. Und brachte er mit "Leben ist wow, dieser Flug nach Australien ist günstig, Oder ne, ist nur nach Österreich, auf Englisch" die beste schlechte Rapzeile des Jahres. Vielleicht sogar der letzten 10 Jahre. Das war eigentlich Textors Spezialgebiet. Oh und Fatoni ist ein richtig guter Rapper, der einfach nur rappt. Mehr brauche ich eigentlich gar nicht. Leider gehen die beiden am Ende des Albums mit künstlerischen Differenzen auseinander... Aber das Album ist trotzdem sehr schön geworden...
Platz 7: Celeste - Not Your Muse: Part 2 auf der "Endlich das Debütalbum der talentierten Engländerin" Liste. Oh und Celeste got robbed in 2019. Also damals, als sie für den Reeperbahn-Anchor-Award nominiert wurde, aber Alyona Alyona gewann. Mittlerweile nutzt das ZDF ihr "Stop this flame" als Olympia Song. Und wie es aussieht, tauchte es nicht nur dort auf, sondern auch beim Fifa Soundtrack... auf Netflix Serien. Im RTL2 Programmhinweis. Sie löste Beyoncé Knowles in der Peloton Werbung ab und gab mir damit eine Möglichkeit, die Beste doch in die Charts einzubauen... Thanks. Die schüchterne Sängerin ist im Mainstream angekommen... Aber im Gegensatz des Mainstreams, der von der Stimme fasziniert ist, bin ich schon im "Hab mich halt dran gewöhnt, sie macht das, was ich von ihr erwarte" Modus. Oh und an der Stelle sei erwähnt, dass das Piano praktisch direkt bei Nina Simone geklaut ist, die quasi die Großmutter der modernen "Black Music" ist.
Platz 6: Karl die Große - Was wenn keiner lacht: Hier die Gewinner des Dota-Klon Awards des Jahres: Wencke Wollny und ihre Band. "Das dicke Mädchen hat es den Berg hoch geschafft!" Wer auf "auf den ersten Blick seichte Popmusik mit überraschend tiefgründigen Texten" Bock hat, wird hier fündig. Fatonis Rap Part auf "On My Side" könnte dessen bester Beitrag des Jahres sein. "Weißt du was ich Scheiße find? Was ich so richtig Scheiße find, So richtig richtig Scheiße find? Dass ich jetzt alleine bin." Oh und das Maeckes die featuren darf, finde ich irgendwie unfair...
Wencke Wollny ist jedenfalls eine großartige Musikerin, die mir in den letzten 2 Jahren immer wieder über den Weg lief. Also 2020 dürfte ich sie 5-mal mit verschiedenen Bands oder Projekten auf der Bühne gesehen haben. Dieses Album ist da nur die logische Konsequenz.
Platz 5: Kapelle Petra - Die Jahreszeiten: Atmosphere hat das doch schon vor Jahren gemacht! Also 4 EPs in einem Jahr zu veröffentlichen und mit jeder EP eine Jahreszeit abzuhandeln. Stimmt. Aber wenn wir alles, was Atmosphere schon gemacht hat, einfach lassen, wird kaum noch jemand neue Musik rausbringen können...
An der Stelle muss noch kurz eingeschoben werden, dass das "Nackt" Album irgendwie an mir vorbei ging. Dabei ist "Weltkulturerbe" ein absolut überragender Song. Manchmal hinke ich halt 2 Jahre hinterher. Anyhow: Kapelle Petra war für DEN KONZERTMOMENT des Jahres verantwortlich. Also als die uns erst sagten, dass wir wegen Lärmbelästigung die Fenster schließen müssen, um fast direkt danach "Reißt die Fenster auf" zu spielen... Und man merkte auch den Rest des Konzertes, dass es das es die erste Indor 2G Veranstaltung ohne Masken und ohne Abstand seit 12.03.2020 war.
Auf den EPs schaffen sie es immer wieder die Jahreszeiten auch gut zu treffen. "Ameland" ist genaugenommen eine neue Version von "Summer of 69". Und das fasst die Band auch sehr gut zusammen: Sie schaffen es immer wieder wunderbare Gefühle mit einfachen Worten in Musik zu verpacken.
Platz 4: Main Concept - 3.0: "Immer wenn wir Platte machen, ist das was historisches." Dave P ist definitiv der intelligenteste Rapper. Und er war damals mit den Beginnern, als Rap wirklich am durchstarten war, mit auf der Tour dabei. Er entschied sich aber dagegen und für sein Medizinstudium. Deswegen bringt er alle 6 bis 10 Jahre mal ein Album raus. Aber das halt konstant seit 30 Jahren. Der Unterschied zu all den anderen Alteingesessenen Frührentnern: Dave P schwelgt nicht in den vergangenen Jahren, sondern geht immer weiter nach vorne. So beschäftigt mit dem Fakt, dass er sich als praktizierender Arzt immernoch als Migrant wahrgenommen wird. Oh und er ist der einzige, der Zeilen wie "Körper bilden gegen Dummheit keine Immunglobuline" bringen kann. Oder Berthold Brecht zitiert. Also klar, das hat er schon 1995 gemacht. Mittlerweile denkt er dabei nicht mehr nur an die Polizei, sondern an das System als ganzes: "Wär ich nicht arm, wärst du nicht reich. Berthold Brecht was right." "Sie teilen um zu herrschen, wir teilen was wir haben!" ist eine dieser Chorus Zeilen, auf die man neidisch ist. Auch wenn sie von mir aus häufiger teilen dürften, denn jetzt heißt es 10 Jahre aufs nächste Album von denen warten...
Platz 3: Sarah Lesch - Triggerwarnung: Ähm... ja genau. Es wird jetzt um sexualisierte Gewalt in allen Formen gehen. Wer sich da als Mann unwohl fühlt, sollte diesen Paragraph überspringen. Und das ist kein Vorwurf. Also "Schweigende Schwestern" und "Die Geschichte von Masha P. Johnson" lösen bei mir auch beim 30. Hören noch ein richtig schlechtes Gefühl in der Magengegend aus. Genau das macht diese Songs so überragend. Allein schon, wie sie auf "Die Löwin" mit sanfter Stimme ankündigt, dass sie jetzt in den Angriffsmodus wechselt. "Drunter machen wir es nicht" ist dann die eine Mutmacherin auf dem Album. Normalerweise brauche ich ja Ewigkeiten, um mit Sarah Lesch Alben warm zu werden, weil die halt auch wirklich Tiefgang hat. Man muss die Alben halt mehrere Male hören, um sie wirklich zu verstehen. Diese Songs treffen einen schon beim ersten Live hören direkt ins Gesicht.
Platz 2: Dota - Wir rufen dich, Galaktika: Eigentlich ging ich ja davon aus, dass seit dem 28 .Mai Platz 1 und 2 der Charts fest vergeben sind. Denn da kamen das Main Concept und das Dota Album. Nach Platz 3 in 2017 und Platz 2 in 2018, wäre das der nächste, logische Schritt. Und nachdem ich selber eingangs dachte: Das ist ja nur der nächste logische Schritt nach der Freiheit... fiel mir irgendwann auf: Verdammt, das ist ja der nächste logische Schritt.
Also von "Wir haben die Katastrophe kommen sehen", können aber nichts dagegen machen zu "Wir rufen dich Galaktika" und einem "Dass sie uns was wegnehmen wollen wir nicht." Von "Das sind immer die anderen" zu "Tun wir einfach so, als ob wir es nicht sind." Von "Zu meiner Beerdigung gibt es überall Kofetti" zu "Ich werd als Baum reinkarniert." Wobei das wirklich schöne an Fotosynsthese ist, dass man den Spaß an der Aufnahme heraushört. Dazu kommt Bademeister*in als die musikalische Umsetzung des Erdenbewohner*in T-Shirts.
Dann liefert sie mit "Besser als nichts" ganz nebenbei noch ein wunderschönes Liebeslied. Es muss ja nicht immer alles politisch sein. Wer jetzt behauptet, dass das links-grün-versiffte Gutmenschenmusik ist... hat recht. Das sieht sie halt auch selber so...
Platz 1: Joy Crookes - Skin: Die Stimme ist Michelle Williams-esque. Und sie leidet sogar unter denselben Geisteskrankheiten.
Mehr brauche ich doch gar nicht. Aber Joy liefert noch mehr. Sie
unterscheidet sich von den anderen britischen Singer/Songwritern dieser
Liste, weil sie halt auch richtig heftige Themen angeht, anstatt nur
über zerflossene Liebe zu singen. In der Leadsingle "Feet dont fail me now"
geht es direkt um Depressionen. "Unlearn you" ist dann die Bewältigung
sexuelle Misshandlung. "Kingdom" ist ein rundumschlag gegen die
britische Regierung. In "19th Floor" geht es um das Aufwachsen in Armut.
"Power" ist eine dieser zahllosen Feministinnen Hymnen, die mir dieses
Jahr über den Weg gelaufen sind. Und wenn sie dann tatsächlich mal ein Liebeslied
schreibt, geht es darum, dass sich ihr Ex hinterher in einen Mann
verliebte... All das schon auf ein Debütalbum zu packen, ist Wahnsinn...
Am Ende muss ich das Ding auf Platz 1 zu heben, muss allerdings auch
festhalten, dass es zwischen Platz 1 und 3 praktisch keinen Unterschied
gibt.
Nebenbei muss ich kurz die Reisegeschichte der Vinyl erzählen.
Die haben wir uns nämlich signiert aus England schicken lassen. Nur
wurde sie in Gütersloh gepresst, nach London geschickt, signiert,
eingeschweißt, über den Zoll nach Hamburg gesendet um dann mit dem Zug
nach Leipzig zu fahren... das ist mal eine Reise...
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