Einerseits sicher und souverän... andererseits bestens aufgestellt für eine enttäuschende Saison.
Was hauptsächlich an den Bayern selbst liegt. Denn die haben sich schon frühzeitig von der Bundesliga entkoppelt. Die Bewertung ihrer Saison ihrer Saison wird im Endeffekt von dem Erfolg der Champions League abhängen. Was einerseits daran liegt, dass der Meistertitel selbstverständlich geworden ist. Und andererseits muss man sich halt auch ein realistisches Ziel setzen. Dieses hat Karl-Heinz Rummenigge bereits im Juli offensiv formuliert.
Und das ist auch an sich nichts schlechtes, sich ambitionierte Ziele zu setzen. Man sollte aber schon irgendwie die Möglichkeiten haben, diese zu erreichen.
Natürlich reden die Bayern sich ein, dass sie diese Möglichkeiten haben. Vor allem aus einem Grund: Man sah gegen Real Madrid wirklich gut aus. Unerwartet gut. Man muss an der Stelle auch mal ganz deutlich erwähnen, was für ein absurd guter Trainer Jupp Heynckes ist: Ein Mannschaft, die von diesem Mann trainiert wird, spielt irgendwie immer um den Champions League Titel mit. Selbst wenn sie eigentlich weit über ihren Zenit ist.
Als jemand, der die Deutsche Nationalmannschaft immer noch unfassbar gerne scheitern sieht, will ich mir gar nicht vorstellen, was dieser Trainer mit seiner Menschenführung aus dem Potenzial, dass Jogi Löw zu Verfügung steht, erschaffen hätte... Der Mann ist einfach unfassbar gut. Selbst wenn Niko Kovac wirklich ein guter Trainer sein sollte, ist nicht davon auszugehen, dass er auf Niveau von Heynckes abliefern wird.
Nur um mal festzuhalten, wie viel größer die Summe aller Einzelteile in der letzten Saison unter Heynckes waren: Quasi alle bayrischen Nationalspieler haben ohne ihren Patenonkel eine bescheidene bis grausame WM gespielt. Die einzige Ausnahme ist Corentin Tolisso, der als Mitläufer Weltmeister wurde... Am deutlichsten wird die bei Thiago: Vor der WM wollte uns der Kicker einreden, dass Thiago quasi der 12. Starter bei den Spaniern wäre. Der Mann, der spielen würde, wenn man mit Andres Iniesta als Einwechselspieler plant. Verdammt dicht an der Startformation. Am Ende saß der bayrische Nationalspieler beim überraschenden Ausscheiden 180 Minuten auf der Bank... Fernando Hierro setzte Iniesta auf die Bank und konnte 4 mal wechseln... er entschied sich 4 mal gegen Thiago... Er war also eher die Nummer 15 als die Nummer 12...
An der Stelle muss man auch nochmal dringend darauf hinweisen, dass die Nationalspieler des VfB Stuttgarts mehr Tore während der WM erzielt haben, als die des FC Bayerns. Besser kann man die individuelle Distanz zwischen den Bayern und der Weltspitze nicht zusammenfassen.
Es gibt aber dieses unausgesprochenes Problem, dass vor allem in Turin keiner hören will: Real Madrid schleppte einen Cristiano Ronaldo durch diese Spiele. Der Mann hatte 63 Ballkontakte... in beiden Spielen zusammen. Selbt Robert "Ich nehme als Bayern Stürmer eigentlich nie am Spiel teil und erziele nur Tore" Lewandowski kommt auf 85... Gefühlt war die einzige Aktion von Ronaldo in dem gesamten Halbfinale eine regelwidrige Ballmitnahme, die dann auch tatsächlich zu einem Tor führte. Da ließ er mal kurz durchblicken, was passiert, wenn er das Tempo mal anzieht... Und klar das Rückspiel war etwas besser als das Hinspiel. Aber wenn Ronaldo seine erwartbare Leistung abliefert, sind die Bayern chancenlos. Dennoch war er in diesen Spielen nicht in der Lage in diesen höchsten Gang zu schalten... Im Finale war er auch nur Mitläufer und während der WM war es auch nur ein Mal. Das ist ein besorgniserregender Trend, wenn man Fan von Juventus ist: Es kann sein, dass Ronaldo sein letztes Meisterwerk in jener magischen Nacht in Turin gemalt hat.
Nun muss ich zugeben, dass ich das "Kann es sein, dass wir das Ende von Ronaldo erleben" Artikel bereits letztes Jahr nach seinem Platzverweis im spanischen Supercup im Hinterkopf hatte... und ich bin froh, dass ich den da gelassen habe. Aber festzuhalten bleibt: Wenn Ronaldo spielt, wie der Weltfußballer, der er meistens ist, sind die Bayern chancenlos. Und man muss festhalten: Selbst ein Ronaldo, der nicht mehr an sein überragendes Leistungsniveau herankommt (was mit 33 keine Überraschung wäre, es wäre eher überraschend, wenn er das Niveau hält), ist immernoch ein hervorragender Kicker.
Und ob das am Ende an der bayrischen Abwehrarbeit lag... stellt sich bei einem Ronaldo, der vor dieser Saison immer selbstverständlich in der K.O. Phase traf, nicht. Der Mann war so gut, dass ihn niemand aufhalten konnte. Jetzt ist er es nicht mehr zwingend.
Das andere Problem: seit der 44. Minute des Hinspiels waren die Bayern zu jedem Zeitpunkt ausgeschieden. Klar, es fehlte am Ende nur ein einziges Tor. Und Real ließ ihnen sogar die Illusion, dieses Tor wirklich erzielen zu können. Aber auch hier muss man festhalten: Es schien echt Zinedine Zidanes Spielphilosophie zu sein, dem Genger diese Illusion zu lassen. Oder den Gegner halt einfach spielen zu lassen. Natürlich kann man behaupten: Das Weiterkommen von Real war unfassbar glücklich. Ich sage an der Stelle immer "Skill is the repetition of Luck". Und Real hatte dieses "Wir gewinnen das Spiel, obwohl der Gegner besser ist" absolut perfektioniert. Die haben quasi trotz eines enttäuschenden Ronaldo ihr Spiel eiskalt durchgezogen.
Viel schlimmer wiegt aber das eigentliche Problem: Franck Ribery, Arjen Robben und Thomas Müller stellen keine International gehobene Klasse mehr da. Am deutlichsten wird das an Ribery, der seit 3 Jahren auf ein Tor in der Champions League wartet. Klar, der Kicker will uns in seiner Rangliste einreden, dass diese Spieler internationale Klasse haben... aber die Zeiten, wo Mannschaften wie Real, Barca oder ManCity Angst vor diesen Spieler hatte, sind irgendwie vorbei. Aber darüber will bei den Bayern halt auch niemand reden.
Natürlich ist der Plan, dass Serge Gnabry, Corentin Tolisso und Kingsley Coman diese Platzhirsche verdrängen. Also bei Robbery wurde er sogar offiziell ausgesprochen. Bei Müller will halt niemand so wirklich darüber reden, dass der über seinem Zenit sein könnten.
Ich würde es zumindest 2 von den 3en auf jeden Fall zutrauen. Und ob Gnabry wirklich gut, oder doch nur eines der gescheiterten Arsenal-Talente, ist, werden wir diese Saison erfahren... oder wir erfahren es nie.
Die unausgesprochene Wahrheit ist aber: Stand jetzt ist es für die 3 eine Herausforderung die 2018er Version der Platzhirsche zu verdrängen. Damit die Bayern aber ihre eigentlichen Ziele erreichen können, müssten sie für die 2014er Version der Altstars verdrängen... Das ist genau genommen genau der Stichtag, denn bereits im Halfinal-Hinspiel 2014 sahen Müller und Ribery ziemlich schlecht aus... Dass alle 3 zuletzt in einem relevanten K.O. Spiel gut gespielt haben ist wirklich erschreckend lange her... Aber sie stehen halt repräsentativ für den Champions League Sieg 2013...
Und ja, ich weise gerne darauf hin, dass Thomas Müller zuletzt gegen Sporting Lissabon in der entscheidenden Phase des Wettbewerbs (also jenseits des Achtelfinales) getroffen hat... im Jahr 2016. Und sein letztes Tor gegen die "Creme de la Creme" der Titelanwärter kommt aus dem Jahr davor beim relativ bedeutungslosen Rückspiel gegen Barcelona. Seine Relevantester Beitrag zum Ausscheiden der letzten Jahre war ein Ballverlust, der zum 1:1 für Real direkt nach seiner Einwechslung führte. Ich erwähne das hauptsächlich deswegen explizit, weil es absurd ist, wie viel Kritik sich ein Robert Lewandowski anhören muss, wenn er mal nicht trifft. Aber das Müller in der öffentlichen Wahrnehmung frei von jeder Kritik ist, ist auch keine Sensationsnachricht mehr...
Versteht mich an der Stelle auch nicht falsch: Ich bezweifle nicht, dass die 3 Nachfolger für die Altstars nicht schon im Kader stehen könnten. Aber von allen jetzt den noch mal gewaltigen Schritt zum Leistungsträger auf absoluten Spitzenniveau zu erwarten... oder darauf zu hoffen, dass Leon Goretzka das sofort kann... ist ziemlich gewagt. Die Internationale Konkurrenz ist gerade in der Spitze wesentlich besser besetzt.
Unterbewusst wissen die Bayern das ja auch. Also man liest im Kicker, dass die Bayern davon ausgehen, dass sie nächstes Jahr richtig investieren müssen. Selbst wenn sich ihre "Talente" entwickeln, muss im Juli 2019 ein Superstar für die Offensive kommen. Und da reden wir noch nicht mal über die 42 Millionen für James, die noch abgebucht werden müssen...
Sie sind sich irgendwie auch bewusst, dass der Kader nicht zwingend besser geworden ist. Gehen aber gleichzeitig davon aus, dass ein, was die Champions League betrifft, Trainer-Novize eher größere Erfolge erzielt, als einer der besten Trainer aller Zeiten. Das ist gegenüber Niko Kovac einfach auch unfair.
Denn sachlich gesehen müssen die Bayern schon im Viertelfinale aufs Losglück hoffen. Wenn sie dort auf Real Madrid, Barcelona, Manchester City, Chelsea, Liverpool oder Paris St.Germain treffen, sind sie der klare Außenseiter. Denn praktisch gesehen befindet man sich bereits in den Übergangsjahr, während man das letzte Mal auf der Nostalgiewelle um Robbery durch die Liga schwebt. Und in einem solchen Übergangsjahr wäre das souveräne Erreichen des Viertelfinales bereits ein Erfolg, auf dem man aufbauen kann. Solange man dort dann nicht aus dem Stadion geschossen wird... Man hat sich aber jetzt schon ein Narrative aufgebaut, dass diesen Schluss nicht zulässt, falls dieses realistische Szenario eintritt... so plant man jetzt schon eine enttäuschende Saison.
Jetzt verliert sogar die einzige international relevante deutsche Mannschaft den Anschluss an die europäische Spitze.. Aber vielleicht vernünftig jetzt nicht die selben Transferausgaben-Geschütze wie die anderen auszupacken nur um irgendwie mitzuhalten.. Denn selbst der FCB wird dann irgendwann von seinen ewigen Gewinnen zehren müssen
AntwortenLöschenÄhem, Müller über seinen Zenit?
AntwortenLöschen24 Torbeteiligungen (8 Tore, 16 Assists) in 29 Bundesligaspielen bzw. 33 Torbeteiligungen (15 + 18) in 45 Saisonspielen ...das ist jetzt nicht unbedingt eine schlechte Bilanz. Er halt hat in ein paar Spielen unglückliche Aktionen gehabt und die öffentliche Wahrnehmung hat ein bisschen umgeschlagen, aber das sind Bilanzen die 90% aller Spieler nicht ein einziges Mal in ihrer Karriere liefern.