Fangen wir direkt mit dem Aufreger der Woche an. Also dem Fakt, dass sich die Spielvereinigung Greuther Fürth so aufregt. Und das muss man halt von beiden Seiten sehen.
Also einerseits haben die vollkommen recht. Allein schon, weil sie ja nicht allein mit dieser Wahrnehmung dastehen. Thorsten Lieberknecht sprach diese Wahrnehmung schon 2013 sehr undiplomatisch aus und nannte Eintracht Braunschweig einen "Piss-Verein". Damals hielt ich das noch für albern. Mittlerweile legten aber Ralph Hasenhüttl, Andre Breitenreiter und eine gewisse moralische Instanz namens Christan Steich nach. Wenn alle Trainer von kleinen Vereinen sich darüber aufregen, dass im Zweifelsfall gegen sie entschieden wird, ist das schon verdammt viel Rauch. Da muss dann auch irgendwo ein Feuer sein. Aber anderseits ist halt eines der Grundprobleme, dass sich Trainer und Manager einfach nicht sachlich zu Schiedsrichterleistungen äußern können.
Also der Kicker (ja, Vorsicht, der Link geht zu dem Kicker...) bescheinigt Dennis Schlager eine ordentliche Leistung. Vor allem schreibt er von einem möglichen Platzverweis für Jude Bellingham und Jetro Williams. Beide hätten innerhalb von 6 Minuten vom Platz fliegen können, aber nicht müssen. Wobei ich es an der Stelle faszinierend finde, dass die Williams Szene es noch nicht mal in die Sportschau Zusammenfassung geschafft hat. Also die zeigen, wie Stefan Leitl sich aufregt, Gelb kassiert und Bellingham den Gegenspieler tritt. Und man zeigt direkt davor den Freistoß von Marco Reus, der "nur" zur Gelben Karte von Williams geführt hat. Dass man da anscheinend auch über Rot reden kann, kriegt man aber gar nicht mit. Dazu aber gleich.
Jetzt halte ich es schon für problematisch ein "Wir wären vom Platz geflogen" in die Mikros zu blöken, wenn man 3 Minuten vorher in einer vergleichbaren Szene eben nicht vom Platz geflogen ist. Anscheinend waren die Regelauslegungen von Stieler doch sehr konstant, was ja das einzige ist, was man wirklich fordern kann. Aber die Verantwortlichen im Fußball blenden halt jegliche Szene, die für einen entschieden wurde, komplett aus.
Auf der anderen Seite ist der eine Kicker-Redakteur halt auch der einzige, der da einen möglichen Platzverweis gesehen hat. Und das macht die ganze Geschichte halt nur noch viel komplizierter. Ich kann mir die Szene selber nicht ansehen. Ich muss mich darauf verlassen, dass ein Redakteur des von mir regelmäßig kritisierten ehemaligen Fachmagazins dieses eine Mal sachlich argumentiert hat und richtig lag. Das ist schon problematisch.
Vor allem, wenn man am Ende feststellt, dass es einfach kein "sachlich und richtig" gibt. So etwas existiert beim Fußball einfach nicht. Oder allgemein bei Ball- und Kontaktsportarten. Also nächstes aktuelles Beispiel: Der nicht gegebene Elfmeter von Tobias Stieler wegen Akpogumas Faller. So beschreibt der Kicker diese Szene. Steffen Simon versteht dagegen nicht mehr, warum es keinen Pfiff und keine VAR Intervention gibt. Da schauen sich 2 Profis dieselbe Szene an und kommen zu völlig unterschiedlichen Ergebnissen. Und bei Hoffenheim - Leverkusen kann man denen ja nicht mal vorwerfen, irgendwie parteiisch zu sein. Das sind halt 2 Vereine, die im Wesentlichen allen egal sind. Gut, man könnte es sich mit Rudi Völler verscherzen, wenn man schlecht über seine Werkself spricht, aber das wäre ja eher ein Grund für eine kritische Berichtserstattung...
Und an der Stelle kann ich ja nicht mal sagen, dass einer eindeutig falsch liegt. Als neutraler Beobachter kann ich beide Positionen irgendwie nachvollziehen. Wahrscheinlich, weil es mir persönlich vollkommen egal ist, ob dieser Elfmeter gegeben wird oder nicht. Es soll aber nur mal verdeutlichen, wie schwierig es wirklich ist sachlich über Fußball zu reden. Und das ist dann wiederum das eigentliche Grundproblem am VAR: In einer Sportart, in der es keine absoluten Wahrheiten bei der Regelauslegung gibt, kann es auch keine absolute Gerechtigkeit geben.
Anthony Modeste: Wo wir schon bei schönen Sportschau-Details sind: Der freut sich anscheinend auf die neue Ampel-Koalition. Also fast so sehr, wie über die Niederlage für Jörg Schmadtke. Denn bei seinem Torjubel zieht der anscheinend symbolisch an einem Joint... Was aber nur ein Mal für knapp 2 Sekunden zu sehen ist und danach komplett tot geschwiegen wird. Im "Hoffentlich hat das keiner gesehen" Modus. Doch. Natürlich achte ich auf diese absolut unwichtigen Dinge...
Hertha BSC Berlin: Also mal ganz abgesehen davon, dass es ein Totalausfall als "nicht so schlimm" eingestuft wird... von dem Führungsspieler, den man extra dafür geholt hat, solche Totalausfälle zu verhindern... Es ist schon echt absurd, was gerade bei der Hertha abgeht. Also dass Tayfun Korkut alle daran erinnert, wer eigentlich an der Misere Schuld hat, weil er während des Spiels in Michael Preetz Gedächtnis Look auftritt. Ersthaft, vergleicht mal das Bild von der Pressekonferenz mit dem offiziellen Twitteraccount von Preetz. Der Korkut trollt doch. Es kann mir doch keiner erzählen, dass er sich zufällig für denselben Haarschnitt und dasselbe bescheidene Brillenmodell entscheidet.
Aber das eigentliche Drama ist ja ein ganz anderes. Also die Hertha hat ja unfassbar viel Geld ausgegeben um gute und aufregende Offensivspieler zu holen. Jhon Cordoba, Krzysztof Piatek, Dodi Lukebakio und Matheus Cunha und ihre gefühlt 15 absurden Akzente im Namen kamen für insgesamt 77 Millionen Euro. Im Großen und Ganzen pulverte man 162 Millionen an Ablösen in diese Mannschaft. Unter anderem, weil man 7 Millionen für Marco Richter ausgab. Wer bezahlt den 7 Millionen für einen Rollenspieler aus Augsburg?
Wer holt jetzt jedenfalls "die Kohlen" eher nicht aus "dem Feuer"? Stevan Jovetic, der als ablösefreier Zugang seinen Vorruhestand in der deutschen Hauptstadt genießt. Dazu Davie Selke und Ishak Belfodil. Gibt es im Jahr 2021 ein Sturmduo, welches mehr nach "grauer, uninspirierter Maus" schreit als Selke und Belfodil? Belfodils letztes Bundesligator erzielte er am 18.05.... Im Jahr 2019. Damals war Julian Nagelsmann noch Trainer in Hoffenheim und Geisterspiele waren ein weit entfernter Albtraum. Und ja, Nagelsmann ist ein absurdes Trainergenie. Unter anderem, weil er eine 16 Tore und 9 Vorlagen Saison aus Belfodil herausgepresst hat. Aber die Hertha wird keinen derart genialen Trainer finden.
Lukas Hradecky: Heute in der absolut brillantesten Aussage aller Zeiten: Wir haben keine Mentalitätsproblem, wir sind nur zu brav... Also ich fand es schon faszinierend, wie der Leverkusener Torwart an die Decke geht, wenn er auf die Mentalität angesprochen wird ("Dieses Scheißwort" dürfte gefallen sein, aber im Gegensatz zu Modestes Kiffer Jubel finde ich das nicht online...), dann aber sofort ein anderes Wort nutzt, welches dem Reporter praktisch recht gibt. Wenn man zu brav ist, hat man ein verdammtes Mentalitätsproblem.
Das ist nen bisschen als würde Fürth sagen: Wir sind nicht zu schlecht, wir sind nur nicht gut genug...
Es ist echt faszinierend, wie alle auf dieses böse "M-Wort" reagieren. Das ist ja auch keine Neuigkeit. Dabei wird die Frage ja in den meisten Fällen berechtigt gestellt. Und dann sucht man irgendwelche anderen Begriffe und Erklärungen, die aber im Endeffekt dasselbe sagen.
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