Dienstag, 14. Oktober 2025

Passives Abseits VS Investoren: Teil 1 Grundlagen und Einführung

 Oder genau genommen: Gegen das Narrativ, welches da immer gesponnen wird: Diese bösen Investoren machen den Fußball kaputt!! Wie können die nur?

Was haben uns Investoren jemals gebracht? Also außer Union Berlin... Und damals der SG Wattenscheid 09? Und irgendwie auch die Borussia aus Dortmund, die ja als Börsennotiertes Unternehmen das Geld von Großaktionären wie Evonk, Signal Iduna und Puma nehmen... 

 
Aber sonst? 

Es ist halt schon faszinierend. 

Selbst an sich sachliche und sehr gute Kommentatoren wie Manu Thiele berichten irgendwie immer nur über die Negativbeispiele. Das neuste Beispiel war ein Video zu Brescia Calcio, die natürlich von dem neuen, chaotischen Investor Zugrabe getragen wurden. Für den "deutschen Markt" gab es Videos zu 1860 München und KFC Uerdingen

Calcio Berlin hat eine eigene Serie mit dem Titel "Ist das noch Fußball, oder kann das weg?" Da geht es dann auch regelmäßig darum, wie Investoren den Fußball kaputt machen. Aber wisst ihr, was ihr nirgendwo findet? Ein Video, in dem der Investor dabei geholfen hat, einen Verein voranzubringen. In den letzten Jahren ist mir da nur ein einziges Video gesehen, in dem tatsächlich darauf hingewiesen wurde, dass Union Berlin auch dank der Kölmel Millionen so durchgestartet sind. Aber das letzte Video aus der Tradition oder Kommerz Playlist ist 3 Jahre alt.

Aber das ist ja auch nachvollziehbar. Der Großteil der deutschen Fanszene positioniert sich offen gegen offensichtliche Investoren. Und wenn die im Hintergrund doch die Strippen ziehen und man eigentlich ein Fan einer Kommanditengesellschaft auf Aktien ist, wird das erfolgreich im "Echte Liebe" Rausch verdrängt.
Das ist ja genau der Markt, den diese YouTuber bedienen. Wenn die jetzt "Investoren sind gar nicht zwingend böse" Videos mit entsprechenden Thumbnails machen, würde niemand auf diese Videos klicken. Also aus Prinzip nicht, denn das geht ja gegen die eigene Gesinnung. Und man will sich ja auch nicht damit beschäftigen, dass man selbst auch an dem Tropf von Investoren hängt.

Zum Glück kann einem das egal sein, wenn man eh keine Follower hat, weil man auf ein veraltetes Medium setzt und dann noch keinerlei Öffentlichkeitsarbeit macht...

Deswegen werfe ich jetzt die These in den Raum: Investoren sind an sich neutral. Wenn man die ganze Moral des Sportswashing außen vor lässt, können sie genauso gutes wie schlechtes erschaffen. Es gibt für beides genügend Beispiele, es werden aber immer nur die negativen Geschichten erzählt.

Man muss mal ganz sachlich festhalten: Der Sportswashing Zug ist abgefahren. Es gibt da bestimmt der Unterschied zwischen "Schlimm", "Schlimmer" und "Noch Schlimmer", aber alle Profivereine sind mindestens über eine Ecke involviert. Allein schon, weil die Champions League dermaßen verseucht ist, dass man automatisch mitwäscht. Aber auch im Rampenlicht der Bundesliga sonnen sich staatlich geförderte Airlines, Rüstungsexporteure und Cryptoscammer... Es gibt offizielle Wettanbieter in einem Land mit 1,3 Millionen Spielsüchtigen. Und obwohl wir seit über 10 Jahren wissen, dass Putin ein Arschloch ist, trug Schalke bis 2022 stolz das Gazprom Logo auf der Brust... Ich sage ja bewusst immer, dass das Geld von Red Bull wahrscheinlich das sauberste ist, welches im Profisport im Umlauf ist... Immerhin töten die nur Extremsportler und abhängig wird man nur vom Koffein, was die meisten in diesem Land eh schon sind. 
Die einzige Variante sich davon freizusprechen ist, sich einen lokalen Regionalligisten zu suchen... und dann zu hoffen, dass der nie aufsteigt.

Wenn man sich jetzt die Geschichten von 1860 und Uerdingen anschaut, fällt vor allen Dingen eines auf: Das waren Vereine, die schon vor dem Einstieg des Investors mindestens bis zur Hüfte in der Scheiße steckten. Und wie das so ist: Wenn man schon im Treibsand steckt und dann planlos mit den Armen wedelt, versinkt man noch tiefer in der Scheiße.

Nur deswegen haben sie sich für die dubiosen und machtgeilen Investoren geöffnet. Die Schaumschläger, die von der Champions League träumen, während man kurz vor der Auflösung des Vereins steht. Denn seriöse Investoren würden solche Vereine nicht mit der Kneifzange anfassen... selbst wenn sie dazu noch einen Infektionsschutzanzug tragen. 

Die Vereine haben sich ganz allein und ohne die Hilfe von Investoren in die Situation manövriert, dass sie überhaupt und schnell externe Hilfe brauchen. Und dass dann nur die Ismaiks und Ponomarevs ans Telefon gehen, ist erschreckend logisch. Es ist fast schon eine kausale Konsequenz. Trotzdem kommen dann alle und schreien "Deswegen brauchen wir 50+1!!! Damit die Vereine vor solchen Investoren geschützt werden!"

Was die nebenbei völlig ignorieren: Ohne diese undurchsichtigen und überambitionierten Investoren wären beide Vereine direkt in die Insolvenz gegangen. KFC Uerdingen musste diesen Schritt bereits 2009 gehen. Und 22 und 25 schon wieder.  

Natürlich war es dumm, diesem dubiosen Typen ins Netz zu gehen und ihn zum 1. Vorsitzenden zu machen. Aber dumme Entscheidungen prägen halt die Geschichte dieses Vereins seit dem Ausstieg von Bayer. Das sind dieselben Typen, die Ailton im Jahr 2009 einen Vertrag angeboten haben, damit der in 13 Spielen 4 Tore für sie erzielt. Man spielte damals schon in der 5. Liga, träumte aber anscheinend damals schon von höheren Ligen, nur um stattdessen pleite zu gehen.

Anstatt jetzt den logischen Schritt zu gehen, dass chaotisch geführte Vereine halt im modernen Sport insolvent gehen und irgendwann den Spielbetrieb einstellen müssen, verweisen alle auf die bösen Investoren. Als würde es 1860 und dem KFC besser gehen, wenn die das Geld nicht angenommen hätten... das hätte im Fall von 1860 einen Neustart in der Kreisklasse bedeuten können. Anstatt jetzt in der Bayernliga rumzugurken, hat man einen Kader, mit dem man eigentlich in die 2. Liga aufsteigen muss... was man natürlich nicht schafft, weil man weiterhin ein chaotisch geführter Verein ist.

Lustigerweise ist Uerdingen eigentlich eines dieser Positivbeispiele. Also als man noch am Tropf vom de facto Investor Bayer hing, erlebten die Fans eine legendäre Aufholjagd gegen Dynamo Dresden. Man gewann 1985 den DFB-Pokal. Aber nach dem Ausstieg des einzigen großen und namensgebenden Sponsors (aka des Investors) stieg man sofort aus der Bundesliga ab. 3 Jahre hielt man sich in der 2. Liga. 13 Jahre nach dem Ausstieg meldete man als Viertligist das erste Mal die Insolvenz an und es folgte der Zwangsabstieg in die 6. Liga.

Anscheinend war dieser Verein einfach nicht fähig, sein eigenes Überleben zu sichern. Oder es war halt der eine Profiverein zu viel in Nordrhein-Westfalen. Wir reden hier schließlich von einem Bundesland, das gerade 15 Profi-Vereine stellt. Also man kommt auf 15, weil die SGS Essen in der Frauen-Bundesliga spielt und deswegen selbstverständlich im Kicker Sonderheft und auch hier aufgelistet wird.

Wenn man also nicht nur die Aufmerksamkeitsspanne eines Goldfisches hat, sondern sich die letzten 40 Jahre anguckt, dann hat der Ausstieg und nicht der Einstieg eines Investors diesen Verein kaputt gemacht. Die Geschichte ist eigentlich ein klares Argument GEGEN 50+1, denn als das noch egal war und Bayer die Fäden gezogen hat, ging es dem Verein wesentlich besser.

Aber dieses "Guckt mal, der Ponomarev hat den Verein kaputt gemacht! Wie schrecklich!" verkauft sich halt besser.

Mein persönlicher Vorsatz ist es jetzt, als quasi Nachfolger zum "Passives Abseits vs Tradition" eine Serie zu starten, in der ich aktuelle und historische Beispiele nenne, in denen ein Investor die Situation im Verein oder in der Stadt deutlich verbessert hat. Denn es gibt genügend Beispiele, wo genau das passiert ist.

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