Ausgangslage: Ach ja... Ingolstadt... noch nie wurde der Umschwung von "Ach guckt mal, wie niedlich, ein sympathischer Neuling" zu "Können die bitte wieder absteigen" so schnell vollzogen, wie hier.
Den Fans ist halt dann doch bewusst geworden, dass das 04 gar nicht für 1904 steht. Und dass Ingolstadt völlig unmotiviert unter den Lex VW fällt...
Als nächstes viel den Gegnern auf, dass Ingolstadt hauptsächlich kratzt, beißt und auf Zeitspiel setzt... was ich ja schon wieder sympathisch finde...
Vor allem wird die Frage, ob Ingolstadt wirklich ekliger war als ihr großes Vorbild aus Augsburg nie sachlich beantwortet werden... ich sag das mal so: die einen wurden von einem Aufstiegsspezialisten, der in der Bundesliga regelmäßig an seine Grenzen stößt, trainiert... die anderen von einem Trainer, der für einen der größten Vordenker der Fußballnation als einzige Option für seinen Verein war...
Im Wesentlichen präsentierte sich Ingolstadt genau so, wie sich eine Mannschaft aus eigentlich aussortierten Bundesligaspielern halt präsentiert. Nur halt in der Punktzahl etwas erfolgreicher... dafür halt auch mit etwas weniger Fans.
Und ja, sachlich gesehen braucht niemand Ingolstadt. Sie sind der 6. beliebteste Verein in Bayern... und haben den geringsten Anhang der Bundesliga... Um mal einen völlig absurden Vergleich zu bringen: 13 Zweitligisten hatten letzte Saison einen höheren Zuschauerschnitt als der Bundesliganeuling. Selbst in Bielefeld werden jedes Wochenende mehr Menschen im Stadion gezählt... BIELEFELD!!! In der Stadt die es nicht gibt...
Aber das ist halt der Moment, in dem einen auffällt, dass man sich immer noch sportlich qualifizieren muss. Und dass die wichtigste Aufgabe immer noch darin besteht, die sportliche Qualität auf den Platz zu bringen. Und da hat Ingolstadt überragende Arbeit geleistet.
Die wirkliche Bedrohung besteht ja darin, dass in Ingolstadt wirklich was am Wachsen ist. Aber in einer Region, die traditionell so übersättigt ist (die Leute gucken halt lieber den beschissenen Zweitligafußball unter der Führung einer Diva als 1 Stunde zu fahren um Bundesliga zu sehen), dass der Verein nie wirklich Anklang finden wird...
Wer soll's richten? Niemand braucht Ingolstadt. Außer vielleicht Markus Kauczinski. Nach dem er durch die Relegation UND den Schiedsrichter um sein Bundesligadebüt mit Karlsruhe betrogen worden ist, darf er jetzt, 12 Monate zu spät, endlich einen Bundesligisten übernehmen.
Und das ist halt das absurde am Fußball: Auf ein Mal hat man doch einen Grund für Ingolstadt zu sein. Denn dass Kauczinski jetzt auf seiner ersten Bundesligastation scheitert, kann ich irgendwie auch nicht wollen.
Am ehesten für diese Mannschaft steht Marvin Matip. Ein faszinierender Spieler. Denn der weiß, dass er nicht wirklich gut genug ist für die Bundesliga... Die Aussage, dass er nicht mit seinem Bruder Joel zusammenspielen will, weil das bedeutet, dass er auf die Bank muss, ist da schon sehr eindeutig. Matip ist einer dieser Spieler, die alles abrufen müssen um mitzuhalten. Die das aber auch machen.
Wen werden sie vermissen? Natürlich musste auch der FC Ingolstadt dem Erfolg Tribut zollen. Wer die erfolgreichste Saison seiner Vereinsgeschichte spielt, weckt halt Begehrlichkeiten. Und andere Vereine haben halt beeindruckende Argumente. Aber: Der ganz große Exodus blieb aus. 3 Stammspieler hat man verloren. Bei anderen Vereinen sind 3 Stammspieler übrig geblieben. Vor allem aber sind die wirklich identitätsstiftenden Spieler geblieben. Was bedeutet: Ingolstadt wird diese Saison genau so unangenehm zu spielen sein wie letzte Saison...
Leischtungschträgscher: Die spielen hauptsächlich im Gegnertrikot. Dass wir "Fans" uns über die unattraktive Spielweise aufregen ist ja das eine... aber glaubt irgendein Profi, dass Ingolstadt seine Spielweise umstellt, wenn sie in den Medien jammern? Warum sollten die? Die sehen doch, dass das funktioniert.
Und so grenzwertig die Spielweise teilweise sein mag: Sie ist eigentlich immer im Rahmen des Legalen. Und sich als Profi darüber zu beschweren, dass eine Mannschaft den legalen Rahmen ausnutzt, ist schon irgendwie armselig. Sollte man sich da nicht eher eine Scheibe von Abschneiden?
Best Case Szenario: "Wir können auch anders!" gibt Kauczinski zum ersten Spieltag bekannt. Und tatsächlich: Ingolstadt hat sein Spiel komplett revolutioniert. Die spielen jetzt Tiki Taka... Das Problem ist halt: Genau genommen ist dieses Tiki Taka auch nur eine geschickte Form des Zeitspiels: Ingolstadt hat das Spiel mit dem Ball so weit perfektioniert, dass sie gegen Köln mit 88% Ballbesitz und ohne einen einzigen Torschuss 1:0 gewinnen... Das Tor schießt ein völlig genervter Antony Modeste, weil er einfach auch mal am Spiel teilnehmen können.
Spannend ist das nicht. Aber es reicht halt gegen die meisten Bundesligisten um sicher in der Bundesliga zu bleiben.
Worst Case Szenario: Das geht so nicht weiter. Wenn selbst RB nach 4 berauschenden Spieltagen in der Beliebtheitstabelle an einem vorbei zieht... muss man dringend was tun. Fraglich ist nur was? Man kann entweder auf die eigenen Talente setzen... nach einem kurzen Blick auf den eigenen Kader (ähm... ein gewisser Christian Ortag ist als 4. Torwart der einzige vom Verein ausgebildete Spieler im Kader? Wow!) entscheidet sich Kauczinski doch dafür, berauschenden Offensivfußball spielen zu lassen... was auch besser funktioniert als erwartet... also zumindest der Teil mit dem Tore schießen fällt den Ingolstädtern überraschend einfach... nur steigen sie am Ende der Saison mit 111 Gegentoren ab...
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen