Montag, 1. August 2022

Worst of des "Und dann entscheidet am Ende die Bank" Finales

 Das ist ja das faszinierende am Fußball: erstens kommt es anders und zweitens als man denkt. Da nimmt gerade Alex Popp die Rolle als Gesicht voll an, nur um dann kurz vor dem Finale verletzt auszufallen. Dann ist Popp trotzdem häufiger im Bild als Beth Mead, die definitiv ihr schlechtestes EM Spiel ablieferte... Das 1:0 fällt in genau dem Moment, in dem Mead draußen behandelt wird. Und das 2:1 schießt dann diejenige, die nur auf dem Platz steht, weil der Star doch verletzt rausmusste. So ein Skript muss man erstmal schreiben.

Und als übersehenes Bonusfeature hält Lina Magull zwar beim Ausgleich ihren müde Fuß nach starkem Laufweg in den Ball... aber eigentlich fällt das Tor, weil Lohmann und Waßmuth sich sauber durch kombinieren. Oder anders ausgedrückt: Dieses Spiel sollte als Lehrbuchbeispiel genutzt werden, um Trainern (bevorzugt für, natürlich Gareth Southgate) beizubringen, wie sie das Spiel durch das Einwechseln frischer Offensivkräfte beeinflussen können. Sonst war ich ja immer dagegen, mehr Auswechslungen zu erleben, weil zu viele Vollpfosten diese nur als Möglichkeit zum Zeitspiel nutzen. Aber wenn alle Trainer immer so wechseln würden...

Natürlich wurde das Turnier am Ende auch durch ein Kacktor des Monats entschieden. Und ja, wenn Arnd Zeigler Eier hat, nominiert er dieses Ding. Das ist auch gar nichts Böswilliges, denn auch wenn die Deutschen so einen Ball über die Linie gestochert hätten, wäre es ein Kacktor gewesen und es sollte nominiert werden. Und das 1:0 der Engländerinnen wird ja auch selbstverständlich für das Tor des Monats nominiert, weil es so schön war... Aber auch wenn es nur mit kurzer Ankündigung kam, so hat Chloe Kelly dann doch angekündigt, dass die Engländerinnen das Spiel dann doch vor dem Elfmeterschießen entscheiden wollen und dafür nochmal die komplette Unterstützung des Stadions brauchen.

An der anderen Stelle merkt man halt dann auch, wie so ein Kader an seine Grenzen kommt. Also reine Mathematik: Ein EM Kader besteht, weil Frauen härter als Männer sind, nur aus 23 Spielerinnen. Oder gab es einen anderen Grund, warum die Frauen keine Coronaausnahmen bekommen haben, die letztes Jahr noch völlig normal waren? Was Martina Voss-Tecklenburg nebenbei vorher angesprochen hat. Von den 23 Kaderplätzen gehen 2 an die "Nur im Notfall benutzen" Ersatztorhüter. Was nebenbei ziemlich absurd ist. Also es hat noch nie jemand seinen dritten Torwart wirklich eingesetzt, trotzdem wird man gezwungen ihn zu nominieren. Also bei Deutschland 1996 war die Lage so schlimm, dass die Oliver Reck ein Feldspielertrikot bereitgelegt haben. Und Nordkorea wurde dafür bestraft, dass man heimlich einen weiteren Angreifer nominierte, anstatt einen Spieler, den man eh nicht braucht. Und sein wir mal ganz ehrlich: Wenn die Trainer frei wählen dürften, würden sie nie einen dritten Torwart mitnehmen.

Jetzt darf man in einem Spiel mit Verlängerung mittlerweile 6 Mal wechseln, hat aber realistisch gesehen 8 Optionen zur Auswahl. Also es ist ja alles andere als "normal", dass man ohne Verletzungen und Sperren durch das Turnier kommt. Im Fall von Deutschland hatte man also 8 Spielerinnen, von denen man 6 einwechseln konnte. Da guckt man dann buchstäblich auf das Ende seiner Bank und fragt sich: Wer sitzt da eigentlich noch? Und ja, das "was wäre wenn?" beim Ausfall von Popp und Bühl ist gar nicht so sehr das "Was hätten die in der Startelf gerissen?" Sondern viel mehr ein: Was wäre passiert, wenn auch Deutschland von der Bank so viele frische Offensivkräfte wie die Schüller bringen könnte? Und wie gesagt: Die Hoffnung bleibt, dass mehr Trainer dieses taktische Mittel als genau das erkennen.

Das Paradebeispiel dabei ist und bleibt ja das Jobsharing von White und Russo. Die eine wurde im Durchschnitt in der 58. Minute für die andere ausgewechselt und es ging immer ein Ruck durch die englische Mannschaft. Aber sonst legt ja kaum jemand seine Taktik auf solche Wechsel aus, auch wenn Mann ja durchaus einen Kader hätte, der das hergibt. 

Ansonsten müssen wir, weil es halt doch ein richtiges Fußballspiel war, doch mal über den VAR und die Leistung der Schiedsrichterin reden. Also ich finde es faszinierend, dass die eine 5 bekommt, weil sie den Handelfmeter nicht gegeben hat. Mein wirkliches Problem mit ihrer Leistung ist eher, dass sie das Spiel nicht mit 11 gegen 11 beenden kann, wenn sie ihre Linie aus der "Anfangsphase" durchzieht. Denn sie gibt 2 Engländerinnen sehr früh und sehr zügig Gelb. Und bei der Linie muss man dann auch über Rot für Russo reden, da reicht ihr aber eine Gelbe und sie pfeift eher großzügig. Und ich bin mir auch relativ sicher, dass Stanway ein weiteres taktisches Foul begeht...

Aber ihr dann aus dem Elfmeter einen Strick zu drehen? Also nur für Kontext: Der deutschsprachige Live-Kommentator entscheidet sich beim Sichten des Live-Feeds gegen einen Elfmeter... obwohl der durch die deutsche Brille guckt. Und dann findet die deutsche Redaktion nach 15 Minuten suchen kurz vor der Pause die eine Einstellung, in der man dann doch ein strafbares Handspiel sieht, und alle schreien jetzt "Warum werden immer wir Deutschen bestraft." Und schiebt das auf die Schiedsrichterin, obwohl sie doch nichts dafür kann, dass ihr niemand dieses Bild geliefert hat. Wir sind hier halt auch nicht bei Arsenal, wo so lange auf den Videobeweis geguckt wird, bis die Entscheidung gegen dich ausfällt... Aber im Wesentlichen sagt ihr: Wir hätten das Spiel 15 Minuten lang unterbrechen müssen, bis wir wirklich alle Einstellungen gründlich gesichtet wurden. Wenn dann aber eine VAR Überprüfung länger als 90 Sekunden dauert, jammert ihr auch, dass das alles viel zu lange dauert,

Und nur um das mal zu verdeutlichen: Ja, man kann da Elfmeter geben. Aber wenn einer deutschen Verteidigerin so ein Ball aus so kurzer Distanz an den Arm springt, seht ihr da alle nichts Verbotenes. Das ist wie beim 1:1 der Engländerinnen gegen Spanien, wenn ihr euch nochmal ein "neutrales" Beispiel angucken wollt.
Und klar, der Kicker sieht da sofort ein Handspiel. Aber der Kicker hat gerade bei Deutschlandspielen halt mit sachlichem Journalismus so viel gemeinsam, wie sonst nur die Bild. Das muss bei solchen Szenen immer bedacht werden. Ich garantiere euch, dass der Kicker da im deutschen Strafraum saubere Verteidigungsarbeit gesehen hätte. Wir reden hier schließlich über dieselben "Experten", die ein herausragendes Tackling sehen, wenn Mats Hummels einen klaren Elfmeter verursacht...
Ich sage auch ganz offen: Wenn die Einstellung, die kurz vor der Pause gezeigt wurde, gleich auftaucht, gehe ich da auch mit, dass die Entscheidung überstimmt werden muss. Die eigentliche Frage ist: Warum sehen wir die erst mit 10 Minuten Verzögerung? Und können wir der Person auf dem Platz einen Vorwurf machen, dass sie diese Einstellung nicht sehen konnte? Klar, können wir, die Entscheidung ging schließlich gegen Deutschland. Ach wie schön, es war dann doch ein richtiges Fußballturnier... Mehr kann man doch gar nicht verlangen.

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