Mittwoch, 25. November 2015

Das ewige Duell in der Bundesliga

Oder: Warum sich Augsburg keine Sorgen machen muss.

Ja, am Wochenende ist es mal wieder passiert: Ein guter Trainer traf auf einen Schlechten. Das Team des Guten gewann auswärts deutlich. Der Schlechte wurde entlassen.

Das wirklich faszinierende: An diesem Wochenende konnte man den Effekt und die Reaktionen wirklich mal praktisch beobachten.
Einen guten Trainer erkennt man halt nur bedingt am Wochenende. Sondern primär an seiner Arbeit unter der Woche. Und was er mit der verfügbaren Zeit mit der Mannschaft umgeht.
Augsburg befand sich in der Krise, weil Markus Weinzierl auf Grund der englischen Wochen dank der Europa League einfach nicht mehr zu einer ordentlichen Vorbereitung kam. Auf dem Trainingsplan stand halt hauptsächlich Regenration und Rotation. Die Augsburger Mannschaft braucht diese Vorbereitung allerdings.
Der VfB Stuttgart war in der Krise, weil das Konzept des Trainers einfach nicht so einfach umzusetzen war. Was ja auch nicht ganz unverständlich ist. Bei einer Mannschaft, die sich gerade so zum Klassenerhalt gezittert hat, eine aktive und aggressive Spielweise zu vermitteln ist wahrscheinlich wirklich nicht ganz einfach.

Nun war aber Länderspielpause. Sprich: Die beiden Kandidaten aufs Tabellenende hatten 14 Tage lang Zeit mit ihrer Mannschaft zu arbeiten. Und ja, natürlich haben beide Mannschaften auch Nationalspieler. Aber halt nicht in dem Umfang, in der es eine Spitzenmannschaft betrifft. Man kann durchaus an seinem Team arbeiten. Das bewies Weinzierl ja auch eindrucksvoll: Die Probleme, die die Augsburger plagten, wurden zumindest für dieses Wochenende abgelegt.
Vor allem legt Augsburg damit schon mal die Grundlage für eine erfolgreiche Rückrunde: In der Winterpause kann man auf dieses Spiel gucken und sich sagen: Wir müssen gar nicht soo viel ändern, wir müssen nur in möglichst nicht zu ferner Zukunft aus der Europa League ausscheiden... Das kriegen wir schon hin (oder haben wir schon geschafft).

Um mal ein prominentes Vorgängerbeispiel zu nennen, die genau das auch gemacht haben: der SC Freiburg spielte in seiner Europa League Saison ebenfalls eine grausame Hinrunde. Aber sie hatten halt auch einen Trainer, der sich durch herausragende Arbeit unter der Woche auszeichnet und die Mannschaft am Ende zum Klassenerhalt führte.

In Stuttgart dagegen... ist man in den 14 Tagen intensiver Arbeit schlechter geworden. Das sollte einem Trainer, der nicht bei Bayern München, Real Madrid oder Barcelona trainiert (wo man halt wirklich nur 5 Profis beim Training hat) nie passieren.
Und weil eine grausame Vorstellung am Wochenende nicht gereicht hat... bettelte Alexander Zorniger regelrecht in den Interviews um seine Entlassung... und darum, dass er so schnell keinen neuen Job mehr bekommt.
"Ich muss mir überlegen, was ich im Vorfeld übersehen habe. Irgendwas hat nicht gepasst." Ich kann ihm verraten, was er übersehen hat: Dass sein Kader einfach nicht gut genug ist um sein Konzept derzeit auszuführen. Und was nicht gepasst hat war das Talent und die Idee...
Alexander Zorniger würde Selena Gomez eine Arie zur Aufnahme geben und sich dann wundern, dass das nicht so klingt, wie es soll... Aber mit Beyonce Knowles hat das doch wunderbar funktioniert... warum geht das jetzt nicht?

Was aber für Zorniger fast noch viel schlimmer ist, sind seine Aussagen nach der Entlassung. "Ich hätte gegen meine Überzeugung handeln müssen." Wenn deine Überzeugung dich daran hindert, deiner Mannschaft zu helfen, bist du ein schlechter Trainer.
Genau genommen hat ein guter Trainer erst Mal nur eine einzige Überzeugung: "Ich muss die Mannschaft jetzt stabilisieren." Guckt euch einfach mal die Entwicklung der Borussia aus Mönchengladbach unter Lucien Favre an. Wenn der gleich auf 2 Spielende Stürmer gesetzt hätte... wäre Gladbach heute in der 2. Liga. Aber Favre hat erst Mal grausamen (für seine eigenen Ideale) Fußball spielen lassen. Das Offensivkonzept bestand im Wesentlichen aus "Lass uns mal dem Reus den Ball geben... und ihn dazwischen möglichst selten haben, da wir mit dem Ball nicht wirklich gut sind." Favre hat sich erst Mal 1 1/2 Jahre mit der Stabilisierung der Defensive beschäftigt.

Oder guckt euch das verbesserte Angriffsspiel der Kölner unter Peter Stöger an. Der Mann ist in der Lage, seine Mannschaft das dritte Jahr in Folge konsequent besser zu machen. Und der wird auch Zwischenschritte in Kauf genommen haben um sein Ziel zu erreichen.

Vor allem... mit welcher Ignoranz Zorniger sein System für "Alternativlos" erklärt... dem ist schon bewusst, dass in seiner Trainerlaufbahn ein einziger Erfolg steht: Der Aufstieg mit RB Leipzig. Ok, das waren technisch gesehen 2 Erfolge... aber ernsthaft, mit dieser Mannschaft nicht aufzusteigen wäre die größere Leistung gewesen. Der Junge ist praktisch eine Trainergeselle und führt sich auf wie Jupp Heynckes...
Oder Pep Guardiola. Wobei selbst der kompromissbereiter ist als Zorniger... erinnert ihr euch noch an das Spiel in Dortmund? Als Pep sich sagte, dass er heute und gegen diesen Gegner sein an sich bevorzugtes Spiel nicht durchziehen kann und ganz plötzlich den Borussen den Ball gab? Ein wirklich guter Trainer passt sich an die Gegebenheiten an. Jedes Wochenende aufs Neue.

Vor allem... wird er mit dieser Einstellung nie wieder ein Angebot bekommen. Klingt krass, ist aber so. Genau genommen gibt es in der Bundesliga derzeit 2 Vereine, bei denen er von Tag 1 sein Konzept durchziehen könnte: Bayern München und Borussia Dortmund. Hey, wenn er Glück hat, hat Pep Guardiola schon woanders unterschrieben... Und hey, Bayern unter Zorniger könnte alle Probleme der Bundesliga auf einen Schlag lösen...

Natürlich gibt es andere Vereine, die derzeit Zornigers Ideal umsetzen könnten. Das Problem ist halt: diese Mannschaften suchen nicht unbedingt einen neuen Trainer. Und wenn sie doch einen neuen brauchen, nehmen sie einen Etablierten. Und der eine echte Kandidat auf eine Zorniger Verpflichtung macht mit seinem eigenen sturen Konzepttrainer Roger Schmidt gerade auch nur bedingt so positive Erfahrungen... die werden sich hinterher nicht denken "Das machen wir gleich nochmal."
Dasselbe gilt lustiger Weise für Zweitligisten. Die wechseln halt auch nur den Trainer, wenn sie sich erst Mal stabilisieren müssen.
Zorniger muss also hoffen, dass es irgendwo einen Investor gibt, der sich eine Regionalliga-Mannschaft kauft und sie so überragend zusammenstellt, dass die einfach zu gut für ihre Liga ist. Klingt übertrieben? Nicht, wenn der Trainer bisher nur bei RB Leipzig und SG Sonnenhof Großasbach Erfolg hatte...

Zorniger wird jetzt ganz dringend die Schulbank drücken müssen. Und sich die Zwischenschritte eines Trainers erarbeiten. Denn in den aller wenigsten Situationen kann man direkt mit seiner Idealvorstellung anfangen.

Das faszinierende: Wenn Zorniger diesen Schritt nach der Entlassung in Leipzig durchdacht hätte... und sich also ordentlich auf die Aufgabe Bundesliga vorbereitet hätte... oder wenn er wenigstens nach 4 Wochen erkannt hätte, dass das so nichts werden kann... hätte das Projekt Zorniger-Dutt echt funktionieren können. Dann hätte Zorniger in der Bundesliga echt in 3 Jahren den Fußball spielen lassen können, von dem er so oft träumt. Da er aber nicht gewillt war, die nötigen Zwischenschritte zu nehmen, ist er weiter entfernt von seinem Traum als je zuvor...

1 Kommentar:

  1. Tut mir leid, aber dem Artikel muss ich energisch widersprechen. Vor allem seine Bewertung der RB-Zeit ist falsch. Ja in der Regionalliga hatte AZ einen Überkader, aber den hatten auch vor ihm Pacult oder Oral, beide haben den Aufstieg nicht geschafft und davon gibts es viele Beispiele (bei anderen Vereinen). Unter AZ hat die Mannschaft den Aufstieg geschafft ohne dabei ein Spiel zu verlieren. In der 3. Liga hat er es dann geschafft, dass RB als erste Mannschaft den Durchmarsch in der eingleisigen Liga schafft und das sicherlich mit einem guten aber keinen überragenden Kader. Einfach mal nachschauen, wo die Stammspieler von damals heute aktiv sind und wie viel Spielzeit sie dort erhalten, außer Kaiser+Coltorti fallen mir da keine Stammspieler ein (wobei viele sogar in der 3.Liga kicken). In der 2.Liga hat er dann fast mit dem selben Kader aus der 3. agiert, Bruno+Sabitzer spielten in Salzburg, Damari+Forsberg kamen im Winter, Boyd war verletzt. Und dennoch spielte RB unter ihm eine gute Rolle im Aufstiegskampf, kann man ja jetzt mal mit den Rollen von Duisburg und Bielefeld vergleichen.

    Weiterhin hat er es geschafft, einen Poulsen, der aus der 2. dänsichen liga kam, so zu entwickeln, dass Gladbach bereit war 10 Mio. zu zahlen udn ein Kimmich, den man in Stuttgart nicht die Regionalliga zutraute, spielt jetzt in München.

    In Stuttgart ist er letzlich daran gescheitert, dass er für seine Ideen kaum Zeit hatte und das der Kader (v.a. die Abwehr) nicht 1. ligatauglich ist. Nur mal so 11 Trainer in 10 Jahren sprechen eine deutliche Sprache im Schwabenland...man könnte auf den Gedanken kommen, der Trainer ist nicht das Problem/Lösung.

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